LDK-Beschluss

Flüchtlingsschutz geht vor!

Armut, Kriege und Konflikte, die Folgen der Klimakrise, Menschenrechtsverletzungen und Vertreibungen zwingen immer mehr Menschen außerhalb ihrer Heimat Schutz zu suchen. Weltweit sind derzeit über 50 Millionen Menschen auf der Flucht und aufgrund ständiger Konflikte steigt die Zahl weiter an. Jedes Jahr wagen sich zehntausende Menschen auf die lebensgefährliche Fahrt über das Mittelmeer nach Europa, in der Hoffnung auf ein besseres und sichereres Leben. Allein im letzten Jahr waren es 219.000 Flüchtlinge, von denen 3.600 auf der Flucht über das Meer starben. Schätzungen zu Folge ertranken in den letzten 15 Jahren über 20.000 Flüchtlinge im Mittelmeer. Damit ist das Mittelmeer zum Massengrab geworden.

Es ist ein Skandal, dass die Blockadehaltung der Bundesregierung dazu beigetragen hat, dass das Seenotrettungsprogramm „Mare Nostrum“ nicht fortgeführt wurde. Dieses Programm hat unabhängigen Schätzungen zu Folge innerhalb eines Jahres mehr als 140.000 Menschen das Leben gerettet. Weil die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union sich weigerten monatlich gut 9 Mio € zur Verfügung zu stellen, die Italien vorher alleine aufgebracht hatte, wurde das Programm im Herbst 2014 eingestellt. Stattdessen wurde die völlig unzureichende Grenzschutzmission „Triton“ eingerichtet (ausgestattet mit noch nicht einmal 3 Mio € monatlich), deren Ziel es nicht war Flüchtlinge im Mittelmeer zu retten, sondern nur die Grenzen der Europäischen Union zu „schützen“. Deutschland und die anderen Mitgliedsstaaten der EU haben es lange Zeit versäumt Hilfe zu leisten und so den Tod weiterer Flüchtlinge in Kauf genommen.

Auf dem EU-Sondergipfel am 23. April 2015 konnte in wesentlichen Punkten keine Einigung erzielt werden. Die Reichweite und der Umfang der dort beschlossenen Maßnahmen sind unzureichend. Daher müssen schnellstmöglich weitere und konsequentere Schritte folgen.

Deshalb unterstützen die GRÜNEN NRW den auf dem Länderrat im April 2015 beschlossenen Antrag ”Seenotrettung jetzt!“. Wir fordern die Bundesregierung auf, sich auf europäischer Ebene für weitergehende Schritte hin zu einem angemessen ausgestalteten Seenotrettungsprogramm einzusetzen, das mindestens auf dem Niveau von „Mare Nostrum“ liegt, und sich an den Kosten zu beteiligen. Das Programm muss unbefristet und auskömmlich finanziert sein und die Seenothilfe dabei absoluten Vorrang vor Grenzsicherung oder Strafverfolgung haben. Die Aufstockung von Frontex lehnen wir ab. Sie ist keine Alternative zu einem Seenotrettungsprogramm. Statt der einseitig auf Flüchtlingsabwehr ausgerichteten EU-Politik und der darauf spezialisierten EU-Grenzschutzagentur Frontex wollen wir eine neue europäische Gesamtstrategie für eine liberale und menschenrechtsbasierte Grenzpolitik.

Die Europäische Union muss zudem Flüchtlingen legale Einreisemöglichkeiten mit humanitären Visa und Familienzusammenführungen bieten. Die Aufnahme im Rahmen des Resettlement-Programms muss erhöht werden und für Menschen, die aus Armut und Elend fliehen, braucht es zumindest eine Chance auf legale Aufnahme, etwa durch ein umfassendes Einwanderungsgesetz.

Darüber hinaus bekräftigen wir unseren Standpunkt hinsichtlich der Dublin III-Verordnung und fordern nach wie vor ihre Abschaffung. Wir wollen eine solidarische Asylpolitik etablieren, die gemeinsamen und solidarischen Standards bei der Aufnahme und Unterbringung folgt. Dabei bedarf es einer Aufteilung der Verantwortung unter allen EU-Mitgliedsstaaten zur Aufnahme der Flüchtlinge. Insbesondere die Bundesregierung ist gefragt, die Kommunen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben nicht allein zu lassen und sich an den Kosten für eine menschenwürdige Unterbringung mit entsprechender Ausstattung zu beteiligen. Aber auch wir in NRW wollen unseren Beitrag zur Unterstützung der Kommunen leisten. Wir begrüßen daher, dass Rot-Grün bereits im Haushalt 2015 beschlossen hat, die Gelder, die die Kommunen für die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge im Rahmen des FlüAG erhalten, strukturell um 40 Millionen Euro, also 25% aufzustocken. Dementsprechend werden auch in 2015 und 2016 Bundesmittel in Höhe von 54 Millionen Euro an die Kommunen weitergeleitet. Aus unserer Sicht ist dabei auch nicht hinnehmbar, dass staatliche Aufgaben von ehrenamtlichen Helfer*innen ersetzt werden. Das große ehrenamtliche Engagement der Bürger*innen verdient uneingeschränkt Anerkennung und Unterstützung. Ehrenamtliches Engagement vor Ort kann aber immer nur eine Ergänzung zu einem umfassenden Integrationsprogramm darstellen und damit einen Beitrag zur Verständigung mit der Bevölkerung leisten. Dass der Zugang zum Ausbildungs-/ und Arbeitsmarkt bereits verbessert und das absolute Arbeitsverbot nun von neun auf drei Monate verkürzt sowie die sog. Vorrangprüfung von vier Jahren auf 15 Monate verkürzt werden konnte ist ein Erfolg GRÜN-mitregierter Länder. Wir GRÜNEN bleiben aber bei unserer Forderung, Sondergesetze wie das Asylbewerberleistungsgesetz abzuschaffen und die Geflüchteten in die sozialen Regelsysteme aufzunehmen. Ein solcher Schritt würde die Kommunen um 50% bei den Kosten entlasten und macht die Integration von Anfang an möglich. Die notwendige direkte Gesundheitsversorgung über die gesetzliche Krankenkasse wird so gewährleistet.

GRÜNE Flüchtlingspolitik bekämpft konsequent die Fluchtursachen. Sie müssen vor Ort und gemeinsam auf Augenhöhe bekämpft werden. Dazu sind umfangreichere Hilfen in den Herkunftsländern von Nöten. Eine wirtschaftliche Zusammenarbeit allein reicht nicht aus, muss aber mindestens zu fairen Bedingungen für alle Seiten stattfinden. Wir stehen für eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU, die präventive Friedenspolitik in den Mittelpunkt stellt.

Die Bundesregierung und die EU tragen die politische Verantwortung für die Folgen ihres Handelns und ihrer Unterlassungen besonders auch im Klimaschutz. Der Klimawandel ist für Kleinbauern in Afrika schon heute spürbar. Subventionierte Dumpingexporte aus Europa und anderen Ländern machen ihnen dabei zusätzlich zu schaffen. Auch europäische Fischereiflotten sind an der Überfischung afrikanischer Küstengewässer beteiligt. Bei der Bekämpfung der Fluchtursachen gehören daher für uns GRÜNE auch weiterhin der Einsatz für den Umweltschutz, die Bekämpfung des Klimawandels sowie der Einsatz für fairen Handel dazu.

Gemeinsam mit den Staaten Afrikas muss die Europäische Union auch wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung von Schlepperbanden ergreifen, die Flüchtlinge auf zu kleinen und meistens nicht mehr seetüchtigen Schiffen unterbringen und so billigend die vielen Schiffsunglücke mit zahlreichen Toten in Kauf nehmen. Das Fehlen legaler und sicherer Wege sorgt zur Zeit jedoch dafür, dass viele Flüchtende zu illegalen Wegen getrieben werden.Wir verurteilen aufs Schärfste, dass die Bundesregierung ihre Mitschuld für das Sterben im Mittelmeer leugnet und stattdessen mit militärischen Abenteuern gegen Schlepper von den Ursachen ablenken will. Wir setzen uns stattdessen für eine Politik ein, die Flüchtlinge vor Schleppern schützt. Anstelle von mehr Überwachung und Abschottung wollen wir ein faires Asylsystem schaffen und legale Zuwanderung auf sicheren Wegen ermöglichen.

Die Europäische Union ist für uns verknüpft mit dem Gedanken an Freiheit und Vielfalt, Frieden und Demokratie sowie nicht zuletzt auch Wohlstand. Sie hat geholfen, jahrhundertealte Gegensätze und Konflikte zu überwinden und einen geschichtlich einmaligen Frieden zu schaffen. Menschen, die genau dies suchen, darf die EU nicht mit geschlossenen Grenzen begegnen. Wir GRÜNE stehen für ein Europa, das keine Festung ist und fordern die Bundesregierung auf, Abschottungspolitik und Missbrauchsrhetorik einzustellen und endlich globale Verantwortung zu übernehmen.

Neuste Artikel

Yazgülü Zeybek: „Herber Schlag für die Region und für die Beschäftigten“

Bauen Soundingboard Wohnen

Soundingboard zum Thema Bauen und Wohnen am 19. März 2024

Bundestgaswahl 2021, Wahlkampfhöhepunkt

Grüne NRW verzeichnen historischen Mitgliederzuwachs

Ähnliche Artikel