LDK-Beschluss

Für eine Qualitätsoffensive in der frühkindlichen Bildung – NRW braucht ein neues KITA-Gesetz

 

Für uns GRÜNE ist klar: Auf den Anfang kommt es an, deshalb denken wir unsere Politik von den Kindern aus. Jedes Kind hat das Recht, auf die bestmögliche Förderung, auf bestmögliche Bedingungen zur Entwicklung einer eigenständigen Persönlichkeit und auf den bestmöglichen Schutz durch Staat und Gesellschaft.
Gute Bildung von Beginn an, Betreuung und Erziehung von Kindern – das sind wichtige Schlüssel für mehr Chancengerechtigkeit und Teilhabemöglichkeiten aller in unserer Gesellschaft. Kindertageseinrichtungen legen einen wichtigen Grundstein für gelingende Bildungsbiographien von Kindern. Sie leisten einen entscheidenden Beitrag für die Entwicklung ihrer Persönlichkeit.
Bildungserfolg und Teilhabechancen hängen in Deutschland im OECD-Vergleich leider immer noch stark vom Elternhaus ab. Gute Bildung von Anfang trägt zu mehr Bildungsgerechtigkeit bei, Kindertageseinrichtungen und Familienzentren leisten aber auch einen wichtigen Beitrag zur Armutsprävention. Qualitativ gute Einrichtungen für unsere Kleinsten sowie niedrigschwellige und kompetente Beratung und Begleitung Familien sind eine wesentliche Grundlage für gelingende Kinder- und Familienpolitik.
Kindertageseinrichtungen und die Kindertagespflege sind auch für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wichtig. Sie ermöglichen Paaren eine paritätische Aufteilung von Familie und Erwerbstätigkeit. Doch die veränderten Betreuungsbedarfe und –ansprüche von Eltern sind auch eine große Herausforderung. Der Rechtsanspruch für Kinder ab einem Jahr auf einen Betreuungsplatz konnte in NRW durch eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund, Land und Kommunen umgesetzt werden. Seit 2010 konnte die Anzahl an U-3-Plätzen von rd. 88.600 auf rd. 191.300 im Jahre 2018 mehr als verdoppelt werden. Doch damit ist der Bedarf an Kita-Plätzen noch nicht gedeckt. Die schwarz-gelbe Landesregierung muss ihren vollmundigen Ankündigungen nun auch Taten folgen lassen und den Kitaausbau entschlossen und bedarfsgerecht weiter vorantreiben. Auch der Bund ist aufgefordert, sich an der Finanzierung der zusätzlich notwendigen Plätze zu beteiligen und die Kommunen bei der Umsetzung des Rechtsanspruchs nicht im Regen stehen zu lassen. Eine nachhaltige Finanzierung frühkindlicher Bildung muss die Aspekte Ausbau und Qualitätsentwicklung zusammen denken.
Das Kinderbildungsgesetz (KiBiz) kann in seiner derzeitigen Ausgestaltungen diesen Herausforderungen nicht gerecht werden. Seit Langem ist bekannt, dass die Finanzierung des KiBiz mit seinen Kindpauschalen und seiner von Beginn an zu niedrig berechneten Dynamisierung einer Grunderneuerung bedarf.
In der letzten Legislaturperiode ist unter GRÜNER Beteiligung das Kinderbildungsgesetz in zwei Phasen reformiert worden. Dabei haben wir die Ausgaben für die frühkindliche Bildung um über 1 Mrd. Euro erhöht.
Die Maßnahmen, die im Rahmen der Revision umgesetzt wurden, waren sinnvolle und wichtige Schritte für eine verbesserte Finanzierung der KITAs. Doch die grundsätzlichen Fehler der Finanzierungssystematik, wie sie die schwarz-gelbe Landesregierung mit ihrem damaligen Familienminister Armin Laschet hinterlassen hatte, waren dadurch nur notdürftig zu flicken. Zwar konnte durch die U3-Pauschale im U3-Bereich der Personalschlüssel deutlich verbessert werden. Die Abschaffung von Delfin 4 und die Einführung einer alltagsintegrierten Sprachförderung wurden von allen Expert*innen befürwortet. Nach dem Prinzip „Ungleiches ungleich behandeln“ hat die rot-GRÜNE Landesregierung die Plus-KITA-Einrichtungen eingeführt. In den Einrichtungen werden Kinder mit besonderem Förderbedarf durch mehr Personalstunden unterstützt. Doch nach den zwei Reformprozessen und der deutlichen Mittelerhöhungen war klar, dass das KIBIZ am Ende seiner Reformierbarkeit angelangt ist. Die in rot-GRÜNER Regierungszeit erreichten Verbesserungen im Bereich Sprache und sozialer Gerechtigkeit müssen konsequent weiterentwickelt werden. Trotzdem steht für uns fest: NRW braucht ein neues KITA-Gesetz.

Nordrhein-Westfalen braucht ein neues Gesetz für die frühkindliche Bildung

Für uns stehen zwei Forderungen an ein neues KITA-Gesetz im Mittelpunkt: Das neue Gesetz muss vom Kind aus gedacht werden, denn es geht um die bestmögliche Entwicklung der Kinder in NRW. Wir wollen allen Kindern ein gutes Aufwachsen ermöglichen. Wir wollen Beteiligungsrechte von Kindern stärken und sie in ihrer Entwicklung bedarfsgerecht unterstützen. Kinder sind verschieden.
Kinder mit und ohne Behinderung, Kinder aus den unterschiedlichsten Herkunftsfamilien können in KITAs Selbstbewusstsein, soziales Miteinander und Respekt vor Klein und Groß entwickeln.
Frühkindliche Bildung, die vom Kind aus denkt, ist inklusiv und an der Vielfalt der Kinder und ihren Bedürfnisse orientiert. Kinder sollen in den KITAs durch individuelle Förderung, gute Ernährung und Bewegung in ihrer Entwicklung unterstützt und gestärkt werden.
Unsere zweite zentrale Forderung sind verbesserte Arbeitsbedingungen für die Erzieher*innen und alle in KITAs tätigen Fachkräfte. Beste Bildungsqualität für die Kinder kann nur dort umgesetzt werden, wo auch beste Bedingungen für das Personal herrschen. Das neue KITA-Gesetz muss daher, neben einer grundsätzlich neuen Finanzierungssystematik, vor allem einen verbesserten Personalschlüssel gesetzlich verankern. Direkte und indirekte pädagogische Zeiten sowie Fort- und Weiterbildungen müssen dabei genauso auf den Personalschlüssel angerechnet werden, wie die Freistellung von Leitungskräften. Die Qualität unserer KITAs hängt entscheidend davon ab, dass das pädagogische Personal ausreichend Zeit für die Arbeit mit den Kindern hat und die wichtigen Aufgaben in Dokumentation, Organisation und Arbeit mit den Eltern durch eine ausreichende finanzielle Grundausstattung abgebildet werden. Wir streben eine Fachkraft-Kind-Relation von 1:3 im U3-Bereich und 1:7,5 im Ü3-Bereich an. Wir sind uns bewusst, dass die Realisierung nur in Verbindung mit einer Fachkräfteoffensive gelingen kann.
Wir wollen und müssen mehr Menschen für eine Tätigkeit in der KITA gewinnen. Neben einer angemessenen Bezahlung für pädagogische Fachkräfte, wollen wir auch unterschiedliche Zugänge stärken. Wir wollen die praxisintegrierte Ausbildung für Erzieher*innen ausbauen, Wieder- und Quereinsteiger*innen verstärkt gewinnen sowie vermehrt Kindheitspädagog*innen in den KITAs einsetzen. Wir wollen, dass multiprofessionelle Teams in den Einrichtungen zusammenarbeiten, um der gesellschaftlichen Diversität und der entsprechenden Förderungsbedarfe der einzelnen Kinder gerecht zu werden.
Wir brauchen ein neues KITA-Gesetz, das die Finanzierung vom Kopf auf die Füße stellt. Die derzeitige Finanzierung über komplizierte Pauschalen und unflexiblen Buchungszeiten bieten weder den Trägern, noch den Erzieher*innen und Eltern Planungssicherheit. Wir GRÜNE setzen uns gemeinsam mit den großen Trägern aus Freier Wohlfahrtspflege, konfessionellen Trägern, aber auch den kleinen Elterninitiativen, für eine Sockelfinanzierung ein, die Planungssicherheit schafft und die Trägervielfalt erhält.
Eine solche Sockelfinanzierung muss dazu beitragen, dass Erzieher*innen angemessen bezahlt werden und befristete Arbeitsverträge wieder die absolute Ausnahme werden. Neben einem festzuschreibenden Personalschlüssel, muss die Sockelfinanzierung auch Sachkosten und Instandhaltung abdecken.
Grundsätzlich sollte Bildung kostenlos sein. Doch derzeit ist die Beitragssituation in den Kommunen sehr unterschiedlich, insbesondere ärmere Kommunen sind oftmals gezwungen höhere Elternbeiträge zu verlangen. Als einen kurzfristigen Schritt sprechen wir GRÜNE uns für die Rückkehr zur landeseinheitlichen Elternbeitragstabelle aus. Perspektivisch halten wir an dem Ziel einer beitragsfreien Bildung von Anfang an fest.

Gute Standards für die Kindertagespflege gesetzlich festschreiben

Neben den KITAs ist die Kindertagespflege eine unerlässliche Säule in unserer Betreuungslandschaft. Wir setzen uns auch hier für eine faire Entlohnung und Mindeststandards ein. Wir wollen die Qualifizierung sowie die Fort- und Weiterbildung stärken. Hierzu gehört eine zertifizierte Qualifizierung der Tagespflegepersonen – mindestens auf dem Niveau des 160 Ausbildungsstunden umfassenden Lehrplans des Deutschen Jugendinstituts. Insbesondere der Sprachförderung kommt auch in der Kindertagespflege große Bedeutung zu. Wir setzen uns für mehr gesellschaftliche Anerkennung von Tagesmüttern und Tagesvätern sowie einheitliche Qualitätsstandards ein. Daher muss die schwarz-gelbe Landesregierung im Rahmen der Neuaufstellung der Finanzierung der frühkindlichen Bildung mit den kommunalen Spitzenverbänden und dem Landesverband Kindertagespflege NRW einen einheitlichen Stundensatz pro Kind vereinbaren, der sowohl für die Qualität, als auch für die Entlohnung angemessen ist. Darüber hinaus muss auch die Kindertagespflege verstärkt in die Qualitätsentwicklung in der frühkindlichen Bildung eingebunden werden.

Beschlossen auf der LDK vom 15./16.06.18

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