Am 14. April 2014 wurde der 5. Sachstandsbericht des Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC vorgelegt. Der Bericht macht schonungslos deutlich, dass der Klimawandel mit all seinen Konsequenzen voranschreitet.
Der Anstieg des Meeresspiegels, Hochwasser, Trockenheit, und Extremwetterereignisse werden zunehmen. Dies wird Auswirkungen auf alle Lebensbereiche haben: Von der Tier- und Pflanzenwelt über unsere Gesundheit und Nahrungsmittelversorgung bis hin zur Wirtschaft. Eine ambitionierte Klimaschutz- und Klimaanpassungspolitik auf allen Ebenen ist deshalb dringend notwendig, um die Klimaerwärmung unter dem 2°C Schwellenwert zu halten und sich gleichzeitig an die nicht mehr vermeidbaren Klimaauswirkungen anzupassen.
Durch die verstärkte Stromerzeugung aus Stein- und Braunkohlekraftwerken in den letzten beiden Jahren sind die Treibhausgasemissionen in Deutschland angestiegen. In NRW wird nach wie vor ein Drittel des in Deutschland entstehenden CO2´s emittiert. Für ein Drittel dieser CO2 Emissionen, die in NRW entstehen, ist die Braunkohle verantwortlich. Der Anstieg der Treibhausgasemissionen wird sich mit der aktuellen Politik zum Emissionshandel nicht begrenzen lassen. Denn derzeit besteht ein ökonomischer Anreiz, weiter die extrem klimaschädliche Braunkohle zu verstromen, da es ein massives Überangebot an CO2 Verschmutzungsrechten gibt. Dies hat zu einem Preisverfall auf rund 5 Euro pro Tonne CO2 geführt. Anreize für Investitionen in zwingend notwendige Klimaschutzinvestitionen sowie Einnahmen aus dem Emissionshandel bleiben hingegen aus. Überschüssige Zertifikate müssen daher dauerhaft vom Markt genommen werden. Zudem benötigen wir einen klaren Emissionsminderungsfahrplan in Europa mit fest definierten Zwischenzielen bis zum Jahr 2050, in dem eine Minderung des CO2-Ausstoßes von 80% – 95% (bezogen auf 1990) erreicht sein muss. Wir wollen dabei bis zum Jahr 2030 in der EU eine Reduktion von mindestens 55% (bezogen auf 1990) der Treibhausgasemissionen erreichen.
Diese Senkung der Treibhausgasemissionen kann nur erreicht werden, wenn sowohl bei Erneuerbaren Energien wie auch bei Energieeffizienz ehrgeizige Ziele formuliert werden. Außerdem braucht es eine Zielvorgabe von mindestens 45% Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttoendenergieverbrauch bis 2030, um die in der europäischen „Road Map 2050“ genannten Ziele (Anteil erneuerbarer Energien am Bruttoendenergieverbrauch von 75 % und am Stromverbrauch von 97 %) überhaupt erreichen zu können. Neben europäischen müssen zudem auch länderspezifische verbindliche Ziele für den Ausbau der erneuerbaren Energien in den Mitgliedstaaten der EU nach 2020 festgelegt werden.
Forderungen zur Novellierung des Erneuerbare Energien Gesetz (EEG)
Mit dem jetzt von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf lassen sich diese Ziele nicht erreichen. Hier muss im weiteren Verfahren dringend nachgebessert werden, wenn man die Ergebnisse des IPCC-Berichtes ernst nehmen will. An dieser Bereitschaft der großen Koalition muss angesichts des Gesetzentwurfs gezweifelt werden. Aus unserer Sicht ergibt sich insbesondere bei folgenden Punkten Änderungsbedarf:
Investitionssicherheit und Bestandschutz für die Erneuerbaren
Die Neuregelungen müssen Investitionssicherheit für neue und Bestandsschutz für bestehende Anlagen sicherstellen. Dafür sind Übergangsfristen, die sich an realistischen Planungs- und Genehmigungszeiten von Erneuerbaren Energien-Anlagen orientieren, unbedingt notwendig. Die Planung bis zur Inbetriebnahme von Windenergie- und Bioenergieanlagen dauert oft Jahre. Der bisher geplante Stichtag (22.1.2014) ignoriert diese Tatsache. Um bereits in der Planung und Umsetzung befindliche Projekte nicht zu gefährden, brauchen wir angemessene Übergangszeiten. Für alle Anlagen, die bis zum 31.12.2014 ans Netz gehen, müssen daher die alten Regeln weiter gelten.
Ausschreibungsmodell darf die dezentrale Energieproduktion nicht gefährden
Der Koalitionsvertrag des Bundes sieht vor, dass ab 2018 die Förderhöhe der EEG-Anlagen über Ausschreibungen ermittelt wird, falls zuvor in einem Pilotprojekt nachgewiesen wurde, dass die Ziele der Energiewende so günstiger erreicht werden können. Eine vollständige Ausschreibungspflicht ab 2017 ohne vorherige Erprobungsphase birgt ein hohes Risiko, dass die gewünschten Ziele nicht erreicht werden. Daher lehnen wir einen solchen Blindflug ab! Für einen Systemwechsel hin zu einem Ausschreibungsmodell für alle EE-Anlagen müssen zunächst Erfahrungen mit Pilotprojekten durchgeführt und anschließend ausgewertet werden. Hierbei muss insbesondere nachgewiesen werden, dass Bürger*innen- und Genossenschaftliche Projekte, die für eine dezentrale Energieversorgung unverzichtbar sind, nicht ausgeschlossen werden. Erst danach kann eine Implementierung des Ausschreibungsmodells erfolgen.
Wind an Land nicht ausbremsen
Die Ausbauziele NRWs für die Windenergie an Land dürfen nicht gefährdet werden, denn Wind an Land ist die günstigste Erneuerbare Energie. Während die Windenergie fast die Hälfte des in Deutschland produzierten Erneuerbaren Stroms ausmacht, liegt der Anteil der Windenergie an der EEG-Umlage bei unter 20 %. Wer hier massiv kürzt, will keine Kosten senken, sondern die Energiewende bremsen. Dass im jetzt vorliegenden Entwurf die Deckel-Regelung so geändert ist, dass nur tatsächlicher Zubau als Ausbau gewertet wird, ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Damit der Ausbau weiterhin wirtschaftlich bleibt, müssen aber auch die Fördersätze angepasst werden. Wir fordern eine Binnenlandkomponente und eine Anpassung an die tatsächlichen Gegebenheiten (Messhöhe, Rauhigkeit) bei der Berechnung des Referenzertragsmodells. Nur mit diesen Änderungen am vorliegenden Gesetzentwurf können wir in NRW unser Ausbauziel von 15 % Windenergie-Anteil an der Stromerzeugung bis 2020 erreichen.
Fotovoltaik-Ausbau weiter fördern
Auch der Ausbau der Fotovoltaik darf nicht gefährdet werden, denn ohne diesen Ausbau können wir die Ziele der Energiewende nicht erreichen. Der bisher geplante willkürlich festgelegte Deckel bei der Förderung von PV-Anlagen lässt dies jedoch befürchten. Wir benötigen keine Investitionsbremse für die Fotovoltaik und lehnen einen Deckel daher ab. In den vergangenen Jahren sind die Kosten der Fotovoltaik stark gefallen. Auch dieser in der Branche stattfindende Konsolidierungsprozess darf nicht gefährdet werden. Daher muss an dem im EEG vorgesehenen Degressions-Mechanismus weiter festgehalten werden. Das Degressionstempo soll sich dabei zukünftig an der zu erwartenden Lernkurve orientieren.
Nur Eigenstrom aus Erneuerbaren und KWK weiter privilegieren
Strom, der am selben Ort produziert und verbraucht wird, entlastet die Stromnetze und trägt – wenn er erneuerbar oder hocheffizient ist – zur dezentralen Energiewende bei. Die Anreize durch die EEG-Umlage-Befreiung bei dem für den Eigenverbrauch produzierten Stroms haben in den letzten Jahren viele Handwerksbetriebe und kleine und mittelständische Unternehmen genutzt und damit einen wichtigen Beitrag zur Energiewende geleistet. Auch hier muss Bestandschutz gelten. Wir wollen, dass sich Handwerksbetriebe und KMUs auch künftig an der dezentralen Energiewende beteiligen können. Dafür muss der Eigenstrom aus Erneuerbaren Energien und aus der Kraft Wärme Koppelung weiterhin voll befreit bleiben. Gewerbliche und private konventionelle Eigenstromerzeugung dagegen, soll künftig in das Umlagesystem mit einbezogen werden.
Industrieausnahmen begrenzen
NRW als Industrieland ist ein guter Standort für energieintensive Industrien mit den darauf aufbauenden Wertschöpfungsketten und soll dies auch bleiben. Denn diese Wertschöpfungsketten sind eine entscheidende Voraussetzung für Innovationen, die wiederum wesentlich zum Gelingen der Energiewende und Klimaschutz beitragen. Daher muss die „Besondere Ausgleichsregelung“ für die stromintensive Industrie im Grundsatz erhalten bleiben. Sie muss aber auf die Bereiche begrenzt werden, in denen sie für faire Wettbewerbsbedingungen erforderlich sind und darf keinesfalls ausgeweitet werden. Zudem müssen Unternehmen, die davon profitieren, nachweisen, dass sie energieeffizient und ressourcenschonend produzieren. Hierfür eignen sich beispielsweise ein Benchmarksystem, womit nur der Strom privilegiert wird, der bei effizienter Produktion benötigt wird, die Einführung von Umweltmanagementsystemen (EMAS) oder eine verpflichtende CO2-Bilanzierung.
Wir erwarten von der nordrhein-westfälischen Landesregierung und von den nordrhein-westfälischen Bundestagsabgeordneten, dass sie sich im weiteren Gesetzgebungsverfahren für Nachbesserungen im Interesse unseres Bundeslandes einsetzen. Nur mit den genannten Änderungen können wir für NRW Investitionen und Wertschöpfung in den Kommunen sichern sowie zukunftsfähige Arbeitsplätze schaffen. Die Landesregierung soll ihr Handeln im Bundesrat an diesen Zielen ausrichten.
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