LPR-Beschluss

Bildung braucht Zeit – Auf gutem Weg zum Abitur!

Die GRÜNEN in NRW stehen für einen ganzheitlichen Bildungsbegriff, der Bildung als Wert an sich betrachtet und der nicht auf verwertbares Wissen verengt. Bildung ist mehr als Schule und Schule ist mehr als Deutsch und Mathe, mehr als der Fertigkeitserwerb für einen Beruf oder ein Studium.

Soziales und emotionales Lernen gehört zur Entwicklung der Persönlichkeit ebenso wie kritisches und kreatives Denken und Handeln. Zu Bildung gehört das Entdecken und Forschen, das Erleben von Natur und Bewegung, Informationstechnik, Kunst, Musik und Theater, der Respekt vor Mitmenschen und vor Tieren. Kinder sollen nicht nur Lesen, Schreiben, Rechnen lernen, sondern auch singen, musizieren, malen, sich bewegen, handwerkliche, technische und soziale Kompetenzen entwickeln und vieles mehr – in Schulen wie in außerschulischen Bildungseinrichtungen. Kinder und Jugendliche sollen lernen, das eigene Leben in die Hand zu nehmen. Eine gute Schule zeichnet sich durch eine Kultur des Respekts untereinander und durch Anerkennung und Wertschätzung der Verschiedenheit aus. Interkulturelles Lernen gehört ebenso dazu wie das Lernen und Leben von Demokratie. Auch Lebensgestaltungs- und Nachhaltigkeitskompetenzen, z. B. Ernährung, Gesundheits- und Verbraucher- und Medienbildung, sind Teil eines umfassenden Bildungsauftrags.

Eine solche schulische Bildung braucht Zeit. Deshalb muss die Balance zwischen Freizeit und Schule ebenso wie die Zusammenarbeit zwischen Schulen und außerschulischen Bildungsträgern auf Augenhöhe neu austariert werden. Denn jedes Kind und jeder Jugendliche hat das Recht auf Bildung, Freizeit und Engagement auch außerhalb von Schule – und Schulen müssen in der Gestaltung der schulischen Lernzeit darauf Rücksicht nehmen.

Die schwarz-gelbe Schulzeitverkürzung war ein Fehler

Schwarz-Gelb hat 2006 in einem Hauruck-Verfahren die Schulzeit verkürzt und ihr 5+3-Modell durchgedrückt. Dabei wurde nicht – wie viele Verbände und GRÜNE es wollten – ein Jahr in der Oberstufe als optionales Vertiefungsjahr umgesetzt, sondern in der Sekundarstufe I ein Jahr gekürzt. Im Juni 2006 wurde diese Schulzeitverkürzung vom Parlament beschlossen, im August 2006 galt sie schon für die neuen fünften Klassen der Gymnasien. Die Schulen hatten weder Lehrpläne noch Schulbücher geschweige denn Zeit, um diese Veränderung vorzubereiten. Auch die Kommunen konnten die baulichen Voraussetzungen, wie Mensen, nicht schaffen. Entsprechend schwierig und problematisch verlief die Umsetzung.

Wir GRÜNE haben diese Form der Schulzeitverkürzung nie gewollt und die schwarz-gelbe Landesregierung heftig für ihr Modell und ihre entsprechend konzeptionslose und schlechte Umsetzung kritisiert. Die Schüler*innen gerieten unter einen starken Druck, die zeitliche Zusatzbelastung wurde kaum durch Entlastungen an anderer Stelle aufgefangen.

Deshalb haben wir in unserem Zukunftsplan 2010 beschlossen, den Gymnasien die Möglichkeit zu geben, in Absprache mit den Eltern und der Kommune zu entscheiden, ob sie die Schüler*innen erst nach 13 Jahren zum Abitur führen, auch wenn der Regelfall das Abitur nach 12 Jahren sein kann. Nach mittlerweile veränderten bundesweiten Anforderungen für das Abitur durch die Kultusministerkonferenz war aber klar, dass dies kein Zurück zum alten G9 in der Ausgestaltung als “klassische Halbtagsschule” bedeuten konnte.

GRÜNE Regierungspolitik: Wahlmöglichkeit und Optimierung

Nach dem Regierungswechsel 2010 hat die Landesregierung in den Schulkonferenzen die Drittelparität wieder eingeführt. Zudem wurde den Schulen die Wahlmöglichkeit zwischen G8 und G9 einmalig wieder eröffnet. Nur 14 Gymnasien haben sich zunächst für diese erneute Veränderung entschieden, 13 sind schließlich in einen Schulversuch gegangen und bieten ein Abitur nach 9 Jahren entweder als einzige Möglichkeit oder parallel zu G8 an. Der Schulversuch wird wissenschaftlich begleitet und evaluiert, um die Ergebnisse auch für das ganze Land nutzen zu können.

Parallel hat unsere GRÜNE Schulministerin Sylvia Löhrmann bereits im Oktober 2010, direkt nach Bildung der Minderheitsregierung, zu einem ersten Runden Tisch zur Schulzeitverkürzung eingeladen. Dort haben sich überwiegend Vertreter*innen von Verbänden mit direktem Bezug zum Gymnasium, aber auch die Bürgerinitiative gegen G8 (G-IB-8) auf sieben Handlungsfelder zur Optimierung von G8 verständigt. In der Folge waren die Gymnasien gefordert, diese Ideen umzusetzen.

Im Juni 2013 hat der so genannte doppelte Abiturjahrgang seine Abiturprüfungen abgeschlossen. Damit hat der erste G8-Jahrgang seine schulische Laufbahn abgeschlossen. Die Diskussion um die  Sinnhaftigkeit der Schulzeitverkürzung war aber nicht beendet. Insbesondere mit der Entscheidung Niedersachsens, die Schulzeit an Gymnasien wieder auf neun Jahre zu erhöhen, wurde auch in NRW die Diskussion wieder entfacht. Das zeigt, dass die seinerzeit vereinbarten Verbesserungen noch nicht vollständig in allen Gymnasien umgesetzt sind.

Vielfältige Wege zum Abitur in NRW

In Nordrhein-Westfalen kann das Abitur nach 12 oder 13 Jahren und auf dem zweiten Bildungsweg erreicht werden. Der 2011 erreichte Schulkonsens hat die Wahlmöglichkeiten für Schüler*innen zwischen acht- und neunjährigem gymnasialem Bildungsgang stark erhöht. So führen 614 Gymnasien nach 12 Jahren zum Abitur. Den Weg zum Abitur nach 13 Jahren bieten 306 Gesamtschulen, 109 Sekundarschulen und fünf Primusschulen mit ihren verbindlichen Oberstufenkooperationen, zehn Gemeinschaftsschulen, 208 Berufskollegs und 13 Gymnasien an.

Runder Tisch erarbeitet Empfehlungen nach intensivem Arbeitsprozess

Angesichts der erneuten Diskussionen um die Schulzeit hat Schulministerin Sylvia Löhrmann im Mai 2014 erneut zu einem Runden Tisch eingeladen, an dem neben Verbänden mit Bezug zur gymnasialen Bildung auch Vertreter*innen von Kultur-, Musik- und Sportverbänden, der Landesjugendring, die Kommunen und Kirchen als Schulträger, sowie Vertreter*innen von Gesamtschulverbänden sowie Grundschuleltern und Landeselternkonferenz teilnahmen. Ebenso bekamen die bestehenden Bürgerinitiativen breiten Raum für ihre Positionierung. Die Arbeit in den verschiedenen Arbeitsgruppen war sehr intensiv, die Debatten wurden bis zum Schluss ergebnisoffen geführt.

Nach einem intensiven Arbeits- und Abwägungsprozess hat sich im Ergebnis eine breite Mehrheit für weitere Optimierungen der Schulzeitverkürzung ausgesprochen und dafür konkrete Empfehlungen für die Politik erarbeitet. Eine generelle Rückkehr zu G9 befürworten die Bürgerinitiativen. Die Landesschüler*innenvertretung ist ebenfalls langfristig für einen Bildungsgang mit neun Jahren – allerdings in einer inklusiven Ganztagsgesamtschule – und kurzfristig für eine Verbesserung des G8-Bildungsganges.

Die Empfehlungen des Runden Tisches sind insbesondere unter fünf verschiedenen Gesichtspunkten relevant: Zeitliche Be-/Entlastung, Abgrenzung Schulzeit/Freizeit, schulinterne Umsetzung der bereits geänderten kompetenzorientierten Lehrpläne, Qualität des Unterrichts, Frage des Leistungsdrucks. All diese Fragen hängen zusammen.

GRÜNE: Strukturell und spürbar Entlastungen schaffen

Wir GRÜNE haben die Ergebnisse intensiv in der Partei diskutiert. Viele der Empfehlungen bestätigen die Forderungen, die wir immer vorgebracht haben. Es kommt jetzt darauf an, verbindlich strukturelle und spürbare Entlastungen für alle Schülerinnen und Schüler zu schaffen.

Es ist richtig, die vorgesehenen Ergänzungsstunden individueller auszugestalten und als solche kenntlich zu machen. Wenn fünf der zwölf bzw. zehn Ergänzungsstunden nicht für alle Schüler*innen verpflichtend sind, kann das zu einer spürbaren zeitlichen Entlastung für viele Schüler*innen führen. Außerdem wird dadurch das individuelle Fördern verstärkt zum konkreten Auftrag für die Schulen und kann auch weniger Stress für das Familienleben bedeuten, wenn Vertiefung und Üben in der Schule geschehen.

Für uns GRÜNE ist klar: Hausaufgaben sind zuallererst Schulaufgaben. Sie müssen begrenzt werden und pädagogisch begründet sein. Insofern unterstützen wir die Empfehlung des Runden Tisches, keine Hausaufgaben an Tagen mit verpflichtendem Nachmittagsunterricht zu erlauben, sowie im Ganztag möglichst alle Aufgaben in „Lernzeiten“ zu integrieren. So bleibt für die Schüler*innen mehr Zeit nach der Schule, die sie individuell ausfüllen können, mit mehr Zeit für Entspannung, Kultur und Sport.  Zudem können gute Aufgaben- und Lernzeitkonzepte die Unterrichtsqualität spürbar steigern.

Durch die Wiedereinführung der Drittelparität in den Schulkonferenzen wurde die Schüler*innen- und Elternvertretung gestärkt. Bei der Umsetzung der Empfehlungen müssen SV und Schulpflegschaft nun von Anfang an eng eingebunden werden. Vor allem für die SV-Arbeit soll ausreichend Schulzeit eingeräumt werden, sie soll als Anlaufstelle für die Schüler*innen gestärkt werden und sich so stärker der Schulentwicklung widmen können. Dazu gehören auch Beratung, Beschluss und Evaluation des Schulaufgabenkonzeptes. Mit einem gemeinsamen Pädagogischen Tag für alle Schulen gemeinsam mit Schüler*innen und Eltern soll der Prozess der Schulentwicklung unterstützt werden, damit z. B. die Schulaufgaben- und Lernzeitenkonzepte, Ganztagsstruktur, Regelung der Klassenarbeiten und Anerkennungskultur zügig in Angriff genommen werden können.

Hinsichtlich der Vermeidung unproduktiven Leistungsdrucks ist es auch sinnvoll, die maximale Zahl der Klassenarbeiten zu verringern und alternative Formen der Leistungsbewertung zu nutzen.

Für GRÜNE ist die Beratung der Schüler*innen ein wichtiges Anliegen. Gerade kontinuierliche Übergänge tragen zu einer gelingenden Schullaufbahn bei. Hierzu sollte das Ende der Erprobungsstufe gerade in G8-Bildungsgängen stärker in den Fokus rücken. Eine stärkere individuelle Förderung statt selektiver Auslese steigert die Qualität von Schule.

Zu einer Entlastung gehört auch, dass verpflichtender Unterricht an Gymnasien ohne gebundenen Ganztag in den Klassenstufen 5 bis 7 an höchstens einem Nachmittag pro Woche stattfindet und in den Klassen 8 und 9 an einem, höchstens aber an zwei Nachmittagen. Außerdem sollten an diesen Schulen höchstens acht Schulstunden an Tagen mit Nachmittagsunterricht stattfinden. Dies bringt eine klare zeitliche Entlastung für die Schülerinnen und Schüler. GRÜNE stehen für offenes und vernetztes Lernen und dieses benötigt mehr Zeit als 45-Minuten-Stunden. Weniger Fächer pro Tag bedeutet auch weniger Hausaufgaben aus dem Tag heraus. Die Schulen sollen zu einem Stundenraster ermutigt werden, das bestmöglich auf ihr Schulkonzept angepasst ist. Zudem sollen die Schulen testen dürfen, ob ein späterer Unterrichtsbeginn sinnvolle Auswirkungen auf Lernerfolg und Gesundheit der Schüler*innen hat

Außerdem unterstützen wir GRÜNE die Empfehlung, mehr offene Formen des Ganztags zu ermöglichen. Wir wollen auch Schulen zum Ganztag ermutigen, die diesen Schritt bisher nicht gehen wollten und sich häufig in einem versteckten Ganztag befinden.

Auch an Ganztagsschulen sollte es, wie vom Runden Tisch empfohlen, ein bis zwei Nachmittage ohne Pflichtunterricht geben. Außerdem soll es auch in organisatorischen Fragen, etwa über die Festlegung freier Nachmittage, eine enge Kooperation von Schulen mit gemeinnützigen außerschulischen Partnern geben. Eine stärkere Einbeziehung außerschulischer Partner ermöglicht eine Qualitätssteigerung für die Schulen. Wir GRÜNE empfehlen daher, diese Kooperationen in den Schulprogramme  zu verankern.

Anders als die Vertreter*innen der Bürgerinitiativen es zum Teil vertreten haben, betrachten GRÜNE einen gut gestalteten Ganztag aber nicht als familienfeindlich oder gar als Belastungsfaktor – ganz im Gegenteil: Ganztagsschulen fördern gutes und soziales Lernen und sind auch ein Beitrag zu mehr Bildungsgerechtigkeit. Sie heißen Eltern in der Mitwirkung willkommen und binden sie wie die Schüler*innen in die Schulentwicklung und -gestaltung ein.

Für unseren ganzheitlichen GRÜNEN Bildungsbegriff ist eine neue Anerkennungskultur an den Schulen von zentraler Bedeutung, damit Schule noch mehr vom Lern- zum Lebensort werden kann. Mit einer neuen Form der Anerkennung außerschulischer Leistung könnten sich Schulen stärker gegenüber dem außerschulischen Leben der Schülerinnen und Schüler öffnen. Eine steigende Wertschätzung auch nichtschulischer Leistungen in Schule hat zudem positive Auswirkungen auf das Schulklima und damit auf die Qualität der Schule und des Unterrichts. Das Engagement in außerschulischen und schulischen Musik- oder Theaterensembles soll die gleiche Anerkennung erfahren.  Aus Sicht der Schülerinnen und Schüler kann dies sehr wichtig sein, um sich in der Schule anerkannt und damit wohl zu fühlen.

Auch die systematische Überprüfung der schulinternen Lehrpläne für die Sekundarstufe I und die Nutzung von Synergieeffekten durch fächerübegreifendes Lernen tragen zu Entlastung bei. Wir begrüßen es, wenn das Ministerium für Schule und Weiterbildung sowie die von der rot-GRÜNEN Landesregierung wieder neu gegründete „Qualitäts- und Unterstützungsagentur – Landesinstitut für Schule“ entsprechende Beispielcurricula zur Verfügung stellt und deren Einsatz in den Schulen unterstützt. Dies führt mittelfristig auch zu einer deutlichen Entlastung der Lehrer*innen, die durch die überhastete Einführung des schwarz-gelben G8 allein gelassen wurden. Wir erkennen die bereits bisher geleistete Entwicklungsarbeit in den Gymnasien ausdrücklich an. Schulentwicklung ist das Kerngeschäft von Schule. Dazu gehört für uns GRÜNE auch eine kontinuierliche Unterstützung und Fortbildung der Lehrer*innen. Dazu gehört für uns GRÜNE auch eine kontinuierliche Unterstützung und Fortbildung der Lehrer*innen ebenso wie eine gute Ausbildung der angehenden Lehrer*innen im Referendariat. Besonders von hier können unkomplizierte Ansätze und Methoden angeeignet und in die Unterrichtspraxis übernommen werden.

Gerade Kooperation in den Kollegien und Synergieeffekte im Unterricht sorgen nicht nur für eine Entlastung der Schüler*innen und Lehrer*innen, sondern auch für nachhaltiges, lebensnahes Lernen. Synergieeffekte zu nutzen, nutzt auch dem Lernerfolg. Denn was sich im Gehirn vernetzt, wird eher behalten, als wenn alles nebeneinander her gelernt wird.

Chancen für jedes Kind – Keine Abschottung der Gymnasien

Viele Schulen haben sich nach der Schulzeitverkürzung auf den Weg einer qualitativen Unterrichtsentwicklung gemacht. Gute Beispiele im ganzen Land zeigen auf, wie die Schulzeitverkürzung im Sinne der Schüler*innen gestaltet werden kann. Doch die Kritik zeigt auch: Es gibt weiterhin Optimierungsbedarf. Es gibt Schulen, die noch vor dieser Unterrichts- und Schulentwicklung stehen, die Entwicklung kann und muss vielerorts noch weiter gehen.

Für den Erfolg ist entscheidend, dass die Wirkungen bei den Schüler*innen ankommen. Um dies zu gewährleisten, bedarf es einer klaren Vorgabe, einer verbindlichen Umsetzung, guter Unterstützung und einer ständigen Evaluation. Ministerium und Schulaufsicht, Schulträger, Schulleitungen, Lehrkräfte, Eltern und Schüler*innen müssen hier an einem Strang ziehen. Aber auch die Zivilgesellschaft und die außerschulischen Bildungsträger – Musikverbände, Sportverbände, Jugendorganisationen, Ganztagsträger – sind gefordert und müssen vor Ort beteiligt werden. Daher sind auch die Kommunen gefordert im Dialog mit den Bürger*innen und Bürgern vor Ort eine gute Schulinfrastruktur sicherzustellen.

Ja, wir GRÜNE haben die Schulzeitverkürzung so nicht gewollt. Wir drängen jetzt auf Verbesserungen im System. Viele Gymnasien haben bereits innovative Prozesse der Unterrichtsentwicklung in Gang gesetzt. Das würde durch eine Rolle rückwärts komplett in Frage gestellt, zum Beispiel die Ganztagsentwicklung der Gymnasien. Dort ersetzen zum Teil schon heute „Lernzeiten“ die Hausaufgaben, dort wird rhythmisiert gelernt, dort wird individuelle Förderung mit Leben gefüllt. Für diese Schulen wäre eine erneute komplette Umstellung eine enorme Belastung.

Allein der zu bewältigende hohe organisatorische und bürokratische Aufwand für die Schulen würde erheblich Zeit kosten – Zeit, die für gute Schulentwicklung fehlen würde. Auch die Schulaufsicht wäre erneut lange Zeit mit der Umstellung befasst, statt sich mit der Schulentwicklung zu beschäftigen.

Außerdem ist klar, dass das ursprüngliche von GRÜNEN eingebrachte Modell mit einer nur zweijährigen Oberstufe an den Gymnasien weder kompatibel ist mit dem 2011 geschlossenen Schulkonsens noch mit den bundesweiten Anforderungen an das Abitur. Die neuen Sekundarschulen brauchen zwingend eine dreijährige Oberstufe – bei einem 6+2-Modell an den Gymnasien könnten diese nicht mehr mit den Sekundarschulen kooperieren. Ergebnis wäre ein Rückschlag für den von uns in Gang gesetzten Boom des längeren gemeinsamen Lernens und damit des verbesserten Zugangs zu höheren Bildungsabschlüssen.

Wir GRÜNE wünschen uns eine solche Entwicklung, die von möglichst vielen Beteiligten gemeinsam getragen wird. Wir wissen, dass Entwicklungen Zeit brauchen. Wir wissen aber auch, dass Schülerinnen und Schüler heute unter Druck stehen. Deshalb wollen wir eine durchdachte, aber auch zügige und sorgfältige Umsetzung der Empfehlungen des Runden Tisches an den Schulen. Wir werden zeitnah prüfen, ob die beschriebenen Maßnahmen wirksam umgesetzt wurden und ob es zu spürbaren Verbesserungen gekommen ist, damit die Schüler*innen in Nordrhein-Westfalen auf guten Wegen zum Abitur kommen können. In einer Kindheit und Jugend, die geprägt ist von gutem Unterricht, guter Lernzeit, guter Lebenszeit in und außerhalb von Schule. Mit dem Schulkonsens wurde erstmals die Grundlage geschaffen, dass Schulen sich über Legislaturperioden hinweg verlässlich auf die Schulentwicklung konzentrieren können. Diese Entwicklung verlangen wir ihnen nun aber auch ab.

Dabei geht es nicht nur um die Frage der Dauer von Schulzeit, sondern vielmehr um die Frage der Qualität von Schule und Unterricht insgesamt. Wir GRÜNE wollen den Ausleseprozess im Schulsystem überwinden. Wir wollen, dass alle Schulen eine Kultur des Behaltens entwickeln und Verantwortung übernehmen für den Bildungserfolg aller ihnen anvertrauten Schüler*innen. Es muss Schluss sein damit, dass ein Kind zu einer bestimmten Schulform passen muss. Jede Schule muss jedes einmal aufgenommene Kind bis zu einem qualifizierten Abschluss fördern. Das bereits gesetzlich verankerte Recht aller Schüler*innen auf individuelle Förderung muss die Schulkultur aller Schulen- auch die des Gymnasiums – prägen.

An unserem Ziel eines gemeinsamen Schulsystems für alle Kinder bis zum Ende der Pflichtschulzeit halten wir fest. Die vielen – teils in den letzten vier Jahren neu entstandenen – Schulen des längeren gemeinsamen Lernens sind ein wichtiger Beitrag hin zu diesem Ziel.

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