Für uns GRÜNE waren und sind dabei die unveräußerlichen Menschenrechte Kompass unseres Handelns. Wir machen uns für eine solidarische Aufnahme von Flüchtlingen stark und setzen uns auch dafür ein, dass Menschen, die auf der Flucht sind, es sicher zu uns nach Deutschland und Europa schaffen und hier eine Aufnahme finden können . Die Unterstützung der vielen gemeinnützig und ehrenamtlich Tätigen in der Flüchtlingsarbeit ist für uns selbstverständlich, denn der Einsatz der Zivilgesellschaft gleicht nicht selten die vielerorts fehlende oder kaum stattfindende Sozialarbeit aus. Er reduziert materiellen und emotionalen Mangel und baut Brücken in die Gesellschaft. So etwas wie eine Willkommenskultur für die Menschen, die vor Not und Verfolgung zu uns geflüchtet sind, ist ohne dieses Engagement nicht denkbar. Vor dem Hintergrund der weltweiten Zahlen erscheinen 200.000 Flüchtlinge, die in diesem Jahr in Deutschland einen Asylantrag stellen werden (davon 40.000 in NRW), als sehr geringer Anteil. Und in der Tat ist es falsch von „Strömen“ oder „Fluten“ zu sprechen, denn da kommt keine Naturkatastrophe auf uns zu, sondern Menschen in höchster Not, die einen Anspruch darauf haben, bei uns eine Zuflucht und neue Heimat zu finden. Gleichwohl stellen die steigenden Zahlen Politik, Verwaltung und auch die Bevölkerung vor große Herausforderungen, vor denen wir GRÜNEN die Augen nicht verschließen. Nach dem Abbau von Unterbringungskapazitäten aufgrund zurückgehender Asylbewerberzahlen, haben Land und Kommunen vor allem große Schwierigkeiten, ausreichende und angemessene Unterbringungsmöglichkeiten neu zu schaffen.
Die skandalösen und beschämenden Vorfälle in einigen Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes NRW, bei denen Flüchtlinge brutal misshandelt wurden, zeigen, dass der Staat seiner Verantwortung, den Menschen eine sichere Zuflucht zu bieten, leider nicht gerecht wurde. Das darf sich nicht wiederholen! Daher begrüßen wir die Ergebnisse des Treffens der Landesregierung mit den Flüchtlingsorganisationen, kommunalen Spitzenverbänden, Kirchen und der Landtagsfraktionen am 20. Oktober 2014 und fordern eine schnellstmögliche Umsetzung.
- Das Land muss die Kommunen bei der Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge stärker unterstützen. Die nunmehr vereinbarte Aufstockung der bereitgestellten finanziellen Mittel bei der Kostenerstattung im Rahmen des Flüchtlingsaufnahmegesetzes und mit dem neu eingerichteten Härtefallfonds für besonders hohe Krankheitskosten bei einzelnen Kommunen ist hierzu ein wichtiger Schritt.
- Bei der Erstaufnahme durch das Land muss das System der Aufnahme, Registrierung und Weiterleitung von Flüchtlingen an die Kommunen schnellstmöglich wieder in die Balance gebracht werden. Um zu einem geordneten Verfahren zurückzukehren müssen die Überbelegung und die Notunterkünfte abgebaut werden. Dazu brauchen wir dringend weitere Plätze in neuen Landeseinrichtungen. Über die vorgesehenen und beim Flüchtlingsgipfel beschlossenen weiteren 1800 Plätze zum Jahresende hinaus, brauchen wir mindestens weitere 3000 Plätze, um eine reguläre bedarfsgerechte Aufnahmekapazität von 10.000 Plätzen für Flüchtlinge in NRW zu erreichen. Fragen von Quantität dürfen Fragen der Qualität bei der Flüchtlingsunterbringung nicht überlagern. Dazu gehört auch, dass die Lage der Einrichtungen Ansprüchen der schnellen Integration genügen muss und eine menschenwürdige Unterbringung durch eine Beschränkung von Belegungskapazitäten für die Einrichtungen gewährleistet ist. Es müssen verbindliche Standards bei der Vergabe von Aufträgen vertraglich vereinbart werden und im Vergabeverfahren darf nicht der Preis die Vergabeentscheidung bestimmen. Die Umsetzung der Standards müssen regelmäßig kontrolliert werden. Wir wollen auch die wichtige unabhängige Verfahrensberatung stärken. Hierzu soll in jeder Landeseinrichtung eine Anlaufstelle für Flüchtlinge installiert werden, die bei der Antragstellung und auch in anderen Fragen unterstützt und hilft. Nach der Verteilung auf die Kommunen brauchen wir ein flächendeckendes Angebot von Flüchtlingsberatungsstellen und psychosozialen Zentren.
- Nicht zuletzt müssen Land und Bezirksregierungen bei allen Maßnahmen größtmögliche Transparenz herstellen. Dies gilt bei der Planung und der Aufrechterhaltung neuer Unterbringungseinrichtungen und auch bei der Aufarbeitung der bestehenden Defizite sowie der Kontrolle der Einhaltung bestehender Standards. Nur durch Transparenz werden wir längerfristig die Unterstützung der Bevölkerung sichern und auch den Kommunen und Betreibern die notwendige Planungssicherheit verschaffen. Dazu gehört ein dezentrales Beschwerdemanagement, zu dem jeder Flüchtling einen Zugang hat und eine zentrale Aufarbeitung von Beschwerden durch das zuständige Ministerium.
- Für eine erfolgreiche Integration ist die Sicherstellung der Beschulung der Kinder und Jugendlichen von herausragender Bedeutung. Mit einer angemessenen Aufstockung der Stellen für eine qualifizierte Förderung der jungen Menschen muss dies ermöglicht werden. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge benötigen dabei besonderen Schutz. Wir setzen uns dafür ein, dass sie in den Kommunen weiterhin durch die Jugendhilfe betreut und untergebracht werden.
- Das Land NRW muss sich weiterhin dafür einsetzen, dass auch der Bund seiner Verantwortung bei der Flüchtlingsaufnahme und Integration endlich nachkommt und sich finanziell an den Kosten beteiligt. Wir bekräftigen daher unsere Forderung nach Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes und der damit verbundenen Aufnahme der Flüchtlinge in unsere regulären sozialen Sicherungssysteme. Vor allem die Aufnahme von Flüchtlingen in die Gesetzliche Krankenversicherung mit Aufgabe des eingeschränkten Leistungskatalogs ist ein menschenrechtliches Gebot. Insbesondere sollte auch bei der Erstaufnahme und in den Flüchtlingsunterkünften auf geschultes Fachpersonal gesetzt werden, dass sich um die Bedürfnisse der Flüchtlinge kümmert. Dazu gehören neben einer angemessenen Bereitstellung ärztlicher Versorgung auch der hinreichende Einsatz von Sozialarbeiter*innen. Für die therapeutische Versorgung, insbesondere der traumatisierten Flüchtlinge, müssen die spezialisierten Behandlungsmöglichkeiten bedarfsgerecht ausgebaut werden. Der Bund muss aber nicht nur für bessere Integrationsbedingungen der hier angekommenen Flüchtlinge miteinstehen, wir fordern auch die Aufnahme von deutlich mehr Flüchtlingen – etwa durch weitere Kontingente für Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak. Darüber hinaus brauchen wir dringend eine neue stichtagsunabhängige Bleiberechtsregelung für die langjährig Geduldeten, um auch ihnen endlich eine Integrationsperspektive zu bieten.
- In den Städten und Gemeinden setzen wir Grüne uns für Leitlinien der Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen ein. In ihren Eckpunkten knüpfen die Leitlinien an vorhandene GRÜNE Forderungen an. Dazu gehören u.a. die dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen, eine Integration in die jeweilige städtische Umgebung sowie die vorhandenen (vor-) schulischen Betreuungsstrukturen und die lokale Gesundheitsversorgung, eine angemessene und ausreichende soziale und psychosoziale Betreuung, die Stärkung und Koordination ehrenamtlicher Begleitung sowie ein Angebot an Deutschkursen. Dieses Engagement darf aber nie staatsersetzend sein. Das Grundrecht auf Asyl ist ein Auftrag für alle Ebenen unseres Staates. Der Abbau von Verwaltungshürden und die Unterstützung von privaten Gastgeber*innen, die Flüchtlingen mit eigenen Ressourcen unterstützen wollen, stellt dabei einen wichtigen Ansatz einer Solidargesellschaft dar. Bei der Gesundheitsversorgung sind Sprachmittler für die medizinische Versorgung sowie ausreichende Ressourcen für psychotherapeutische Maßnahmen traumatisierter Flüchtlinge sicherzustellen. Ansätze für Frauen, Kinder, Menschen mit jeder sexuellen Identität sowie andere Gruppen mit besonderem Schutz- und Betreuungsbedarf sind zu entwickeln. Auf Landesebene unterstützen wir die Entwicklung und Einsetzung solcher Leitlinien.
- Auch auf europäischer Ebene fordern wir ein deutliches Umlenken in der Flüchtlingspolitik. Europa kann und muss von einer Politik der Abschottung zu einer gesteuerten Einwanderungspolitik mit einer humanitären Verantwortung kommen. Die massive sicherheitstechnische Aufrüstung an den EU Außengrenzen und den Ausbau entsprechender Überwachungs- und Datenerhebungsprogramme, wie in dem Programm Smart Borders, lehnen wir ab. Das wichtige Seerettungsprojekt ‚Mare Nostrum‘ muss fortgeführt und durch die EU finanziert werden und darf nicht durch die ‚Triton‘ genannte Abschottungsaktion von Frontex ersetzt werden. Länder wie Italien oder Griechenland dürfen wir nicht länger mit Verweis auf die Dublin-III-Verordnung alleinlassen. Die Dublin-Verordnung muss revidiert werden und das Wohl der Flüchtlinge, nicht der zentraleuropäischen Staaten, in den Mittelpunkt rücken. Wir setzen uns in diesem Zusammenhang für eine europäische Aufnahmequote, welche die ankommenden Flüchtlinge nach einem fairen Schlüssel auf die einzelnen EU-Mitgliedsstaaten verteilt, ein. Die Grünen in NRW, im Bund und auf EU-Ebene fordern diesbezüglich eine deutliche politische Einfluss- und Stellungnahme der Bundesregierung.
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