LDK-Beschluss

Marginalisierte Gruppen stärken. NRW setzt sich ein für eine faire Mittelvergabe auf allen Ebenen

Wir GRÜNE stehen an der Seite derer, die unter Ausgrenzung und Hetze leiden – wir streiten für eine offene und inklusive Gesellschaft und machen uns stark gegen Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus und andere Formen jeglicher Menschenfeindlichkeit. Im Zuge der aktuellen weltweiten Krisenentwicklungen und Kriegen auf der einen und der anhaltenden Diskriminierung und Verfolgung ethnischer Gruppen auch in Teilen Europas auf der anderen Seite, ist auch in Deutschland eine Zunahme von Ressentiments, Rassismus und Ausgrenzung zu verzeichnen. Wir verurteilen diese menschenverachtenden Akte auf Schärfste. Wer gegen gesellschaftliche Minderheiten hetzt, hetzt gegen unsere offene und demokratische Gesellschaft im Ganzen. Dem stellen wir GRÜNE uns entschieden entgegen.

Das Grundrecht auf Zuwanderung steht unter besonderem Schutz. Freizügigkeit ist für jede und jeden ein unverzichtbarer Bestandteil persönlicher Freiheit und gleichzeitig von großem Wert für unsere Gesellschaft. Deshalb kämpfen wir GRÜNE für eine echte Willkommenskultur und für die gesellschaftliche Teilhabe Aller. Aus unserer Alltagsarbeit in den Städten und Gemeinden wissen wir aber auch: Die Gewährleistung dieses Grundrechts bedeutet vor dem Hintergrund der sozialen und ökonomischen Problemlagen vor Ort Herausforderungen für die Kommunen. Die Integration der EU-Bürger*innen und ihrer Familien erfordert finanzielle und auch personelle Ressourcen, über die insbesondere Kommunen mit großen Haushaltsdefiziten nicht verfügen. Deshalb fordern sie seit langem finanzielle Unterstützung, auch von der Europäischen Union.

Wir begrüßen, dass die EU in der neuen Förderperiode 2014-2020 ein Drittel ihres Haushalts, ungefähr 350 Milliarden Euro, für diese Zwecke einsetzen wird. Es ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, dass seit 2014 auch so genannte ”marginalisierte Gruppen” im Fokus europäischer Förderpolitik stehen. Minderheitengruppen in großer Armut und Chancenlosigkeit, wie beispielsweise Roma, sollen aktiv in die langfristige Planung der Antragsteller für Mittel aus den EU-Fonds aktiv einbezogen werden. Das umfasst die Beschlüsse der Partnerschaftsverträge mit der EU, Planungen der operationellen Programme und die Umsetzung der Programme.

Die rot-grüne Landesregierung hat den Handlungsbedarf in Bezug auf die Integration von Zuwanderinnen und Zuwandern erkannt und bereits erfolgreiche Maßnahmen eingeleitet. Wir GRÜNE haben uns dafür stark gemacht, Zuwanderung aktiv zu gestalten. Das 2012 verabschiedete Integrations- und Teilhabegesetz sieht unter anderem die Einrichtung kommunaler Integrationszentren vor, die ihrerseits kommunale Strukturen zur interkulturellen Öffnung befähigen und Menschen mit Migrationshintergrund die Teilhabe am öffentlichen Leben ermöglichen sollen. Mit der Änderung der Gemeindeordnung wurde 2013 zudem die Stellung der Integrationsräte in den Kommunen gestärkt.

Mit Blick auf die Herausforderungen infolge der europäischen Binnenwanderung erarbeitete eine Interministerielle Arbeitsgruppe “Zuwanderung von EU-BürgerInnen aus Rumänien und Bulgarien” ein Programm zur Unterstützung von Kommunen. Auch wenn damit dringende Problemlagen zunächst gemildert werden konnten, gilt es diesen Weg weiter zu gehen: Gemeinsam mit den Verwaltungen, Sozialverbänden und Vertreterinnen und Vertretern betroffener Gruppen wollen wir weitere Initiativen entwickeln und voranbringen.

Europa wird aktiv

Die gemeinsame Europäische Regionalpolitik ist ein starkes Instrument, um Ungleichheit zwischen, aber auch in den Regionen zu bekämpfen. Vor allem marginalisierte Gruppen profitieren aber häufig nicht oder nur sehr wenig von diesen Möglichkeiten. Das wollen wir ändern. Mittel aus der Europäischen Strukturpolitik müssen bei den Menschen ankommen, die Hilfe und Unterstützung am dringendsten benötigen. Die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse und die gleichen Chancen aller Menschen, soziale Absicherung sowie soziale und kulturelle Teilhabe zu genießen, sind ein hohes Gut.

Strukturpolitik umfasst in etwa ein Drittel des EU-Haushalts und ist damit das Hauptinvestitionsinstrument der EU. Insbesondere dort, wo auf Grund der klammen Haushaltslage die Kommunen zunehmend in Bedrängnis kommen, ihre Aufgaben nicht weiter qualitativ hochwertig erfüllen zu können, kann der gezielte Einsatz der EU-Fördermittel helfen, dies zumindest teilweise zu kompensieren. Wir GRÜNE setzen uns schon lange dafür ein, bei der Mittelvergabe soziale und ökologische Kriterien nach vorne zu stellen. So kann die nachhaltige Entwicklung vor Ort gestärkt werden. Wir wollen daher dafür sorgen, dass schon bei der Antragstellung die Gruppen eingebunden werden, die am stärksten unter den Ungleichheiten leiden.

In der vergangenen Förderperiode waren marginalisierte Gruppen (wie beispielsweise Roma) nur über kurzfristige ad-hoc-Entscheidungen in der Förderung durch die Fonds eingebunden. Der neue Ansatz in der Förderperiode 2014-2020 enthält die klare Aufforderung an alle Verantwortlichen marginalisierte Gruppen in die langfristige Planung einzubeziehen, statt ohne sie und nach nur kurzfristigen ad-hoc-Lösungen zu suchen. Wir GRÜNE arbeiten daran, im Rahmen eines Initiativberichtes des Europäischen Parlaments Vorschläge zu entwickeln, wie die Einbindung marginalisierter Gruppen in die Fördermittelvergabe verbindlich geregelt werden kann. Der Initiativbericht wird deshalb die Ergebnisse dieser neuen Aufgaben analysieren. Dabei sollen vor allem die Auswirkungen der neuen Regeln auf die Verhandlungen zu den Partnerschaftsverträgen und den operationellen Programmen im Mittelpunkt stehen. Ungenutzte Potenziale sollen benannt werden und zu Handlungsaufforderungen an die Kommission führen.

Wir GRÜNE in NRW begrüßen diese Initiative und setzen uns dafür ein, dass Nordrhein-Westfalen eine starke Vorreiterrolle bei der Umsetzung dieser Vorschläge einnimmt.

GRÜNE stärken die Teilhabe Aller

Die Strukturpolitik der EU alleine kann die Diskriminierung und Ausgrenzung von Gruppen wie Sinti und Roma nicht überwinden. Wir GRÜNE kämpfen gegen Antiziganismus in der Gesellschaft, sei es im Alltag, in staatlichen Institutionen oder in der politischen Arena. Populistischen Parolen, die die Arbeitnehmerfreizügigkeit in Frage stellen und Ressentiments gegen Rumän*innen und Bulgar*innen schüren, stellen wir uns entschieden entgegen.

Wir streiten für Menschenrechte und Inklusion. In Ländern, die von der Krise besonders betroffen sind, sind es gerade die Angehörigen ausgegrenzter Minderheiten, die besonders leiden Diese Ausgrenzung zeigt sich beim Zugang zu Arbeit und Bildung, aber auch bei der Suche nach Wohnraum oder Zugang zur Gesundheitsversorgung. Wir GRÜNE stehen für einen integrierten Ansatz zur Bekämpfung von gesellschaftlicher Ausgrenzung.

Wir nehmen die historische Verantwortung vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte ernst, Diskriminierung von Sinti und Roma überall dort zu bekämpfen, wo sie auftaucht. Deshalb wollen wir dem guten Beispiel anderer Bundesländer wie Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein folgen und streben einen Staatsvertrag mit den deutschen Sinti und Roma in NRW an.

Wir setzen uns für einen garantierten Zugang zu Bildung für Alle ein. Es darf weder Segregation noch Diskriminierung an Schulen geben. Deshalb brauchen wir eine gezielte Unterstützung, die ein besonderes Augenmerk auf die Sprachförderung der Kinder legt.  Auch im Bereich der Arbeitsmarktpolitik sehen wir Handlungsbedarf. Wir wollen sicherstellen, dass marginalisierte Gruppen besser als bisher in Qualifizierungsprogramme eingebunden werden.

Gerade marginalisierte Gruppen wie Roma haben häufig einen schlechteren Zugang zum Gesundheitssystem. Es ist beschämend, dass die Bundesregierung hier keinen Handlungsbedarf sieht. Wir sehen die Gesundheitsversorgung von Zugewanderten als wichtigen Integrationsaspekt. Es braucht niedrigschwellige Beratungsangebote zur Klärung von sozial- und krankenversicherungsrechtlichen Statusfragen im Europäischen Sozialfonds, beispielsweise über “Gesundheitslotsen” und eine bessere Regelung für die Erstattung der Krankheitskosten. Kinder müssen endlich Zugang zum regulären Vorsorgesystem erhalten.

Die aktuellen Entwicklungen machen ein schnelles und beherztes Vorgehen nötig.

Deshalb

  • arbeiten wir im Europäischen Parlament an verbindlichen Rahmen zur Einbindung von marginalisierten Gruppen in Entscheidungsprozesse
  • unterstützen wir einen integrierten Ansatz, in dem die unterschiedlichen Herausforderungen wie Wohnen, Gesundheit, Bildung und Arbeitsmarkt ganzheitlich angegangen werden
  • fordern wir, dass die Europäische Kommission auch und gerade in Ländern mit einer großen Roma-Minderheit darauf pocht, dass Fördermittel gerecht und effizient verteilt werden und die Verwendung überprüft wird
  • fördern wir Iniaitiven zur Stärkung der NGOs (Capacity Building) für NGOs und zur Steigerung des Problembewusstseins in den Verwaltungen
  • sorgen wir im Landtag und in der Landesregierung dafür, marginalisierte Gruppen in die Erarbeitung und Umsetzung von Förderprogrammen verbindlich einzubeziehen und sie aktiv z.B. bei der Gründung von Migrantenselbstorganisationen zu unterstützen.
  • arbeiten wir daran, die Verwaltungen für Antiziganismus zu sensibilisieren und Aktionspläne zur Bekämpfung dieser Diskriminierungsform anzustoßen
  • setzen wir uns dafür ein, dass das Thema Antiziganismus in den Schulen behandelt wird und NRW dabei eine Vorreiterrolle einnimmt

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