Freiheit und Selbstbestimmung sind zentrale Anliegen GRÜNER Politik. Wir wissen, dass die Freiheit der Einzelnen an rechtliche und soziale Voraussetzungen gebunden ist. Wir setzen uns dafür ein, dass nicht nur eine privilegierte Minderheit die Freiheit wahrnehmen kann, ihr Leben selbst zu gestalten. Das beinhaltet die Freiheit der Wahl der Lebensentwürfe, die Chance für kommende Generationen, frei über ihr Leben zu entscheiden, und Freiheit von exzessiver staatlicher Überwachung. Mit der Einführung einer Obergrenze für Bargeldzahlungen droht jedoch genau dieses Ausufern staatlicher Überwachung, insbesondere im digitalen Zeitalter.
Bargeld ist in Deutschland unverändert die am häufigsten genutzte Zahlungsform. Dies gilt sowohl für den Anteil gemessen am Zahlungsvolumen (53%) als auch bei der Zahl der Transaktionen (79%). Bargeld schafft Transparenz in der Haushaltskasse: Viele Menschen operieren ohne Probleme mit Kreditkarten und „mobile payment“. Es gibt aber auch Hinweise, dass dies bei manchen Verbraucher*Innen zu Schwierigkeiten führt, ordentlich zu haushalten. Die scheinbar ständige Verfügbarkeit unbarer Zahlungsmittel kann verführen und den Einstieg in die Verschuldung befördern. Wir GRÜNE wollen Bürger*innen vor staatlichen Eingriffen in die Privatsphäre, aber auch vor der Datensammelwut von Konzernen, Versicherungen und Banken schützen. Vor diesem Hintergrund gilt für uns GRÜNE: Bargeld ist nicht einfach nur Geld, sondern gelebte Freiheit.
Kontrollfantasien Einhalt gebieten
Die Datensammelwut von Banken, Versicherungen und Unternehmen ist immens. Hieraus haben sich in den letzten Jahren zahlreiche, oftmals fragwürdige Geschäftsmodelle entwickelt. Zahlreiche Versicherungen haben bereits Tarife, in denen Kundinnen und Kunden abhängig von ihrem individuellen Lebenswandel zahlen und sich dafür weitgehend durchleuchten lassen. Im E-Commerce werden heute schon in Sekundenschnelle individuelle Kundenprofile abgefragt und abhängig von diesen Werten individuelle Preise und Zahlungsoptionen berechnet.
Diese Modelle bringen die Balance zwischen Anbieter*innen und Kund*innen in dramatischer Wei- se aus dem Gleichgewicht. Bei einem vollständig elektronischen Zahlungsverkehr droht ein Szenario, in dem Verbraucherinnen und Verbraucher Konsumentscheidungen nicht mehr selbstbestimmt treffen können, weil sie aufgrund der vorhandenen Datenmengen bereits im Vorfeld ausgeforscht sind. Undurchsichtige Scoringverfahren und Datenhandel sind bereits heute ernste Probleme. Un- verständliche und nicht nachvollziehbare Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) leisten ihren Beitrag zu maximaler Intransparenz; Datenhändler nutzen alle gesetzlichen Spielräume und rechtlichen Graubereiche, um Transparenz möglichst zu verhindern. Die Konsequenz sollte deshalb sein, zur Datensparsamkeit zurückzukehren, statt immer neue Datenerhebungen, -speicherungen und -verarbeitungen zuzulassen.
Die Regeln zur Weiterverarbeitung und Löschung sind vielen Verbraucher*Innen nicht bekannt und immer neue Datenschutzskandale haben zur Verunsicherung beigetragen. Wir GRÜNE streiten deshalb für wirksame Konzepte gegen ausufernden Datenhandel. Wir wollen klare Transparenzre- geln, die es allen Bürger*innen ermöglichen, exakte Informationen darüber zu bekommen, was bei Auskunfteien und Datenhändlern über sie gespeichert ist. Wir begrüßen, dass mit der Europäischen Datenschutzreform erstmals ein starker datenschutzrechtlicher Rahmen in ganz Europa gilt und werden bei der Umsetzung der Reform in Bundes- und Landesrecht Spielräume, insbesondere mit Blick auf Scoring, im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher nutzen. Wir haben in NRW seit Regierungsübernahme 2010 die Datenschutzaufsicht deutlich gestärkt und wollen diesen Kurs verstetigen.
Wir GRÜNE würdigen vor diesem Hintergrund auch die Rolle der Verbraucherzentralen. Unter GRÜNER Regierungsbeteiligung wurden die Verbraucherzentralen gestärkt, sodass diese wichtige Institution mittlerweile in jedem Kreis Nordrhein-Westfalens vorhanden ist. Die Verbraucherzentra- len sind für uns wichtige Verbündete, wenn es gilt, rechtsstaatliche Grundprinzipien zu verteidigen und das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben durchzusetzen. Denn trotz vieler Beratungsangebote und Musterklagen sind selbst aufgeklärte und technikaffine Verbraucher*innen verunsichert: Sie wissen bei Vertragsunterzeichnungen und der Nutzung von Dienstleistungen und Produkten weder, ob ihre Daten sicher sind, noch welche Informationen überhaupt erhoben und gespeichert werden.
Auch der Bankenverband lehnt eine derartige Obergrenze trotz des damit verbundenen Mehraufwands für seine Institute aus verbrauerpolitischen Gründen ab und plädiert stattdessen für einen schärfere Durchsetzung des Geldwäschegesetzes insbesondere auch in den einschlägigen Handelsbranchen.
Das Ansinnen konservativer und sozialdemokratischer Finanzminister, Geldgeschäfte künftig kom- plett bargeldlos zu gestalten, läuft auf eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung unseres vollständigen Konsum- und Zahlungsverhaltens hinaus. Dem stellen wir GRÜNE uns entschieden entgegen! Wir wollen nicht, dass unbescholtene Bürger*innen staatlich durchleuchtet werden, denn bei ausschließlich elektronischem Zahlungsverkehr würden gigantische Datenmengen angehäuft, die durchrastert und bei Bedarf retrograd durchforstet würden. Wir GRÜNE stehen zum Grundsatz der Datensparsamkeit und lehnen dieses Vorgehen deshalb ab.
Bargeldbegrenzungen – nach unten kein Ende
Die derzeit durch den Bundesfinanzminister vorgeschlagene Begrenzung von Barzahlungen auf 5.000 Euro soll die meisten Menschen in Sicherheit wiegen. Schließlich ist der Kreis derer, die bereits Barzahlungen über diesem Limit getätigt haben, ziemlich klein und exklusiv. Die Erfahrungen aus anderen Europäischen Ländern zeigen aber, dass die Grenze nach unten sehr schnell erreicht wird: In Italien liegt sie derzeit schon bei nur noch 3.000,- Euro, in Frankreich gar nur noch bei 1.000,- Euro und in Dänemark möchte die Zentralbank ab 2017 keine Geldscheine mehr in Umlauf bringen.
Letztendlich liefe es mit den Argumenten der Befürworter einer Obergrenze logischerweise auf eine Abschaffung des Bargeldverkehrs insgesamt hinaus, denn nach dieser Logik gäbe es mit der endgültigen Abschaffung des Bargeldes dann auch keine Schwarzarbeit, Geldwäsche oder Terror- angriffe mehr. Dass die geplante Bargeldobergrenze und womöglich darauf folgend eine Abschaffung des Bargeldes insgesamt dazu führen könnten, sogenannte „Negativzinsen“ auf die bei den Banken eingelegten Geldanlagen anrechnen zu können, ohne dass sich die Eigentümer der Einlagen dagegen durch die Bargeldabhebung verwahren könnten, ist eine seit Beginn dieser Debatte bestehende Argumentation.
Steuerhinterziehung und Geldwäsche bekämpfen – Finanzverwaltung stärken
Gleiches gilt für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität oder der Geldwäsche. Beide Bereiche der Polizeiarbeit werden nahezu jährlich mit neuen Aufgaben und Befugnissen ausgestattet. Bereits heute zählt etwa die Geldwäschebekämpfung zu einem der am weitesten in die Grundrechte der Bürger*innen eingreifenden, hoheitlichen Tätigkeitsgebiet. Die Befugnisse von Finanzverwaltung und Strafverfolgungsbehörden sind weitgehend und der Instrumentenkasten wird regelmäßig eingesetzt „gleichzeitig zeigen uns die Enthüllungen um die „PanamaPapers“, dass die Bundesregierung viele sinnvolle Schritte gegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung massiv behindert. Zudem erhalten die Steuerverwaltungen der Länder nicht alle notwendigen Informationen, um Steuerhinterziehung und Geldwäsche zu bekämpfen“
Wir GRÜNE werden auch weiterhin dafür streiten, dass die Finanzverwaltung in einem grundrecht- lich angemessenen Rahmen die notwendigen Instrumente für die konsequente Umsetzung von Steuergerechtigkeit zur Verfügung gestellt bekommt. Zudem werden wir weiter für eine Stärkung der Finanzbehörden eintreten und wollen diese mit zusätzlichen Stellen ausstatten
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