LPR-Beschluss

Nein zum Studierendengängelungsgesetz – Ja zu Selbstbestimmung, Demokratie und guter Lehre

Wir GRÜNE NRW stehen für ein selbstbestimmtes Studium an demokratischen Hochschulen. Wir stehen für Hochschulautonomie und Wissenschaftsfreiheit, die ihr Fundament in gesellschaftlicher Verantwortung als Bildungsauftrag haben. Wir wollen angehenden Akademiker*innen herausragende Studienbedingungen in einer schon jetzt vielfältigen Hochschullandschaft bieten. Dafür brauchen wir gut ausgestattete Hochschulen, die sich auch den Herausforderungen der Digitalisierung für Studium und Lehre stellen. Wir wollen dafür einen Rechtsanspruch auf gute Lehre entwickeln.

Der klare Gegenpol zu unseren Vorstellungen von einem zukunftsfähigen Hochschulstandort Nordrhein-Westfalen sind die Planungen der schwarz-gelben Landesregierung: Mit Studiengebühren, Demokratieabbau, Anwesenheitspflichten und verbindlichen Studienverlaufsplänen stehen CDU und FDP für eine ideologiegetriebene Retro-Politik zulasten der Studierenden und auch zulasten der Hochschulen.

Schwarz-gelbes Hochschulgesetz: Mehr Fesseln für Studierende

Mit dem rot-grünen Hochschulzukunftsgesetz haben sich die Studien- und Beschäftigungsbedingungen sowie die Mitbestimmung an Hochschulen in den letzten Jahren verbessert. Das Land hat große finanzielle Anstrengungen unternommen, aber gleichzeitig gab es auch eine sehr große Nachfrage nach einem Studium in NRW. Hier sehen wir uns in der Pflicht, weiter für Verbesserungen einzutreten. Auf dem Weg zu guten Studien- und Arbeitsbedingungen an den Hochschulen ist noch genug Luft nach oben. Wir wollen einen Rechtsanspruch auf gute Lehre verwirklichen, beste Arbeitsbedingungen an Hochschulen schaffen und die rückwärtsgewandte Politik von CDU und FDP verhindern. Die Pläne von Schwarz-Gelb für ein neues altes Hochschulfreiheitsgesetz sind ein Griff in die hochschulpolitische Mottenkiste. Sie bringen weder Freiheit, noch ist daran irgendetwas neu. Die Ideen von CDU und FDP sind eine Bevormundung von Studierenden, ein Abbau akademischer Demokratie und ein Rückzug der Landesregierung aus ihrer hochschulpolitischen Verantwortung.

Das Gesetz wird für Studierende als größte Statusgruppe nicht die versprochene Freiheit und Unterstützung bringen, sondern Misstrauen schaffen. Wir vertrauen darauf, dass Studierende selbst entscheiden können, wie sie zu ihrem akademischen Ziel kommen und sehen die

Entwicklung von Eigenständigkeit als Teil der akademischen Ausbildung an. Deshalb setzen wir auf Freiheit, statt Studierende mit Anwesenheitszwang, verpflichtendem Assessment und verbindlichen Studienverlaufsplänen zu gängeln. Wir verstehen uns in dieser Auseinandersetzung als die Stimme der Studierenden in NRW.

Mit der Reform bauen CDU und FDP studentische Mitbestimmung ab und reduzieren die Demokratie an Hochschulen. Sie bevorzugen die Professor*innen; Schwarz-Gelb lässt die Studierenden im Stich und entscheidet ungefragt über ihre Köpfe hinweg. Der Abbau der Demokratie für Studierende und Beschäftigte zeigt sich besonders bei der Mitbestimmung in den Fachbereichen und im Senat.

Wir wollen, dass Entscheidungen weiterhin durch die Statusgruppen gemeinschaftlich getroffen werden, anstatt Entscheidungsbefugnisse einseitig bei den Hochschulleitungen zu konzentrieren und Möglichkeiten der Beratung und Einflussnahme immer weiter zu verringern. Deswegen fordern wir den Ausbau der bisherigen Gruppenparitätsregelung hin zu einer verpflichtenden Parität aller Statusgruppen im akademischen Senat.

Auch lehnen wir ab, dass Schwarz-Gelb die Einrichtung und Befugnisse der Studienbeiräte den Hochschulen überlassen will. Die Studienbeiräte sind die einzige echte Chance für Studierende, Einfluss auf die Gestaltung des eigenen Fachs – in Form der Prüfungsordnungen – zu nehmen. Ihre Vorschläge werden in der Praxis als erhebliche Bereicherung angesehen.

Selbstbestimmung statt Anwesenheitszwang

Schwarz-Gelb will das Verbot von Anwesenheitspflichten in Seminaren abschaffen und die Entscheidung den Hochschulen überlassen. Die von Schwarz-Gelb angekündigte neue Freiheit an den Hochschulen gilt offensichtlich nicht für Studierende. Mit der neuen Regelung wird nicht nur ein Verstoß gegen die grundgesetzlich geschützte Studierfreiheit billigend in Kauf genommen. Auch die Hochschulen selbst profitieren nicht davon: Ihnen droht mit der Anwesenheitspflicht mehr Bürokratie.

Der Präsenzzwang geht an der Lebensrealität der Studierenden vorbei und wird ihnen große Probleme bereiten. Nicht alle können garantieren, immer im Seminar zu sitzen, beispielsweise weil sie auf einen Job angewiesen oder in der studentischen oder akademischen Selbstverwaltung tätig sind, weil sie Kinder oder Angehörige betreuen oder eine chronische Erkrankung haben. Eine Anwesenheitspflicht ist, bis auf eng begrenzte, bereits bestehende Ausnahmen, ein sinnloser Eingriff in das selbstbestimmte Studium, weil sie physische Dauerpräsenz noch lange keinen Studienerfolg garantiert.

Eine ebenso drastische Einschränkung der akademischen Selbstbestimmung stellen die Pläne der Landesregierung dar, verbindliche Studienverlaufsvereinbarungen und verpflichtende Online-Self-Assessments einzuführen. Unter Individualisierung von Studienverläufen verstehen wir etwas gänzlich anderes. Schwarz-Gelb will die Studierenden kontrollieren, damit sie ihr Studium planungsgemäß absolvieren – obwohl weiterhin viele Studienpläne nicht planungsgemäß realisierbar sind. Für uns GRÜNE NRW sind Studierende freie und mündige Menschen, die selbstbestimmt ihr Lernziel entwickeln können und sollen. Was Schwarz-Gelb hier plant, verschult das Studium stärker als jede andere Form der Leistungskontrolle. Zudem droht hier ein weiteres Bürokratiemonster. Dies gilt ebenso für verpflichtende Online-Self-Assessments. Wir wollen, dass junge Menschen ihre Studienentscheidung frei treffen können – Schwarz-Gelb will ihnen mehr Steine in den Weg legen.

Für einen Anspruch auf gute Lehre

Mit der schwarz-gelben Anwesenheitspflicht soll lediglich eine Diskussion um eine motivierende Hochschuldidaktik vermieden werden. Fachlich und persönlich bereichernde Seminare werden auch ohne Anwesenheitspflicht besucht, denn auch Studierende wissen sehr gut, was ihnen hilft und was nicht. Unser Gegenmodell zu Anwesenheitspflicht, Aussortieren vor dem Studium und Fremdbestimmung im Studium heißt: Gute Lehre. Wir wollen dafür einen Rechtsanspruch auf gute Lehre entwickeln.

Damit der Anspruch auf gute Lehre erfüllt werden kann, müssen zum einen die Hochschulen auskömmlich finanziert und die Beschäftigungsbedingungen für das Hochschulpersonal verbessert werden. Hochschulfreiheit kommt von Freiheit in der Lehre und Forschung. Diese ist nur dann möglich, wenn Hochschulen in ihrer Forschung nicht von Drittmitteln abhängig sind. Die technische und räumliche Ausstattung sowie die Finanzierung von Nachwuchsforscher*innen gehören zu den primären Aufgaben der öffentlichen Hand. Zum anderen muss Lehre Wertschätzung erfahren und sind mehr Innovationen im Hörsaal notwendig. Dazu gehören ein Leitbild gute Lehre an allen Hochschulen und eine Lehre, die sich tatsächlich an den Lernenden orientiert. Dazu ist es notwendig, dass es zu einem besseren Miteinander von Lehrenden und Studierenden kommt und sich Lehre am Erkenntnisgewinn orientiert, statt an bestehenden Strukturen. Auch benötigen dazu alle Lehrenden die notwendigen didaktischen Kenntnisse auf dem Stand der Zeit, um innovative Lehrformate statt der starren Traditionslehre bieten zu können.

Für bessere Beschäftigungsbedingungen

CDU und FDP wollen den Rahmenkodex für gute Beschäftigungsbedingungen für das Hochschulpersonal streichen. Die bestehenden Verträge zwischen Hochschulleitungen und Personalvertretungen sind bisher an allen Hochschulen gleichlautend. Das garantiert den Beschäftigten einheitlich gute Arbeitsbedingungen. Nach der Abschaffung muss bloß eine Hochschulleitung ihren Vertrag kündigen und das gesamte Konstrukt fällt in sich zusammen. Die gesetzliche Regelung zu streichen, bedeutet, die Rechte der studentischen und wissenschaftlichen Hilfskräfte, der Lehrbeauftragten und wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen zu schwächen. Damit werden gute Beschäftigungsbedingungen an den Hochschulen optional. Wir halten gute Arbeitsbedingungen nicht für unnötige Bürokratie, sondern für ein Recht aller Hochschulbeschäftigten. Befristete Arbeitsverträge oder Teilzeitstellen als universitärer Normalzustand für akademische Mitarbeiter*innen lehnen wir ab! Nur, wenn die Interessen und Rechte der Angestellten geschützt und prekäre Beschäftigungsverhältnisse beendet werden, wird der „Beruf Wissenschaft“ attraktiv.

Auch die arbeitsrechtlche Mitbestimmung von studentischen Beschäftigten steht unter Beschuss – die schwarz-gelbe Landesregierung will die Beauftragten für studentische Hilfskräfte abschaffen. Wir fordern statt einer Rolle rückwärts einen Ausbau der Mitbestimmung studentischer Beschäftigter. Neben dem Erhalt der SHK-Beauftragten setzten wir uns für einen studentischen Personalrat ein.

Forschung muss dem Frieden dienen

In einer Zeit, die neben großen gesellschaftlichen Umwälzungen auch maßgeblich von internationalen Krisen und bewaffneten Konflikten geprägt ist, muss öffentliche Forschung dem Frieden dienen und nicht der Rüstungslobby. Mit dem Hochschulzukunftsgesetz wurden die Hochschulen dazu verpflichtet, einen Beitrag zu einer friedlichen und nachhaltigen Entwicklung zu leisten. Wie dieser aussehen sollte, konnten sie in der Ausgestaltung selbst bestimmen. Unter dem Deckmantel der „Entbürokratisierung“ will Schwarz-Gelb jetzt das Comeback der Militärforschung an den Hochschulen. Wir GRÜNE NRW kämpfen für eine wirkungsvolle Zivilklausel!

Demokratie, Freiheit und Verantwortung

Wir GRÜNE NRW stehen ein für demokratische Hochschulen, für ein selbstbestimmtes Studium, dafür dass der Staat Verantwortung für die Hochschulen übernimmt und dass die Hochschulen in Freiheit verantwortungsvoll handeln. Mit der geplanten Abschaffung der Beauftragten für die Belange der studentischen Hilfskräfte würde die Landesregierung verhindern, dass diese sich vor Ort sachgerechte Lösungen einsetzen. Daher lehnen wir die schwarz-gelbe Reform des Hochschulgesetzes ab und wollen stattdessen einen offenen Dialog mit allen Beteiligten, insbesondere mit den Studierenden, um zu erfahren, wo tatsächlich die aktuellen Probleme an den Hochschulen liegen und wie diese bestmöglich und im Sinne aller gelöst werden können. Wir wollen, dass die Hochschulen noch besser finanziert werden, um Lehre und Forschung auf hohem Niveau an allen Hochschulen möglich zu machen. Wir brauchen ein neues Finanzierungssystem für die Hochschulen nach klaren und vergleichbaren Indikatoren. Darüber hinaus soll der Anteil von Drittmitteln reduziert und im Gegenzug das Budget für die Grundfinanzierung deutlich erhöht und die Qualitätsverbesserungsmittel dynamisiert werden. Dazu muss auch der Bund das Land stärker unterstützen. Studiengebühren – egal in welcher Form oder für welche Gruppe – lehnen wir ab.

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