Beschluss der LDK am 14.-15.06.2019 in Neuss
Die Hochschulen in NRW haben ein Jahrzehnt der Studierenden-Rekorde erlebt. Ein Studium ist attraktiv: Akademiker*innen erzielen oft höhere Einkommen, sind seltener arbeitslos. Das ist sowohl für den Einzelnen als auch für die Gesellschaft insgesamt ein Gewinn. Auch in Zukunft wird die Studierneigung hoch bleiben, ebenso das Interesse von internationalen Studierenden, in Deutschland zu studieren.
Es gibt so viele Studierende wie nie zuvor, die soziale Schieflage beim Hochschulzugang ist geblieben. Von 100 Kindern aus Akademikerfamilien beginnen 79 ein Hochschulstudium. Bei Nicht-Akademikerfamilien studieren gerade einmal 27 von 100 Kindern. Diese Schieflage wollen wir GRÜNE NRW gerade rücken. Wir wollen sowohl berufliche als auch akademische Bildungswege attraktiver gestalten.
Hochschulstädte sind attraktive Wohnorte und erfreuen sich großer Beliebtheit. Zusammen mit den Studierenden-Rekorden stellt das viele Hochschulstädte in NRW vor große Herausforderungen. Nicht nur Aachen, Köln oder Münster melden Knappheit an bezahlbarem Wohnraum und Wartelisten für Zimmer in Studierenden-Wohnheimen. Auch in bisher günstigeren Hochschulstädten steigen die Mieten deutlich an. Auf den angespannten Wohnungsmärkten konkurrieren Studierende oft mit anderen einkommensschwachen Haushalten. Der Druck hat in den letzten Jahren auch zugenommen, weil die Zahl der Wohnheimplätze auf ein Allzeittief sank. Bundesweit kommen nach Zahlen von 2018 nur noch 9,6 Prozent aller Studierenden in einem Wohnheim unter. In NRW liegt der Anteil sogar nur noch bei 8,2 Prozent, auch wenn die absolute Zahl der Wohnheimplätze in NRW unter Rot-Grün gesteigert werden konnte.
Wir GRÜNE NRW setzen uns für gute Studien- und Arbeitsbedingungen an den Hochschulen und eine bessere soziale Situation der Studierenden in NRW ein. Studierende brauchen nicht nur einen Platz im Hörsaal oder Seminarraum, sondern auch gute Lehre, gute Studienberatung, eine Studienfinanzierung, die zum Leben reicht und ein bezahlbares Dach über dem Kopf.
Für den chancengleichen Zugang zur Hochschule ist es unerlässlich, das BAföG als zentrales soziales Förderinstrument für Bildungsaufstieg zu stärken und die miserable BAföG-Politik von CDU/CSU, SPD und FDP der letzten 15 Jahre zu beenden. Denn die Folge schwarz-rot-gelber Versäumnisse im Bund ist ein verheerender Abschwung: BAföG erhalten nur noch die wenigsten – 87 Prozent der Studierenden sind außen vor. Allein zwischen 2013 und 2017 ist die Zahl der BAföG-Empfänger*innen um dramatische 200 000 gesunken. Wir GRÜNE NRW wollen unverzüglich eine Trendumkehr einleiten und das BAföG beherzt ausbauen.
Die Änderungen, die die Bundesregierung im Rahmen ihrer 26. BAföG-Novelle plant, reichen bei weitem nicht aus, um mit den Preissteigerungen und gestiegenen Lebenshaltungskosten der Studierenden Schritt zu halten. In einem ersten Schritt müssen Fördersätze und Freibeträge darum sofort um mindestens zehn Prozent steigen, danach automatisch und regelmäßig. Auch wollen wir die Unterstützung von Studierenden, die Angehörige pflegen, sowie die Förderung von Orientierungssemestern und Teilzeitstudium im BAföG verankern. Mittelfristig muss das BAföG zu einem Zwei-Säulen-Modell weiterentwickelt werden, bestehend aus einem Zuschuss für alle Studierenden, der sie vor unzumutbaren Nebenjobs schützt, und einem zusätzlichen, individuell bemessenen Bedarfszuschuss. Beide Zuschüsse müssen nicht zurückgezahlt werden.
Die geplante Anhebung der Wohnpauschale auf bundeseinheitlich 325 Euro hilft nicht weiter. Denn damit ist in teuren Uni-Städten wie Köln, Düsseldorf, Bonn oder Münster kaum eine Bleibe zu finden. Da die Mietniveaus in den NRW-Städten unterschiedlich sind, fordern wir GRÜNE NRW eine Pauschale entlang der regionalen Staffelung nach dem Wohngeldgesetz. Denn ob arm oder reich: Wer studieren möchte, soll den Studienort danach aussuchen, ob das Studienangebot oder die Qualität von Forschung und Lehre stimmen. Wenn Bund und Länder Spitzenforschung an Exzellenz-Unis fördern, dann müssen sich dort auch Studierende ohne reiche Eltern ein Studium leisten können.
Überfällig ist zudem ein Bund-Länder-Aktionsplan Studentisches Wohnen. Wir GRÜNE NRW wollen Zwischennutzungen von Bundesliegenschaften erleichtern. Anstatt ungenutzte und leerstehende Gebäude des Landes oder des Bundes zum Höchstpreis an private Investoren zu verkaufen, sollen diese Gebäude für günstiges studentisches Wohnen geöffnet werden. Auch wollen wir Hochschulstädte zur kreativen Quartiersentwicklung ermutigen und auch innenstadtfernere Quartiere durch z.B. ein besseres Nahverkehrsangebot oder Radverkehrsanlagen für studentisches Wohnen attraktiv machen.
Als Herzstück des Aktionsplans fordern wir ein Bau- und Sanierungsprogramm für Studierendenwohnheime. Denn für Studierende ist ein Platz im Wohnheim nach dem Elternhaus die nach wie vor deutlich preisgünstigste Wohnform. 2017 lag in den Wohnheimen der Studierendenwerke die Monatsmiete bei rund 246 Euro einschließlich aller Nebenkosten. Ohne diese günstigen Wohnangebote können Personen aus finanziell schwächeren Bevölkerungsgruppen ihren Wunsch nach einem Studium nur schwer realisieren. Auch für ausländische Studierende sind Wohnheimplätze essenziell, da ihr Budget häufig weit unterdurchschnittlich ist und sie überdurchschnittlich oft nur kurz am Studienort bleiben. Sie sind daher besonders auf Wohnheimplätze angewiesen.
Mit der Erweiterung des Grundgesetzartikels 91b können Bund und Länder gemeinsam und dauerhaft in die Hochschulen investieren. Die jüngste Grundgesetz-Änderung ermöglicht es zudem, dass der Bund den Ländern Finanzhilfen im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung gewähren kann (Art. 104d). Über beide Wege muss die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für Studierende vorangetrieben werden.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN NRW fordert die schwarz-gelbe Landesregierung auf, mit der Bundesregierung und den anderen Bundesländern zügig in Verhandlungen für ein Bau- und Sanierungsprogramm einzutreten. Es soll einen möglichst großen Zuschussanteil enthalten, damit die Studierendenwerke auch künftig günstige Mieten anbieten können. Zudem fordern wir GRÜNE die Landesregierung auf, einen Teil der zweckgebundenen Finanzhilfen des Bundes für den sozialen Wohnungsbau in Wohnraum für Studierende einzusetzen und sie vor allem zusätzlich in diesen Bereich zu investieren. Es wäre niemanden geholfen, wenn das Land eigene Gelder durch die Finanzhilfen des Bundes ersetzt.
Studierendenwerke mit ihrem niedrigen Mietpreisniveau haben dämpfenden Einfluss auf die Durchschnittsmieten vor Ort. Denn sie unterliegen einem Gewinnverzicht und müssen nur ihre Gesamtkosten unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und angemessener Rücklagenbildung decken. Damit die Studierendenwerke besonders günstige Mieten anbieten können, brauchen sie eine gute staatliche Förderung. Daher fordern wir GRÜNE NRW die Landesregierung auf, den Zuschussanteil pro neuem Wohnheimplatz zu erhöhen und zusätzliche Zuschussmittel für große Instandhaltungsmaßnahmen von Studierendenwohnheimen zu gewähren.
Der Wohlstand unseres Landes beruht auf Bildung, und dafür brauchen Schüler*innen, Studierende und ihre Familien bestmögliche Unterstützung. Wir wollen gleiche Chance für alle und dafür Studieren besser finanzieren. In einer GRÜNEN Bildungsrepublik entscheiden Talent und Potenzial über Bildungserfolge, nicht das Wohnquartier, der Geldbeutel oder Pass der Eltern. Das muss uns mehr wert sein.
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