LPR-Beschluss

Für paritätische Wahllisten und quotierte Direktwahlkreise – Wir GRÜNE bleiben Vorreiterin und Vorbild für Geschlechtergerechtigkeit

Beschluss des Landesparteirats am 27.10.2019 in Essen

 

Wir GRÜNE sind seit unserer Gründung der Motor der Geschlechterdemokratie im Bund, in den Ländern und in den Städten und Gemeinden. Unser Frauenstatut gibt vor, dass Wahllisten nach dem Reißverschlussprinzip mindestens abwechselnd mit Frauen und allen Kandidierenden* unabhängig von ihrem Geschlecht zu besetzen sind (Mindestparität). Dadurch ist die Chancengleichheit für Kandidierende* gewährleistet, ihr passives Wahlrecht können Frauen so gleichermaßen wahrnehmen. Die paritätisch besetzten Wahllisten führen im Grundsatz dazu, dass auch die grünen Fraktionen mindestquotiert sind. Damit sichern die grünen Fraktionen – oft als einzige in den Parlamenten und Vertretungen – den Anspruch auf gleichberechtigte demokratische Teilhabe. Die Repräsentanz von allen Geschlechtern in ihrer Vielfalt führt dazu, dass über für alle Geschlechter relevante Themen in ihrer ganzen Bandbreite diskutiert und entschieden wird.

Die grünen Regeln zur gleichberechtigten Partizipation von Frauen an der politischen Willensbildung waren Vorbild für andere Parteien. Zu den Kommunalwahlen 2020 haben wir GRÜNE in NRW die historische Chance, erneut Vorreiterin für Geschlechtergerechtigkeit zu werden, indem wir auch die Direktwahlkreise mindestparitätisch besetzen.

Bei der Kommunalwahl 2014 haben sich GRÜNE NRW-weit mit zwölf Direktmandaten von 741 Wahlkreisen in den kreisfreien Städten durch vier Frauen und acht Männer durchgesetzt. Wir erfahren zurzeit einen besonders großen Zuspruch zu unserer Politik. Auch das Europawahlergebnis vom 26. Mai 2019 lässt hoffen, dass wir bei der Kommunalwahl 2020 größere Fraktionen in den Räten stellen werden und die Direktmandate eine wichtigere Rolle für uns spielen. In den Städten, in denen wir GRÜNE zur Europawahl stärkste Kraft wurden, könnte ein großer Anteil der Direktwahlkreise gewonnen werden. Diese Chance, die sich uns auch in vielen weiteren Städten, in denen Grüne zweitstärkste Kraft wurden, bietet, stellt uns vor die Herausforderung, die Direktwahlkreise ebenfalls quotiert zu besetzen, um nach der Wahl eine paritätisch besetzte grüne Fraktion zu erhalten und unserer Selbstverpflichtung der mindestens gleichberechtigten Repräsentanz von Frauen auch in Zukunft gerecht zu werden. Nicht-paritätisch besetzte Fraktionen sind nicht mit unseren GRÜNEN Grundsätzen und Werten vereinbar, weshalb wir diese Herausforderung ernsthaft und mit Nachdruck angehen. 

Umsetzung

Da es weder auf Bundes- noch auf Landesebene ein Parité-Gesetz gibt, haben wir keine gesetzlichen Vorgaben für die quotierte Besetzung von Direktwahlkreisen. Eine rechtliche Handhabe hierzu wird es bis zur Kommunalwahl 2020 auch nicht geben, so dass alle Formen der Umsetzung nur auf Freiwilligkeit beruhen können. Die Recherchen zeigen, dass es zu der Quotierung von Wahlkreisen deutschlandweit und international zurzeit kein Modell gibt, das eins zu eins auf unsere Situation in NRW übertragbar bzw. für uns als Partei ohne gesetzliche Grundlage landesweit anwendbar ist. In Frankreich z.B. wurde die Anzahl der Wahlkreise halbiert und es steht jeweils ein Tandem Frau/Mann zur Wahl. Letzteres ist auf Basis unseres Wahlrechts ausgeschlossen. Die Parité -Gesetzentwürfe in Brandenburg und in Thüringen – mit deutlicher grüner Handschrift – geben nur die Quotierung von Wahllisten vor. Beim Diskurs um ein mögliches Parité-Gesetz legen wir zudem auf eine verfassungsgemäße Ausgestaltung großen Wert.

Eine Möglichkeit, sich einer Mindestquotierung der aussichtsreichen Wahlkreise anzunähern, ist, die Wahlkreise in verschiedene Körbe zu gliedern: die 10 aussichtsreichsten Wahlkreise bilden den ersten Korb, die nächstaussichtsreichen 10  bilden den zweiten Korb und der dritte Korb wird aus den 10 drittaussichtsreichen Wahlkreisen gebildet. Innerhalb dieser Körbe wird jeweils eine Mindestquotierung vorgenommen. Wie viele Wahlkreise jeweils einen Korb bilden und wie viele Körbe es insgesamt gibt, ist nicht verallgemeinerbar und von der Situation vor Ort abhängig.

In einigen Städten bereiten die örtlichen GRÜNEN folgendes Verfahren für die Wahl vor: Ausgehend davon, dass auf die Reserveliste diejenigen Personen gewählt werden, die in der Wahlperiode 2020-2025 grüne Politik im Stadtrat umsetzen sollen, müssen die Direktwahlkreise in der Reihenfolge 1. Listenplatz – aussichtsreichster Direktwahlkreis, 2. Listenplatz – zweitstärkster Direktwahlkreis, usw. besetzt werden. Klar ist, dass dieses Vorgehen sehr stark von der Situation vor Ort abhängig und in vielen Kreisverbänden aufgrund gewachsener Strukturen und der Verbundenheit der Kandidierenden* nicht eins zu eins umsetzbar ist. 

Da die Situation in den Kreis- und Ortsverbänden (Wahl der Kandidat*innen für die Wahlkreise, Verwurzelung der Kandidat*innen vor Ort etc.) sehr heterogen ist, muss das Verfahren individuell gestaltet werden. Die Kreisvorstände sollten in Absprache mit den Ortsverbänden bzw. Stadtteilgruppen ein transparentes Verfahren vereinbaren, das eine paritätische Besetzung der aussichtsreichen Wahlkreise gewährleistet.

Monitoring und Begleitung durch den Landesverband
  • • Der Landesverband unterstützt die Kreis- und Ortsverbände bei Fragen der Umsetzung vor den Listenaufstellungen und der Vergabe der Direktwahlkreise. Dabei stellt die Besetzung der Direktwahlkreise für die Kreistage eine besondere Herausforderung dar.
  • • Der Landesverband empfiehlt den Kreis- und Ortsverbänden die Durchführung eines Mentoringprogramms, das Frauen auf dem Weg zur Kandidatur unterstützt. Hierfür kann der Leitfaden des Landesverbandes gut genutzt werden.
  • • Der Landesverband bietet einen Workshop zu personalisiertem Wahlkampf für Frauen, die auf aussichtsreichen Direktwahlkreisen kandidieren, an.
  • • Auch nach der Kommunalwahl bietet der Landesverband dauerhaft Mentoring- Programme an, um das Ziel der Mindestquotierung in Amt und Mandat zu unterstützen. 
  • • Der Landesvorstand wertet nach der Kommunalwahl aus, wie die kommunalen Fraktionen zusammengesetzt sind und welche Verfahren für die Umsetzung der Parität zielführend waren. Im Ergebnis wird gegebenenfalls das Frauenstatut bzw. die Satzung entsprechend angepasst.

Wir stehen in mehrfacher Hinsicht am Anfang und sollten uns erneut an die Spitze der Bewegung setzen. Diese historische Chance, erneut die gesellschaftliche Vorreiterrolle einzunehmen, werden wir GRÜNE NRW nutzen.

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