Kohle

FAQ Braunkohleabbau

 

Was bedeutet der Braunkohle-Abbau konkret für die Menschen im rheinischen Revier?

Viele Menschen im Rheinischen Revier arbeiten direkt oder indirekt in den Tagebauen oder den Kraftwerken. Für sie bedeutete die Braunkohle jahrzehntelang ein gutes und sicheres Einkommen. Gleichzeitig haben zehntausende Menschen ihre Heimat verloren, weil ihre Dörfer für den Tagebau zerstört wurden. Zwar gibt es Regelungen zur Umsiedlung an neue Orte, doch für viele war der Verlust der Heimat dennoch kaum zu ertragen und ein Umzug an den neuen Ort keine Option. Mit Merzenich-Morschenich, den Resten von Kerpen-Manheim und vor allem den fünf Dörfern am Tagebau Garzweiler gibt es nun Orte, die ursprünglich zerstört werden sollten, nun aber nicht mehr für die Braunkohleförderung in Anspruch genommen werden müssen. Dies ist einerseits ein großer Erfolg. Gleichzeitig konnten wir die unbewohnte Siedlung Lützerath nicht retten. Das ist bitter und dennoch Stand des Rechts. Denn das Oberverwaltungsgericht in Münster hat in der letzten Instanz und rechtlich eindeutig entschieden, dass Lützerath nicht erhalten werden kann. Geostatische Gutachten haben zudem ergeben, dass Lützerath innerhalb eines voranschreitenden Tagebaus nicht dauerhaft standsicher ist. Damit ist der Erhalt nicht möglich. Und wir müssen die Realität anerkennen, dass wir aktuell noch zu wenig Erneuerbare Energien in Deutschland haben, um heute sofort aus der Kohle auszusteigen. Der Ausbau wurde über Jahrzehnte verschlafen. Der russische Angriffskrieg in der Ukraine führt uns zudem unsere Abhängigkeit von russischem Gas vor Augen. Um die Versorgungssicherheit sicherzustellen, mussten wir verantwortungsvoll handeln und eine Vereinbarung mit Bund und RWE schließen. Und wir haben eine gute Vereinbarung gefunden. In politisch schwierigen Zeiten führen wir NRW verantwortungsvoll in eine klimaneutrale Zukunft. 

Was steht in der Vereinbarung mit Bund und RWE?

Die schwarz-grüne Landesregierung hat in einer Vereinbarung mit dem Bund und RWE den Kohleausstieg bis zum Jahr 2030 umgesetzt. In weniger als acht Jahren steigt NRW also endgültig aus der Kohle aus. Inmitten einer sehr ernsten Energiekrise geht NRW voran. Damit machen wir den vorgezogenen Kohleausstieg zu einer gesetzlichen Gewissheit, ohne von ungewissen Marktmechanismen abhängig zu sein. Wir setzen ein zentrales Versprechen des Koalitionsvertrages um und läuten das Ende des fossilen Industriezeitalters ein. Wir konnten fünf Dörfer vor dem Abriss bewahren und 500 Menschen die Zwangsumsiedlung ersparen. Rund 280 Millionen Tonnen Kohle bleiben sicher unter der Erde. Ohne eine Vereinbarung hätten wir das alles nicht erreicht.

Welche Ergebnisse haben die Gutachten zu Lützerath gebracht?

Die rechtliche Situation für Lützerath war bereits vor dem Regierungswechsel im vergangenen Jahr eindeutig. Das Oberverwaltungsgericht Münster hat in der Frage eindeutig entschieden. RWE besitzt alle notwendigen Genehmigungen, um die Kohle unter Lützerath in Anspruch nehmen zu können. Das Wirtschaftsministerium ließ trotzdem alle Eventualitäten für einen Erhalt Lützeraths prüfen. Dazu wurden unabhängige Gutachter beauftragt. Das zentrale Ergebnis war, dass nur mit einer Inanspruchnahme der Ortslage Lützerath die notwendigen Kohlemengen bis 2030 gefördert werden können. Dies liegt auch an einem in den nächsten Monaten deutlich erhöhten Braunkohlebedarf, der für die Versorgungssicherheit in der Energiekrise benötigt wird. Darüber hinaus wäre die Rekultivierung nicht wie vorgeschrieben möglich. Die Gutachten haben auch ergeben, dass ein Erhalt der Ortslage Lützerath in einer Halbinsellage innerhalb eines voranschreitenden Tagebaus langfristig nicht standsicher wäre. Gutachten mit anderen Aussagen gehen von gänzlich anderen Annahmen beispielsweise für Energieverbrauch aus, betrachten die Kohlebedarfe teilweise nicht jährlich aufgeschlüsselt und betrachten keine bergtechnischen Aspekte. Daher sind sie kaum vergleichbar.

Was hatten CDU und Grüne in NRW im Koalitionsvertrag zur Kohle vereinbart?

Vereinbart ist die Beendigung des Kohleausstiegs bis 2030 und der Erhalt der fünf Siedlungen des dritten Umsiedlungsabschnitts Keyenberg, Kuckum, Oberwestrich, Unterwestrich und Berverath, deren Zerstörung und Inanspruchnahme durch den Braunkohleabbau von der vorherigen Landesregierung noch geplant war. Mit dem Koalitionsvertrag haben die Grünen in NRW ihr Wahlprogramm und ihre Position zur Kohlepolitik in diesen Kernfragen vollständig mit der CDU umgesetzt. Nach der ähnlichen Vereinbarung zur Bildung der Ampelkoalition im Bund im Herbst 2021 gibt es endgültig Planungssicherheit für die mehreren hundert Menschen, die noch in den betroffenen Orten leben. Das Ende der Braunkohleförderung in NRW bis 2030 – also in weniger als acht Jahren – ist damit politisch endgültig beschlossen. Ein Erfolg der Klimabewegung, der noch vor nicht allzu langer Zeit als unerreichbar galt.

Wieso ist der Ausstieg aus der Braunkohle wichtig für die Einhaltung der Klimaziele?

Der Ausstieg aus der Braun- aber auch aus der Steinkohleverstromung ist klimapolitisch so elementar, weil die Emissionen der Kohlekraftwerke so groß sind, dass eine Einhaltung der Klimaziele ohne einen Ausstieg faktisch nicht vorstellbar ist. Durch keine andere Maßnahme können so schnell so viele Emissionen eingespart werden. Zudem gibt es vor allem mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien eine ausgereifte Alternative, die vergleichsweise schnell und einfach den Strom aus Kohlekraftwerken ersetzen kann. Dies unterscheidet den Energiesektor beispielsweise vom Sektor Industrie, wo noch nicht alle für Klimaneutralität notwendigen Verfahren heute schon marktreif sind.

Ist das 1,5-Grad-Ziel trotz des Abbaus der Kohle unter Lützerath noch zu schaffen?

Ja, das ist möglich. Der frühere Kohleausstieg im Jahr 2030 leistet dazu einen Beitrag. Durch diese Entscheidung wird nur noch die Hälfte der ursprünglich genehmigten Kohlemenge im Tagebau Garzweiler II in Anspruch genommen. Hierdurch verbleiben ordnungsrechtlich gesichert insgesamt mindestens 280 Millionen Tonnen Kohle im Boden. Dies entspricht rund 280 Millionen Tonnen CO2. Das alleine wird für das 1,5-Grad-Ziel nicht reichen, zumal in der aktuellen Situation kurzfristig mehr Braunkohle verstromt wird. Damit NRW seinen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leistet, sind schnelle Fortschritte für eine Energiewende erforderlich. Die erneuerbaren Energien müssen ausgebaut und Gebäude optimal gedämmt werden. Auch die CO2-Emissionen im Verkehr müssen massiv reduziert werden. Wir haben im Koalitionsvertrag mit der CDU unter anderem vereinbart, dass wir den Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch auf rund 80 Prozent bis 2030 erhöhen wollen und dass wir ÖPNV und Radverkehr erheblich stärken wollen.

Steht nicht der Kohleausstieg durch die Folgen des Angriffs von Putin auf die Ukraine infrage?

Richtig ist, dass wir durch die Drosselung der Gaslieferungen aus Russland gezwungen sind, zusätzliche Kohlekraftwerke aus der Reserve zurück an den Strommarkt zu bringen. Der zusätzliche Kohlestrom soll die Stromerzeugung durch Erdgas reduzieren. Dadurch wird absehbar der Kohlebedarf in den nächsten zwei bis drei Jahren gegenüber bisherigen Planungen steigen. Dieser kurzfristige Mehrbedarf an Kohle hat aber keine Auswirkungen auf das klare Ziel der Landesregierung, den Kohleausstieg in NRW bis 2030 abzuschließen.

Wie gestalten wir den Strukturwandel nach der Kohle in NRW?

Auf Empfehlung der Kohlekommission hat die Bundesregierung die Beschlüsse zum Kohleausstieg mit Zusagen für umfangreiche Strukturfördermittel für die betroffenen Regionen verknüpft. NRW hat insgesamt Anspruch auf bis zu 14,8 Mrd. Euro an Mitteln aus dem Bundeshaushalt. Diese Mittel sollen in Projekte fließen, die einen nachhaltigen Strukturwandel und das Ziel einer klimaneutralen Industrieregion unterstützen. Wir haben im Koalitionsvertrag mit der CDU vereinbart, dass wir die Prozesse und Strukturen optimieren werden.

RWE plant nach Paragraph 47 des Kohleverstromungsbeendigungsgesetz mit einer Kohle-Reserve für seine Kraftwerke. Wird RWE auch nach 2030 Kohle verfeuern?

Das entscheidet nicht RWE sondern das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes NRW (MWIKE). Klar ist: Wir haben den Kohleausstieg um acht Jahre auf 2030 vorgezogen und wir werden alles geben, dass die Reserve nicht gebraucht wird. Dafür brauchen wir mehr erneuerbare Energien und bessere Rahmen für Wind- und Sonnenenergie. Erste Schritte hat die schwarz-grüne Landesregierung bereits gemacht: Mit einem Erlass hat das MWIKE mehr Flächen für Wind- und Photovoltaik-Anlagen freigemacht. Und noch in diesem Jahr wollen wir den pauschalen Tausend-Meter-Abstand zwischen Windparks und Wohnbebauung für das sogenannte Repowering abschaffen – also für die Modernisierung alter Anlagen mit größeren Generatoren. Damit können wir in relativ kurzer Zeit bestehende Anlagen aufrüsten und mit der gleichen Anzahl an Windturbinen deutlich mehr Strom produzieren. Diese ersten Erfolge zeigen, dass NRW starke und progressive Kräfte in Parlament und Ministerium braucht, um das Ende der Kohleverstromung schnell und sicher zu schaffen und NRW zur ersten klimaneutralen Industrieregion Europas zu machen.

Was ist eigentlich Braunkohle und wieso wird sie in NRW abgebaut?

Braunkohle besteht aus vielen Millionen Jahre altem organischem Material, das in Mooren als Torf nur teilweise zersetzt und über die Jahre durch hohen Druck verkohlt wurde. Heute wird die in großen Tagebauen abgebaute Braunkohle vor allem zur Stromerzeugung in großen Kraftwerken verbrannt, teilweise aber auch zu Briketts verarbeitet und in Privathaushalten zur Wärmeversorgung genutzt. Wegen des vergleichsweise geringen Energiegehalts ist ein überregionaler Transport, anders als bei der Steinkohle, die aus unterschiedlichen Ländern nach NRW importiert wird, nicht sinnvoll. Daher stehen die Braunkohlekraftwerke in direkter Umgebung der Tagebaue. Bei der Verbrennung der Braunkohle wird das über Millionen Jahre gespeicherte CO2 in kurzer Zeit in großen Mengen freigesetzt. Daher setzen wir uns als GRÜNE schon viele Jahre für einen schnellstmöglichen Ausstieg aus dem Abbau und der Nutzung der Braunkohle ein.

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