Wie lässt sich Wohnen zukünftig nachhaltiger gestalten, um uns auf den 1,5-Grad Pfad zu bringen? – Diese Frage diskutierten Expert*innen aus Politik, Verbänden und Praxis beim dritten 1,5-Grad Soundingboard der Grünen NRW am 19.3.2024.
Nach einer Begrüßung der Landesvorsitzenden der Grünen NRW, Yazgülü Zeybek, umriss ein Wissenschaftler des Wuppertal Instituts wichtige Stellschrauben, durch die ein Wandel zu nachhaltigem Wohnen gelingen kann. Er machte deutlich, ändern müssen sich nicht nur die verwendeten Technologien, sondern auch das Verständnis unserer Gesellschaft von gutem Wohnen: Führt mehr Wohnfläche immer zu mehr Wohnqualität? Sollte Neubau Standard oder Ausnahme sein? Wie kann Wohnungseigentum effizient organisiert sein? Wie kann Gemeinschaftsfläche dem Vorteil aller dienen?
Es herrschte Konsens: Wollen wir klimaschädliche Gase einsparen, brauchen wir Umbau statt Neubau. Beim Neubau eines Gebäudes werden große Mengen klimawirksamer Gase freigesetzt, beispielsweise durch die Produktion von Materialien wie Zement. Diese sogenannten grauen Emissionen werden eingespart, wenn man ein bestehendes Gebäude umnutzt. Durch diesen „Vorsprung“ ist, auf die Bestandsdauer eines Gebäudes gerechnet, ein Umbau oft klimafreundlicher als ein Neubau, selbst wenn der Neubau einen höheren Energie-Effizienzstandard aufweist.
In Deutschland herrscht Sanierungsstau im Wohngebäudebestand. Mögliche Werkzeuge könnten anlassbezogene Sanierungsverpflichtungen, z.B. bei Verkauf, Vererbung etc. sowie ein deutlicher Anstieg der CO2-Bepreisung sein.
Ein angemessenes Wohnangebot kann auf verschiedene Weise entstehen. Neubau kann vermieden werden, wenn man in bestehenden Gebäuden, z. B. in ungenutzten Bürogebäuden in den Innenstädten neue Wohnungen schafft. In Zeiten von Home-Office und Online-Einkäufen kann auf bisherigen Büro-oder Ladenflächen neuer Wohnraum entstehen. Auch ein Umdenken bei der Wohnfläche schafft neuen Wohnraum: Oft wohnen Menschen auf mehr Wohnfläche als sie brauchen und wollen, insbesondere ältere Menschen müssen leichter eine geeignete kleinere Wohnung finden. Durch einen Umbau können aus einer Wohnung zwei werden.
Auf dem Weg zu nachhaltigem Bauen sind drei Aspekte bei Bestandssanierungen von hervorgehobener Bedeutung:
1. Gesetze und bürokratische Abläufe anpassen
Mehr Personal in Bauämtern beschleunigt Genehmigungsverfahren. Man müsse weg vom Perfektionismus und dürfe an einen Umbau nicht die gleichen Ansprüche stellen wie an einen Neubau. Zum Beispiel könnten Abstriche beim Schallschutz gemacht werden. Dafür schlugen Teilnehmende des Soundingboards eine Änderung der Landesbauordnung vor. Diese müsse auch die Umnutzung von Gewerbe- und Bürofläche zu Wohnraum erleichtern. Auch eine Änderung des Wohnungseigentumsgesetz sei denkbar, um beispielsweise die hohen Hürden für Sanierungen innerhalb von Wohnungseigentümergemeinschaften (WEGen) anzupassen.
2. Finanzielle Möglichkeit für Investitionen schaffen
Manche Wohnungsbesitzer*innen können die finanziellen Mittel für eine Sanierung nicht aufbringen oder sind der Meinung, eine Investition würde sich aufgrund ihres eigenen Alters für sie nicht rentieren. Mit Umkehrimmobilien können ältere Menschen Geld für einen Hausverkauf erhalten, aber trotzdem im Haus wohnen bleiben. Es sind auch Modelle denkbar, in denen Menschen in die Sanierung von Gebäuden in ihrem Quartier investieren, die nicht ihnen selbst gehören.
3. Die Menschen mitnehmen
Auch wenn der Staat die wichtige Aufgabe hat, die Förderkulissen zielgerichteter zu gestalten, können nicht sämtliche finanzielle Mittel vom Staat kommen. Nur durch die Bereitschaft von Immobilien-Eigentümer:innen kann die Bauwende gelingen. Dies muss durch entsprechende Anreize sowie durch mehr Planungssicherheit für Unternehmen wie Privatpersonen ermöglicht werden. Die Bereitschaft kann weiterhin gesteigert werden durch Transparenz, klare Kommunikation und mögliche Leuchtturmprojekte.
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