Wir blicken zurück auf ein ereignisreiches politisches Jahr 2017. Seit der Landtagswahl ist ein Dreivierteljahr vergangen. Wir haben in zahlreichen Veranstaltungen, Mitgliederbefragungen, Foren und Gesprächen die Ursachen für die bittere Wahlniederlage bearbeitet. Diesen Prozess gestalten wir offen und selbstkritisch, um für die Zukunft daraus zu lernen. Dass wir zur Bundestagswahl bereits ein Stück des Vertrauens zurück gewinnen konnten und immer mehr Menschen Mitglied bei uns werden, motiviert uns, diesen Prozess weiter zu gestalten. Als Oppositionspartei konnten wir GRÜNE in NRW die Kürzungspolitik der schwarz-gelben Landesregierung in Teilen verhindern. Wir zeigen klare ökologische und soziale Alternativen für ein lebenswertes und solidarisches NRW auf. Der lobbygetriebenen Politik von Schwarz-Gelb setzen wir unsere politische Alternativen klar und erkennbar entgegen.
Die AfD ist 2017 in den Bundestag und NRW-Landtag eingezogen und verschiebt den politischen Diskurs weiter nach rechts. Der Start in das Jahr 2018 ist geprägt von einem Rechtsruck neuen Ausmaßes in der Parteienlandschaft. Politiker*innen der rechtsextremistischen AfD provozieren bewusst mit ihren rassistischen Tweets. Aus den Reihen der CSU und FDP verschaffen sich Politiker*innen mit ausgrenzenden und populistischen Thesen regelmäßig Aufmerksamkeit, die die gesellschaftliche Spaltung und Abwertung von Minderheiten voran treibt.
Wir GRÜNE streiten für eine widerstandsfähige, weltoffene Zivilgesellschaft, die sich durch eine humanitäre und rechtsstaatliche Flüchtlingspolitik auszeichnet. Wir wollen einen gesellschaftlichen Wohlstand, an dem mehr Menschen teilhaben können und der unsere Lebensgrundlagen nicht zerstört. Dabei zählen für uns Werte wie Solidarität und Zusammenhalt und nicht Einzelkämpfertum und Ausgrenzung. Und es ist gut für unsere Demokratie, wenn diese Unterschiede auch zum Ausdruck kommen. Genauso klar ist aber: Gegen rechtsextremistische Parteien und Nazis, die mit ihren provozierenden rassistischen, homophoben, antisemitischen und diskriminierenden Äußerungen hetzen, verbünden wir uns weiterhin mit den gesellschaftlichen Kräften, die ebenfalls ein starkes, freiheitliches, tolerantes, politisches Gemeinwesen und die Rechtsstaatlichkeit verteidigen.
GroKo: Kleines Karo statt mutige Politik
Spätestens in der Jamaika-Sondierungsphase ist deutlich geworden: Die Parteien sind nicht gleich. Und es ist gut für unsere Demokratie, wenn diese Unterschiede auch zum Ausdruck kommen. Noch ist nichts entschieden, aber das Ergebnis der Sondierungen für eine große Koalition zeigt: Es macht einen gewaltigen Unterschied – auch für NRW – ob GRÜN im Bund mitregiert. Schon vor der Regierungsbildung wirkt diese GroKo müde und mutlos. Kein Anspruch für die Lösung der großen Herausforderungen unserer Zeit: dem Klimawandel, weltweiten Migrationsbewegungen, der digitalen Revolution, den Gerechtigkeitslücken, der Gestaltung des Zusammenhalts unserer Gesellschaft oder einer gerechten, krisenfesten Finanzierung des Gemeinwesens. Einzig beim Thema Europa besteht Hoffnung, dass die GroKo gemeinsam mit Macron ambitionierte Ziele verfolgen wird. Letzteres begrüßen wir.
Klimaschutz und Energiewende sind bei der Neuauflage der GroKo hingegen abgesagt. Einst verbindliche internationale Klimaziele werden handstreichartig kassiert. Dass der Kohleausstieg es überhaupt ins Sondierungspapier von CDU und SPD geschafft hat, ist reine Symbolik – ohne einen konkreten Ausstiegszeitpunkt und -fahrplan bleibt er eine hohle Phrase. Bei Klima und Umweltschutz muss in den Koalitionsverhandlungen nachgebessert werden. Sonst garantieren wir der selbst ernannten Klimakanzlerin und ihrem Kabinett Großproteste , mit GRÜNEN und ihren Verbündeten an der Spitze, die Mehrheit der Gesellschaft im Rücken.
Die Flüchtlingspolitik hat die SPD bereits einer kleinen radikalen Minderheit in Bayern geöffnet: Mit der zynischen Begrenzung des Familiennachzugs macht die CSU das Recht auf Familie zur Lotterie für die Schutzsuchenden. Die doppelte Obergrenze, sowohl beim Familiennachzug, als auch bei der Aufnahme von Geflüchteten, ist unter humanitären Gesichtspunkten völlig inakzeptabel. Gleiches gilt für die geplanten Sammellager für Asylbewerber*innen. Der besondere Schutz unbegleiteter Minderjähriger wird zudem ausgehebelt. Wir GRÜNE in NRW lehnen die geplante Ausweitung der so genannten „sicheren Herkunftsstaaten“ und die damit einhergehende Beschränkung der Rechte von Betroffenen weiterhin ab. Wesentliche für den gesellschaftlichen Zusammenhalt notwendige Prinzipien wie Solidarität oder auch humanitäre Hinwendung werden mit diesen Plänen aufgegeben. Es wäre an der Zeit, mutig und entschlossen wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung von Fluchtursachen zu vereinbaren – stattdessen entscheidet sich die GroKo, lieber dem gesellschaftlichen Rechtsruck hinterherzulaufen.
Aber auch wer nach den vollmundigen Versprechen des Gerechtigkeits-Kanzlerkandidaten Schulz und seiner Partei auf ein Maßnahmenpaket zur Schließung der Gerechtigkeitslücken gehofft hatte, wird schwer enttäuscht: Es gibt keine großen Würfe, weder bei der Bekämpfung der Kinderarmut, bei der Überwindung der Zweiklassenmedizin, bei der Besteuerung von Superreichen oder für ein zukunftsfestes Rentenkonzept. Zentrale Themen wie Maßnahmen gegen Altersarmut, BAföG oder sozialer Wohnungsbau werden zwar angesprochen, bleiben aber unverbindlich.Im Finanzierungsplan findet sich davon nichts wieder. Damit bleiben viele Menschen in NRW auf ihren Problemen sitzen. Das kleine Karo der Großen Koalition löst die Fragen jedenfalls nicht und auch die Landesregierung hat keine Ambitionen, die soziale Ungleichheit in NRW zu bekämpfen.“
Lobbyisten-Kabinett: Falsche Startsignale
Es ist wirklich bemerkenswert, in welch atemberaubenden Tempo Schwarz-Gelb noch im Wahlkampf großspurig angekündigte Versprechen abräumt: Mehr statt weniger Staus, der verlangsamte Ausbau der Glasfaserleitungen für schnelleres Internet und eine weitgehende Amnesie in Sachen Haushalts- und Finanzpolitik oder Schuldenabbau, fehlende Steuererleichterungen für Häuslebauer sind nur wenige Beispiele für gebrochene Wahlversprechen. Hinzu kommen gleich mehrere Minister*innen und Aufsichtsratsmitglieder mit ganz offensichtlichen Interessenkonflikten, verprellte Gewerkschaften sowie der Versuch, das Sozialticket dem Bau weniger Kilometer Autobahn zu opfern. Das alles macht deutlich: Armin Laschet und seinem Kabinett fehlt der politische Kompass und sie sparen auf dem Rücken der Ärmsten in unserer Gesellschaft.
GRÜNE gestalten aus der Opposition mit
Die letzten Monate haben gezeigt: Unsere Oppositionsarbeit lohnt sich. Denn – noch – scheut die Landesregierung den direkten gesellschaftlichen Konflikt und lenkt ein, wenn der Druck groß genug wird.
Durch eine groß aufgesetzte Kampagne konnten wir GRÜNE gemeinsam mit unseren Verbündeten erreichen, dass das Sozialticket vorerst bestehen bleibt und die Förderung nicht, wie von Verkehrsminister Wüst zunächst angekündigt, bereits ab 2018 abgebaut wird. Für uns ist klar, das Sozialticket ist eine Gemeinschaftsaufgabe aller Ebenen und hier darf sich die Landesregierung nicht aus der finanziellen Verantwortung gegenüber den Kommunen stehlen. Mobil sein zu können, ist wichtiger Bestandteil sozialer Teilhabe.
Auch bei der sozialen Beratung von Geflüchteten wollte das schwarz-gelbe Kabinett den Rotstift ansetzen und insbesondere bei den Schwächsten massiv kürzen. Auf unseren Druck hin hat die Landesregierung nun zugesagt, alle Stellen weiter zu finanzieren.
Der juristische Druck der Klage des Bundes für Umwelt- und Naturschutz (BUND NRW) zusammen mit dem von uns unterstützten breiten zivilgesellschaftlichen Protest hat die Landesregierung dazu bewogen, bis Herbst 2018 keine Rodungen im Hambacher Wald zuzulassen. Armin Laschet hat damit den grünen Vorschlag eines Moratoriums aufgegriffen.
Ob bei Friedrich Merz als Aufsichtsrat, den Minister*innen Stephan Holthoff-Pförtner oder Christina Schulze-Föcking – im LobbyistInnen-Kabinett herrschen offensichtliche Interessenkonflikte bei Minister*innen und Aufsichtsratsmitgliedern. Eine Personalentscheidung musste Armin Laschet mittlerweile unter unserem Druck ändern und entzog dem Medienunternehmer Holthoff-Pförtner das Medienressort.
Entfesselung – früher hieß es „Privat vor Staat“
Doch auf diesen Erfolgen können wir uns nicht ausruhen. Denn so orientierungslos die schwarz-gelbe Landesregierung im politischen Alltagsgeschäft wirkt, so entschieden hält sie gerade in der Wirtschafts- und Umweltpolitik an ihrer Ideologie der Entfesselung fest – und meint damit nichts anderes als den Abbau ökologischer und sozialer Standards. In den sprachlich hübsch verpackten„Entfesselungspaketen“ mutet die Landesregierung vielen Arbeitnehmer*innen in NRW mehr Sonntagsarbeit zu, ermöglicht Sozial- und Umweltdumping durch Steuergelder, eröffnet der schrankenlose Versiegelung von Flächen Tür und Tor und stellt der Windenergie enorme Hürden in den Weg.
Viele Menschen in NRW treiben die steigenden Mieten um – doch hier bleiben CDU und FDP untätig. Weder wird die Mietpreisbremse wirksamer ausgestaltet, noch in bezahlbaren Wohnraum investiert. Im Gegenteil: Stattdessen geht Schwarz-Gelb mit der Abrissbirne durch das Mietrecht und will neben der ersatzlosen Streichung der Mietpreisbremse gleich noch eine Reihe von weiteren Verordnungen zum Schutz vor zu hohen Mieten ersatzlos rasieren. Notwendige Investitionen in eine Infrastruktur, die überall im Land für gleichwertige Lebensbedingungen sorgen, bleiben aus. Diese Kürzungen und fehlenden Investitionen werden das politische und soziale Klima in NRW weiter verschärfen.
Nicht zuletzt mit dem Vorhaben, Studiengebühren für ausländische Studierende wieder einzuführen zeigt sich, dass gerade die FDP trotz neuem, modernen Anstrich letztlich die neoliberale Politik der Vergangenheit fortführt. Wir lehnen die geplante Diskriminierung von Nicht-EU-Ausländern und den erneuten Einstieg in ein Bezahl-Studium ab. Eine Ausländermaut an unseren Universitäten grenzt aus, wo internationaler Austausch und Offenheit so dringend benötigt wird: NRWs Hochschulen leben von der Internationalisierung.
Gerade für Menschen mit Behinderung fehlt es nach wie vor an geeignetem Wohnraum. Die Regelung zur Schaffung von rollstuhlgerechten Wohnungen, die noch Rot-Grün in der Landesbauordnung verankert hatte, wurde von CDU und FDP wieder zurückgenommen. Für die 350.000 Menschen in NRW, die auf einen Rolli angewiesen sind, bleibt es so auf lange Sicht bei dem für sie prekären Wohnungsmarkt.
Auch der Großteil der pflegebedürftigen Menschen möchte in der eigenen Häuslichkeit leben und nicht ins Heim. Wir GRÜNE haben deshalb in den letzten Jahren den Ausbau ambulanter Wohn- und Pflegeformen und die Ausrichtung der Wohnquartiere auf die Belange von Menschen mit Pflege- und Unterstützungsbedarf gefördert. CDU und FDP wollen dies zurückdrehen und wieder den Ausbau von Großeinrichtungen befördern. Das freut Großinvestoren und lässt die Menschen, die vielerorts noch nach Alternativen suchen im Regen stehen. Gerade mal 6.000 Plätze in ambulanten Pflege-WGs oder Hausgemeinschaften stehen 170.000 Pflegeheimplätze gegenüber. Eine Wahlmöglichkeit sieht anders aus. Das Menschenrecht auf die freie Entscheidung, `wo und wie ich im Alter wohnen und gepflegt werden will`, wird so weiter eingeschränkt.
Auch in der Schulpolitik zeigt sich das soziale Spaltungspotenzial der schwarz-gelben Koalition. Die gesamtgesellschaftliche Aufgabe der Inklusion wird einseitig auf die integrativen Schulen verlagert, das Gymnasium soll zudem in Ressourcen privilegiert werden. Anstatt mit einem reformierten Sozialindex Schulen in besonderen sozialen Lagen landesweit in ihren Aufgaben zu stärken, soll den sogenannten 30 Talentschulen privates Kapital auf die Sprünge helfen. Unsere grüne Schulpolitik stellt sich gegen eine Politik, die die soziale Spaltung verschärft.
Für den Erhalt und Ausbau von Arbeitsplätzen kämpfen
Trotz des Strukturwandels sind industrielle Arbeitsplätze ein wichtiges Fundament unserer nordrhein-westfälischen Wirtschaft. Politik muss sich für deren Erhalt einsetzen und die Rahmenbedingungen für einen weiteren Ausbau innovativer Geschäftsfelder schaffen. Dabei sind Werte wie Solidarität und Tradition keinesfalls im Widerspruch zu zukunftsfähigen Arbeitsplätzen zu sehen. Umso beschämender sind manche Unternehmensentscheidungen zu bewerten, die den kurzfristigen hohen Unternehmensgewinn vor die Sicherung und Schaffung insbesondere von Industriearbeitsplätzen stellt. Funktionierende Strukturen bei Siemens oder General Electric in Mönchengladbach sollen zerschlagen werden, obwohl massive Investitionen in die Standorte geflossen sind, die z.B. auch die Tätigkeit von schwerbehinderten Kolleg*innen ermöglichen und obwohl die Auftragsbücher voll sind – allein um vermeintlich noch höhere Gewinnmargen eines Mutterkonzerns nicht zu gefährden.
Auch der einseitige Konsolidierungsprozess im Luftfahrtbereich zu Lasten der Beschäftigten ist nicht akzeptabel und stößt auf den Widerstand der GRÜNEN. Der notwendige Abwicklungsprozess bei airberlin ist ein schlimmes Beispiel dafür, wie Konzerne wie z.B. die Lufthansa ihre Ziele durchsetzen. Die Zeche zahlen einseitig die Beschäftigten von airberlin.
In all diesen Prozessen muss sich die Landesregierung als Interessenvertreter der Beschäftigten und des Standortes NRW verstehen, ohne die Solidarität der Beschäftigten untereinander zu gefährden. Daher muss sie sich viel stärker aktiv als Moderator in die Prozesse einbringen, Konzepte der Belegschaften aufgreifen und unterstützen, damit Werke wie z.B. in Mönchengladbach dauerhaft erhalten bleiben können.
Besonders unverständlich sind dabei die ideologiegetriebenen Angriffe auf den für den Maschinenbau wichtigen Bereich der Windkraft und weitere Zweige der erneuerbaren Energien. Die vernichtende Kritik aller Expert*innen nicht nur aus der Wissenschaft, sondern auch aus dem Bereich der kommunalen Szene sollte die Landesregierung zu einem Umsteuern bewegen. Wir brauchen dringend einen konstruktiven und innovativen Prozess, um den notwendigen Konversionsprozess u.a. im Braunkohlerevier zu steuern und dynamisieren. So wird es möglich sein, soziale Härten für die Beschäftigten zu vermeiden, neue Arbeitsfelder zu erschließen und auch die Solidarität des Bundes für den Umbauprozess zu erhalten. Es ist Zeit anzupacken, um hier Zukunft zu gestalten.
Ideologiegetriebene Energiepolitik
Nirgends zeigt sich die ideologische Modernisierungsfeindlichkeit so stark wie beim schwarz-gelben Kampf gegen der Windkraft. Schon im Wahlkampf machten CDU und FDP populistische Stimmung gegen den Ausbau der Windenergie. Die Wahlversprechen gilt es jetzt umzusetzen: Mit der Ankündigung absurd hoher Abstandsregeln oder der Einschränkung von Möglichkeiten des Repowerings für Windkraftanlagen sorgt Schwarz-Gelb bereits jetzt für massive Unsicherheit in den Kommunen und der Erneuerbaren Energien Branche und gefährdet damit tausende Arbeitsplätze. Was als „Erhöhung der Akzeptanz“ für die Windkraft verkauft wird, ist in Wirklichkeit deren massive Einschränkung. Darin sind sich inzwischen auch Expert*innen einig – doch die Landesregierung lässt sich in ihren Plänen nicht beirren. Auch zukunftsweisende Forschungsprogramme wie „Fortschritt NRW“, das unter anderem die Erforschung emissionsarmer Energieversorgung und Mobilität der Zukunft fördert, will Schwarz-Gelb ersatzlos streichen– zu ideologiegetrieben sei diese Forschung. Für uns GRÜNE steht fest – wer so massiv an den Energieträgern von gestern festhält und gegen Zukunftstechnologien arbeitet, der enttarnt sich als wahrer Ideologe. Für die Erhöhung der Akzeptanz der Windkraft fordern wir GRÜNE eine Beteiligung der Bürger*innen an den wirtschaftlichen Vorteilen der Windkraft – zum Beispiel mit Bürger*innenwindparks. Auf Bundesebene muss sich die Landesregierung für eine Reform des EEG einsetzen, insbesondere das Ausschreibungssystem muss dringend reformiert werden. Stattdessen wird im Koalitionsvertrag mit der Streichung von Vorrangflächen für Windenergie eine ganze Branche ins Nichts geführt.
Wer die Erneuerbaren so entschieden bekämpft, bleibt auf Braunkohle angewiesen – wir GRÜNE stehen innerhalb der Parteien NRWs aktuell allein auf weiter Flur mit unserer Forderung, schrittweise aus der Braunkohle auszusteigen. Die angestrebten Kompromisse der Jamaika-Sondierungen auf Bundesebene hätten mit dem Abschalten von sieben Gigawatt Kohlekraftkapazität den Kohleausstieg eingeleitet – gleichzeitig wäre genug Zeit geblieben, Zukunftsperspektiven für das Rheinische Revier aufzubauen. Stattdessen halten CDU, SPD und FDP weiterhin an dem Technologiedinosaurier fest und entkoppeln NRW damit von einer längst stattfindenden globalen Entwicklung. Aus einem Energieerzeugungsland NRW würde dadurch auf Dauer ein Energiebezugsland NRW.
Ein energiepolitisches Ziel Armin Laschets – das auch schon die alte rot-grüne Landesregierung verfolgte – unterstützen wir hingegen ausdrücklich: Sein Engagement gegen den gefährlichen Schrottreaktor Tihange weist in die richtige Richtung. Allerdings: NRW-Braunkohlestrom als alleinige Lösung des Problems zu präsentieren und ihm damit einen Öko-Anstrich zu verpassen, ist mehr als durchschaubar. Wenn Armin Laschet es ernst meint mit Tihange, muss er die Brennelementelieferungen aus Gronau nach Belgien stoppen.
So wird es nichts mit der Mobilitätswende
Zu wenig Einsatz kam bisher von der Regierung Laschet im Bereich Diesel. Wer sich als Ministerpräsident aller Menschen in NRW versteht, darf die Millionen Leidtragenden des Dieselskandals nicht im Abgas-Regen stehen lassen. Der Dieselskandal ist auch ein sozialer Skandal, denn die am meisten von den giftigen Stickoxiden betroffenen Menschen sind einkommensschwache Bewohner*innen der verkehrsreichen Innenstädte. Sie wohnen meist an den Einfallstraßen in unsere Großstädte, da dort noch bezahlbarer Wohnraum vorhanden ist. Ihre Interessen dürfen nicht gegen die der Autofahrer*innen ausgespielt werden. Die Lösung kann nicht sein, dreckige Luft per Gesetz für sauber zu erklären. Ohne sofortige wirksame Nachrüstung von Dieselautos wird es nicht gehen. Die Zeit drängt, will man Fahrverbote noch vermeiden. Denn die vom zweiten Dieselgipfel angekündigten Maßnahmen zum Ausbau des emissionsarmen ÖPNV sind zwar richtig – doch dauern sie in der Umsetzung viel zu lang. Die Bundesregierung drückt sich mit Unterstützung der NRW-Landesregierung davor, die Autobauer in die Pflicht zu nehmen.
Begrüßenswert finden wir GRÜNE, dass Schwarz-Gelb unsere Ideen zu einem einheitlichen Ticketsystem in Nahverkehr aufgreift. Dass ausgerechnet die Abschaffung des Sozialtickets hierzu der Auftakt sein sollte, lässt allerdings an der guten Absicht für einen umweltfreundlichen und bezahlbaren ÖPNV zweifeln.
Gesunde Landwirtschaft gibt es mit uns
Die persönliche Verantwortung der Landwirtschaftsministerin Christina Schulze-Föcking im Schweinemastskandal ist immer noch nicht aufgeklärt – letztlich stehen die Zustände im Stall ihrer Familie für uns GRÜNE aber auch stellvertretend für ein System, das Tierwohl und Umweltschutz bei Weitem nicht ausreichend berücksichtigt. Leider sind hier von Schwarz-Gelb keine Verbesserungen zu erwarten. Dabei ist die Landwirtschaft selbst dringend darauf angewiesen, dass die Akzeptanz der Bevölkerung für Lebensmittelproduktion wieder steigt – das geht nur, wenn man mit der Natur wirtschaftet statt gegen sie. Doch Schwarz-Gelb belässt es gerne bei Sonntagsreden für den Umweltschutz – und unternimmt nichts oder zu wenig gegen das Artensterben und die hohe Nitratbelastung im Trinkwasser. Durch die ersatzlose Streichung des Fünf-Hektar-Grundsatzes, wird dem hemmungslosen Flächenverbrauch Tür und Tor geöffnet. Diese Flächen fehlen der Natur, der Naherholung und letztlich der Erzeugung regionaler Lebensmittel.
Gerade nach dem unverantwortlichen Alleingang von CSU-Landwirtschaftsminister Schmidt bei der Zulassung des Pflanzengifts Glyphosat ist es wichtig, Themen wie die Pestizidreduktion vor Ort selbst in die Hand zu nehmen. Obwohl einzelne Behörden, unabhängige Labore und etliche Studien dem Totalherbizid Glyphosat ein besorgniserregendes Zeugnis ausstellen, wird durch die EU-Zulassungsverlängerung und dem vagen GroKo-Kompromiss das Vorsorgeprinzip in Europa und Deutschland mit Füßen getreten. Nicht nur das aufgrund unabhängiger Studien gezogene Fazit der Weltgesundheitsorganisation Glyphosat sei „wahrscheinlich krebserregend“ wird bei der Zulassung als irrelevant betrachtet. Auch die Studien zu Resistenzbildung von Bakterien gegen Antibiotika und die mineralstoffbindende Eigenschaft, die dem Ackerboden und der Nahrungspflanze wichtige Mineralstoffe entzieht, werden ignoriert. Immer mehr Städte in NRW und viele ökologisch wirtschaftende Bäuer*innen verzichten auf Chemie bei der Unkrautbekämpfung. Wir GRÜNE verstehen uns hier als Beschützer einer gesunden Umwelt und Natur. Wir arbeiten mit denjenigen, die sich gesunde Lebensmittel wünschen und denjenigen, die sie verantwortungsvoll produzieren wollen, zusammen. Deshalb setzen wir uns auch aus der Opposition heraus für Pestizidreduktion ein und wollen Bündnisse für pestizidfreie Regionen schmieden.
Wir bleiben in Bewegung
Die vergangenen Monate haben gezeigt, in welche Richtung es im Jahr 2018 weiter gehen wird: Wir GRÜNE sind immer dann besonders schlagkräftig und wirksam, wenn wir mit Bündnispartnern in der Zivilgesellschaft zusammenarbeiten. Zu den langjährigen Bündnispartner*innen aus der Umweltbewegung, Frauenbewegung, Menschenrechtsorganisationen und Gewerkschaften kommen neue hinzu: Unternehmen in der Start-Up-Szene, Mittelstand und Industrie, die die Zeichen der Zeit erkannt haben und eine sozial-ökologische Modernisierung in NRW vorantreiben. Sie wünschen sich eine Regierung die sie unterstützt bei der Modernisierung. In der Zusammenarbeit mit diesen Gruppen liegt für uns ebenso der Schlüssel zum Erfolg wie in einer konstruktiv-kritischen Oppositionsarbeit – wir konfrontieren die Regierung mit ihrer fehlenden Glaubwürdigkeit, argumentieren gegen eine Politik, die rückwärtsgewandt und nicht nachhaltig ist und zeigen politische Alternativen auf und arbeiten daran, dass sie auch aus der Opposition heraus in die Landespolitik einfließen.
Wir wollen in Zeiten des Erstarkens autoritärer und antidemokratischer Kräfte das Korrektiv sein, welches sich zur Aufgabe macht Orientierung und Halt zu geben. Wir wollen zeigen, dass wir als Gesellschaft durch Zusammenhalt und Solidarität gewinnen, mit Ausgrenzung und bedingungslosem Wettbewerb dagegen verlieren. Wir werden in NRW grüne Akzente setzen und entschieden für unsere Inhalte eintreten. Im Land auch aus der Opposition, mit Unterstützung der vielen grünen Kommunalpolitiker*innen. Was uns motiviert: Wir sind im vergangen Jahr um 5 Prozent gewachsen und sind so viele grüne Mitglieder wie noch nie. Das zeigt: wir können erfolgreich dafür arbeiten, dass sich immer mehr Bürger*innen mit grüner Politik identifizieren. Daran werden wir anknüpfen und noch mehr Menschen für unsere Ziele und Werte begeistern.
Beschlossen auf der LDK vom 20.01.2018
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