Die Kommunen in NRW stehen trotz des umfangreichen Konjunkturprogramms für kommunale Investitionen vor einer dramatischen Finanzsituation
Das kurze Einnahmehoch im Jahr 2008 und der Geldsegen für die kommunalen Investitionen aus dem Bundeskonjunkturprogramm dürfen nicht darüber hinweg täuschen, dass auf die Kommunen in NRW ab 2010 ein drastischer Einruch ihrer Einnahmen und eine gleichzeitige Explosion der Soziallasten zu kommt.
Aufgrund der von der schwarz-gelben Landesregierung mit verschuldeten Finanzlage hat sich der Investitionsstau in den Kommunen massiv verschärft. Allein im Zeitraum 2006 bis 2008 hat das Land den Kommunen Mittel in Höhe von ca. 2,4 Mrd. Euro vorenthalten. Die Landesregierung behält einen größeren Anteil der Gemeinschaftssteuern für sich als die rot-GRÜNE Landesregierung 2005 – und das trotz viel höherer Steuereinnahmen. Einige Kommunen werden bei der Umstellung auf das NKF eine negative Eröffnungsbilanz vorlegen müssen und sind damit nach den Regeln der Gemeindeordnung überschuldet, für andere Kommunen wird die Überschuldung spätestens in den nächsten zwei Jahren festzustellen sein.
Viele Kommunen haben wegen ihrer Altschulden dringend notwenige Investitionen in Schulen, Kindergärten, Energiesparmaßnahmen hinauszögern müssen. Sichtbares Zeichen für die schlechte Finanzlage der Kommunen ist der weiterhin bestehende Rekordstand bei den Kassenkrediten. Seit 2003 haben sich diese mehr als verdoppelt. Heute entfällt die Hälfte aller Kassenkredite bundesweit auf Kommunen in NRW, davon allein die Kommunen im Ruhrgebiet und im Bergischen Dreieck mit 8,62 Mrd. Euro wiederum mehr als die Hälfte. Mit 14,6 Mrd. Euro für die Kommunen in NRW im ersten Quartal setzte sich der Trend zu immer höheren Kassenkrediten auch in 2009 fort.
Die Schere zwischen armen und reichen Kommunen hat sich in Deutschland immer weiter geöffnet. Ohne Gegenmaßnahmen wird sich dieser Trend weiter verstärken. Haben sich in den letzten beiden Jahren die Kommunalfinanzen in einigen Bundesländern im Konjunkturhoch deutlich verbessert, so mussten die Kommunen in Rheinland-Pfalz, im Saarland und in NRW weiter zusätzliche Kassenkredite in Anspruch nehmen, um ihre laufenden Aufgaben zu finanzieren. Dabei nahmen die NRW-Kommunen erneut eine Spitzenstellung nach dem Saarland und Rheinland-Pfalz ein. Studien belegen: In NRW geht eine im Vergleich durchschnittliche Finanzausstattung aus Landeszuweisungen mit einem außerordentlich hohen Grad der Kommunalisierung von öffentlichen Ausgaben, insbesondere der Sozialausgaben, einher. Damit ist deutlich, dass die finanzschwachen Kommunen die Situation nicht selbst verschuldet haben, sondern diese ist Resultat einer fortwährenden strukturellen Unterfinanzierung bei gleichzeitig ansteigenden Aufgaben. Auch die Möglichkeiten eigene Finanzmittel zu erschließen, sind besonders bei den Kommunen in strukturschwachen Regionen erheblich eingeschränkt. So erzielt beispielsweise die Stadt Düsseldorf bei einem Gewerbesteuerhebesatz von 445 Punkten ein Gewerbesteueraufkommen von 1916 Euro je Einwohner, die Stadt Duisburg kommt bei bei einem Hebesatz von 470 Punkten gerade einmal auf 504 Euro je Einwohner.
Statt in diesen Kommunen mit unzulänglichen und drastischen kommunalaufsichtlichen Verfügungen die Lage oftmals noch zu verschlechtern, muss ein Maßnahmenpaket des Landes den Kommunen wieder Handlungsperspektiven eröffnen. Gekoppelt an den Nachweis eigener Sparbemühungen muss eine Altschuldenhilfe greifen. Es darf nicht sein, dass das Land sich hinter der kommunalen Selbstverwaltung verschanzt und ausschließlich auf die Eigenbemühungen der Kommunen verweist. Denn diverse Gutachten machen deutlich: etliche Kommunen aus den strukturschwachen Regionen des Ruhrgebiets und des Bergischen Dreiecks sind trotz intensivster Einsparanstrengungen nicht in der Lage, mittelfristig zu einem ausgeglichen Haushalt zu kommen.
Die Kommunen des Ruhrgebietes und des Bergischen Dreiecks haben einen wissenschaftlich erarbeiteten Vorschlag für ein Entschuldungskonzept für ihre Kommunalfinanzen vorgelegt. Er sieht einen Entschuldungsfonds zur Eigenkapitalsicherung als Nothilfe vor. Er kann jedoch nur funktionieren, wenn zeitgleich sichergestellt wird, dass die Kommunen eine Aufgaben angemessene Finanzausstattung erhalten. An diese Eigenkapitalhilfe sollen strikte Bedingungen geknüpft sein, die sicherstellen, dass es nicht erneut zu einer Lastenverschiebung auf die nachfolgenden Generationen kommt. Damit liegt ein konkreter und durchdachter Vorschlag auf dem Tisch. Das Land darf nun nicht länger weg sehen, sondern muss sich der Finanzsituation der Kommunen in NRW endlich stellen.
Alle Kommunen brauchen eine verlässliche und auskömmliche Finanzierung ihrer Aufgaben – Nothaushaltskommunen müssen wieder handlungsfähig gemacht werden
Wir Grüne wollen starke und lebendige Kommunen. Kommunen sind der Ort, an dem Bürgerbeteiligung, freiwilliges Engagement und Formen demokratischer Teilhabe unmittelbar gelebt und erfahren werden. Grüne stehen für die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung, für mehr Bürgerbeteiligung und die Sicherung der kommunalen Finanzen ein.
Wer die kommunale Handlungsfähigkeit und die Daseinsvorsorge für die BürgerInnen nicht nur in Sonntagsreden im Munde führt, muss den Kommunen wieder die Kraft zur Selbsthilfe geben. Der kommunalen Selbstverwaltung und der kommunalen Daseinsvorsorge kommen in NRW besondere Bedeutung zu, denn gerade in NRW werden besonders viele öffentliche Aufgaben durch die Kommunen erledigt. Deswegen fordern die GRÜNEN NRW:
- Die Landesregierung muss die Debatte um den kommunalen Finanzausgleich nutzen und für eine auskömmliche Finanzausstattung der Kommunen in NRW sorgen, die dem hohen Kommunalisierungsgrad von öffentlichen Aufgaben in NRW entspricht. Es muss die Regelungen zur Konnexität endlich strikt einhalten und darf nicht weiter Aufgaben und Lasten ohne angemessenen finanziellen Ausgleich auf die Kommunen abschieben.
- Die Landesregierung muss seinem Verfassungsauftrag nachkommen und den Kommunen eine angemessene Finanzausstattung zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben und zur Umsetzung der kommunalen Selbstverwaltung aus den Gemeinschaftssteuern bereit stellen. Es darf nicht länger hingenommen werden, dass ganze Regionen von Entwicklungschancen abgehängt werden und die dort lebenden Menschen sich mit massiven Einschnitten bei der kommunalen Daseinsvorsorge abfinden sollen.
- Die Landesregierung muss den Kommunen, die nachweislich aus eigener Kraft nicht mehr zu genehmigungsfähigen Haushalten kommen können, mit einem Sonderprogramm zur Entschuldung verhelfen. Diese Kommunen müssen bei den Kosten für Zinsen und Tilgung von Altschulden entlastet werden. Nur so können sie zu ausgeglichenen Haushalten zurückkehren. An diese Altschuldenhilfe müssen strikt einzuhaltende Bedingungen und der Nachweis von Eigenbemühungen geknüpft werden.
- Die Landesregierung darf durch ihre haushaltsrechtlichen Vorgaben und kommunalaufsichtlichen Eingriffe Kommunen nicht daran hindern, sich wirtschaftlich sinnvoll zu verhalten und muss ihnen ermöglichen, sich für die Modernisierung der eigenen Liegenschaften und die Entwicklung von Zukunftschancen zu engagieren.
- Auf Bundesebene muss sichergestellt werden, dass die Gewerbesteuer in ihrem Charakter als kommunale Wirtschaftssteuer erhalten und gestärkt wird, indem ihre Bemessungsgrundlage durch die Einbeziehung der freien Berufe erweitert wird. Die Einheitslasten müssen bundesweit auf den Prüfstand gestellt werden. Strukturschwache Kommunen in Ost und West müssen gleich behandelt werden.
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