Ungleiche Bezahlung, Kinderzeit oder Altersarmut – Frauen kämpfen mit weitaus mehr Widrigkeiten in ihrem Berufsleben als Männer. Eine besondere Hürde ist der (Wieder-)Einstieg nach einer Kinderauszeit oder einer Rolle als Hausfrau. Genau hier setzt das Projekt Stoffwechsel in Wuppertal an – und bietet maßgeschneiderte Angebote für Frauen.
Je länger die Arbeitslosigkeit, desto schwieriger wird es, einen Job zu bekommen. Diese Nachricht ist immer wieder aus den Jobcentern zu hören. Besonders betroffen davon sind Frauen, die häufiger und länger arbeitslos sind als Männer, auch wenn die Beschäftigung von Frauen insgesamt zunimmt.
Ein Grund für einen Bruch im Berufsleben bei Frauen ist die Familienplanung. Besonders herausfordernd ist die Vereinbarkeit von Beruf und Kind für Alleinerziehende – die fast immer weiblich sind und deren Anteil steigt.
An dieser Stelle setzt “stoffwechsel” an: Hier helfen die Mitarbeiter*innen den Frauen, sich wieder ins Berufsleben zu integrieren. „Es geht darum, arbeitslosen Frauen eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen“, betont Nicole Fuhrmann. Zusammen mit 16 Kolleg*innen begleitet sie das Projekt als Sozialpädagogin. Und dabei geht es um mehr als um berufliche Qualifikation. Denn viele sind bereits länger arbeitslos. Ein wichtiger Aspekt ist es daher, die „Wahrnehmung für eigene Stärke und Talente zu fördern“, so Fuhrmann. So sollen die Frauen Selbstvertrauen gewinnen und wieder Lust auf einen Job bekommen.
Individuelle Förderung
Diesem Leitbild entsprechend liegt der Fokus liegt auf einer individuellen Förderung. Deshalb beginnt die Teilnahme bei stoffwechsel mit einem ausführlichen Aufnahmegespräch. Dabei wird der Hintergrund der Teilnehmerin beleuchtet: Wie sieht die persönliche Geschichte aus, welchen familiären Hintergrund hat sie und warum hat sie Schwierigkeiten, einen Job zu finden?
In der Maßnahme arbeiten die Frauen dann in der Regel an vier Tagen in einem der Arbeitsbereiche: Je nach Interesse lernen sie theoretische und fachliche Inhalte in den Bereichen Wäscherei, Schneiderei, Verkauf, Verwaltung oder Dekoration.
Zusätzlich findet einmal wöchentlich eine Beratung statt. Neben Berufsplanung und Bewerbungstraining geht es dabei auch um persönliche Probleme. Denn „jemand, der wegen Geldsorgen nicht schlafen kann, kann sich auch nicht um seine beruflichen Perspektiven kümmern“, so Fuhrmann.
750 Frauen in fünf Bereichen
Seit 2007 haben die Mitarbeiter*innen von „stoffwechsel“ so über 750 Frauen geschult. Barbara Steins, die Initiatorin des Projektes, hat mit 30 Plätzen und drei Werkstätten angefangen. Mittlerweile sind es 90 Plätze und fünf Werkstätten – inklusive Kinderbetreuung und einem Spezialprogramm für Migrantinnen.
stoffwechsel migra heißt es und richtet sich an Frauen, die kaum Deutsch sprechen und häufig wenig Berufserfahrung oder überhaupt keine Ausbildung haben. „Hier geht es insbesondere darum, das Sprachverständnis zu schulen, Selbstvertrauen zu gewinnen und Ängste abzubauen“, erklärt Nicole Fuhrmann. Denn viele der Frauen bei stoffwechsel migra werden nicht von ihrer Familie unterstützt und müssen ihre Kinder allein häuslich versorgen.
Hilfe zur Selbsthilfe
Nicole Fuhrmann ist stolz auf die Frauen bei stoffwechsel: „Keine geht so, wie sie gekommen ist“, sagt sie. Einige von ihnen schaffen den direkten Sprung in die Arbeitswelt, andere werden in Zusammenarbeit mit dem Jobcenter in andere Qualifizierungsmaßnahmen vermittelt.
Bis dahin stehen die Mitarbeiter*innen ihnen zur Seite, oft ist es klassische Sozialarbeit. Ob Schuldnerberatung, Ärztevermittlung oder Begleitung bei Amtsgängen: Die Angebote von stoffwechsel sind vielfältig – genau wie die Frauen im Projekt. „Jede schreibt ihre eigene Biografie“, betont Nicole Fuhrmann, „wir unterstützen und begleiten sie dabei“. Und damit helfen die Mitarbeiter*innen den Frauen, einen Platz in unserer Gesellschaft zu finden – auch mit ihrer Vielfalt.
Neuste Artikel
LDK-Beschluss
Damit die „Gurbet“ Zuhause bleibt
Beschluss der Landesdelegiertenkonferenz am 24. Mai 2025. „Gurbet“ – das ist das türkische Wort für „Fremde“ und es steht für so vieles. Es steht vor allem mit all seinen Facetten sowie Widersprüchen für das neue Zuhause der Millionen Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter in Deutschland. Nordrhein-Westfalen, so wie wir es heute als Zuhause kennen, haben wir auch…
LDK-Beschluss
Stationäre Kinder- und Jugendhilfe in NRW zukunftssicher aufstellen
Beschluss der Landesdelegiertenkonferenz am 24. Mai 2025. Die stationäre Kinder- und Jugendhilfe spielt eine entscheidende Rolle bei der Unterstützung von Kindern und Jugendlichen, die aus verschiedenen Gründen nicht in ihren Herkunftsfamilien aufwachsen können. Diese Kinder und Jugendlichen brauchen ein Umfeld und bestmögliche Bedingungen, um Erfahrungen zu verarbeiten, Ressourcen zu entwickeln und Entwicklungsaufgaben zu bewältigen. In…
LDK-Beschluss
Aufruf an die Bundesregierung: unnötige Castortransporte verhindern!
Beschluss der Landesdelegiertenkonferenz am 24. Mai 2025. Angesichts der beeindruckenden Fortschritte bei der Energiewende, vor allem hier bei uns in NRW, in den letzten Jahren und einer sich immer weiter verschleppenden Endlagersuche in Deutschland zu horrenden Kosten, wirkt der aktuelle Beschluss unseres Nachbarlandes Belgien, den eigenen Atomausstieg wieder rückgängig zu machen, wie aus der Zeit…
Ähnliche Artikel
Vielfaltstour
Vielfalt fährt besser
Interkulturelle Kompetenz wird bei der Rheinbahn in Düsseldorf groß geschrieben. Das Unternehmen hat die Integration von Migrant*innen schon früh als Chance begriffen und versteht sich als multikultureller Arbeitgeber. Damit fährt die Rheinbahn seit Jahren erfolgreich – und hat mittlerweile zahlreiche Preise abgeräumt. „Unsere Fahrgäste in Düsseldorf sind enorm vielfältig“, erklärt Dietmar Stoffels, Abteilungsleiter für Personalstrategie…
Vielfaltstour
Vielfalt International
„Jeder Mensch ist einzigartig. Das ist ein Vorteil, für jeden individuell aber auch für Unternehmen“, davon ist die Metro Group überzeugt und macht den Angestellten entsprechende Angebote – Kinderfreizeit, Elder Care und Mitarbeiternetzwerke inklusive. Internationaler geht’s kaum: In 30 Ländern ist die Metro Group aktiv, allein in Deutschland arbeiten Menschen aus rund 130 Ländern für den…
Vielfaltstour
Die Einheit der Verschiedenen
“Die Einheit der Verschiedenen” – So lautet der Titel der diesjährigen Programmreihe der „Düsseldorfer Beiträge für interkulturelle Verständigung“. Aufgelegt werden die seit 2000 jährlich stattfindenden vielfältigen Aktionen und Veranstaltungen vom Netzwerk „Respekt und Mut“, dem inzwischen 50 Kooperationspartner*innen aus ganz Düsseldorf angehören. Dem demonstrativen Aufstehen gegen Rechts wird das diskursive und kreative Eintreten für Humanität,…