Die Welt hat noch einmal eine große Chance. Vom 30. November bis zum 11. Dezember 2015 findet in Paris die UN- Klimakonferenz (COP21) statt.Dort wird entschieden, worauf die Erderwärmung zusteuert.
Die Welt steht am Scheideweg: Die Folgen der Klimaveränderung sind so spürbar wie noch nie zuvor. Neben extremen Wetterlagen wie Dürren, Unwettern und Orkanen drohen Konflikte und Kriege um schwindende Ressourcen. Immer mehr Menschen verlieren ihre Heimat, ihre wirtschaftlichen Lebensgrundlagen, ihren Lebensraum und die Möglichkeit, in Sicherheit zu leben. Neben dem Zerfall von Staaten, Terror und Krieg wird die Klimakrise zukünftig eine der Hauptursachen für Flucht und Migration werden. Daher müssen wir die Herausforderung des Klimawandels gerade vor dem Hintergrund gegen der aktuellen Flüchtlingskrise annehmen. Beides gehört zusammen. Wer diesen Zusammenhang leugnet, trägt die Verantwortung für die Schaffung neuer Fluchtursachen.
Der gegenwärtige Klimawandel ist kein Schicksal, sondern das Ergebnis menschlichen Handelns und Versagens. Noch können die Regierungschef*innen verbindliche Regeln festlegen, um den globalen Temperaturanstieg auf zwei Grad zu begrenzen. Dafür muss ein Großteil der weltweiten Vorräte an Kohle, Öl und Gas im Boden bleiben, auch in Nordrhein-Westfalen. Und das Ziel die Erwärmung auf maximal 2 Grad Celsius zu begrenzen muss in Paris völkerrechtlich verbindlich verankert, der Einstieg in 100 % Erneuerbare Energien festgelegt und die weltweite Dekarboniserung bis Mitte des Jahrhunderts festgelegt werden.
Deutschland bleibt Taten schuldig
Noch im September wurden in New York von den Vereinten Nationen die ambitionierten 17 Ziele der UN-Nachhaltigkeitsagenda Sustainable Development Goals (SDG) bestätigt. Deren Umsetzung muss auch Leitlinie des Regierungshandelns der Bundesregierung werden. Dazu zählt ebenfalls einen Plan vorzulegen, wie Deutschland endlich die 0,7% des Bruttoinlandsproduktes für Entwicklungszusammenarbeit bereit stellen wird. Als führendes Industrieland, welches im Zuge seiner wirtschaftlichen Entwicklung selbst massiv dazu beigetragen hat die Klimakrise herauf zu beschwören, muss Deutschland Verantwortung übernehmen. Doch die Bundesregierung versagt auf ganzer Linie: Statt eines klaren Bekenntnisses zu sauberen Energien vergolden Union und SPD den Kraftwerksbetreibern den viel zu langsamen Ausstieg aus der Kohle. Das geschieht obendrein auf Kosten der Verbraucherinnen und Verbraucher, die dafür in kommenden Jahren mit bis zu 1,6 Mrd. € belastet werden. Die sogenannte Kapazitätsreserve führt zu weiteren, von der Allgemeinheit über die Stromrechnung zu bezahlende Kosten von mindestens 130-260 Mio. € pro Jahr.
Klimaschutz durch nachhaltige Verkehrspolitik findet praktisch nicht statt: Der Bund verweigert Ländern und Kommunen die nötigen Mittel zum Ausbau des klimafreundlichen ÖPNV, die Förderung von Elektromobilität ist zögerlich und kommt über Symbolpolitik nicht hinaus. Die EEG-Novelle 2014 würgt mit dem Umstieg auf Ausschreibungen das bürgerschaftliche Engagement innerhalb der Energiewende ab und beschädigt damit ihre Akzeptanz. Nicht einmal ein Jahr nach seiner Verabschiedung ist bereits klar, dass entscheidende Bausteine des Klimaaktionsprogramms der Bundesregierung nicht umgesetzt werden und die Klimaschutzziele damit wahrscheinlich verfehlt werden.
NRW geht voran – wir wollen Vorreiter werden
Der Klimaschutz in NRW nimmt dagegen Zug um Zug Gestalt an: 2011 erfolgte der Startschuss mit dem ambitionierten Klimaschutz-Startprogramm, 2013 hat der Landtag das bundesweit erste Klimaschutzgesetz mit verbindlichen CO2-Minderungs- und Ausbauzielen für Erneuerbare Energien verabschiedet. Im Jahr 2015 steht der Klimaschutzplan NRW zur Verabschiedung durch den Landtag an, der in einem bundesweit beispiellosen Beteiligungsprozess erarbeitet wurde und die roadmap auf dem Weg zur Erreichung unserer Ziele darstellt.
Dank uns wird mit der Leitentscheidung zu Garzweiler II zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik ein bestehender Braunkohletagebau verkleinert. Die Verstromung von Kohle ist ein Modell der Vergangenheit. In der Zukunft ist für diese klimaschädliche Art der Energiegewinnung kein Platz.
Wir setzen auf Sonne und Wind. Für uns steht Kraft-Wärme-Kopplung genauso im Mittelpunkt der Energiewirtschaft wie die Nutzung dezentraler Technologien, eine nachhaltige Gebäudewirtschaft, Systemlösungen bei Speichern und der Aufbau von Netzen mit intelligentem Management. Auf diesem Weg machen wir aus dem Land von Kohle und Stahl ein nachhaltiges Zukunftsprojekt: NRW geht voran. Wir wollen Klimaschutz-Vorreiter werden – bundesweit- und darüber hinaus.
NRW hat als europäische Drehscheibe mit seinem dichten Netz von Wasserwegen, Schienen, Straßen und Luftverkehren eine besondere Bedeutung für den Klimaschutz. Daher setzen wir uns für eine klimafreundliche Mobilität in allen Verkehrsbereichen ein. Wir wollen die Daseinsvorsorge im ÖPNV/SPNV flächendeckend sichern und die Förderung des Radverkehrs stärken.
Auch bei der Entwicklung der ländlichen Räume haben wir den Klimaschutz im Auge. Mit Hilfe von agrarökologischen Systemen, Kreislaufwirtschaft, dezentraler Energiepolitik und der Abkehr von extensiven großindustriellen Produktionsformen wollen wir eine solidarische und klimafreundliche Landwirtschaft als Modell der Zukunft etablieren.
Als aktives Mitglied in der Climate Group, eines internationalen Zusammenschlusses von Regionen, hat NRW an einem Positionspapier zu einem neuen Weltklimaabkommen mit gearbeitet, das die besondere Rolle der Regionen im Klimaschutz aufzeigt, deren ausdrückliche Berücksichtigung in diesem Abkommen gefordert wird.
Um den Verhandlungen in Paris einen zusätzlichen Schub zu geben ist NRW der von Kalifornien und Baden-Württemberg gegründeten Klimaschutzinitiative “Under2” beigetreten. Bereits 44 Städte und Regionen haben sich darin zusammen geschlossen, in der Absicht die Erderwärmung unter 2 Grad Celsius zu halten. Diese werden sich in Paris als best-practice vorstellen und belegen: Klimaschutz ist machbar.
Gesellschaft, Wirtschaft und Industrie: Klimaschutz ist ein Gemeinschaftsprojekt
Uns ist klar: es kommt darauf an, wirksamen Klimaschutz sicherzustellen und zeitgleich die Investitions- und Innovationsmöglichkeiten des Industrielandes NRW zu erhalten. Denn nur durch Innovationen kann die notwendige Senkung des Ausstoßes von Treibhausgasen gelingen. Deshalb setzen wir auf die Zusammenarbeit mit Industrie,-Wirtschaft und Landwirtschaft. Sie sind zwar auch Teil des Problems, aber unbedingt Teil der Lösung! Das liegt im ökonomischen Eigeninteresse. Studien belegen, dass weltweit steigenden Temperaturen die Wirtschaftskraft um fast ein Viertel vermindern. Nur eine Industrie, die auch ökologische Verantwortung übernimmt und auf Klimaschutz und Nachhaltigkeit setzt, ist zukunftsfähig. Klimaschutz ist ökonomische Vernunft und ökologische Notwendigkeit. Wir streben ein ökologisches und soziales Wirtschaftssystem an, das den Menschen in den Mittelpunkt stellt und nicht mehr gegen die Natur arbeitet.
Klimaschutz funktioniert nur dann, wenn wir die Kreativität, Kraft und Kompetenz der Zivilgesellschaft nutzen und fördern. Unsere Partner sind seit jeher die Umwelt- und Naturschutzverbände, vor allem aber setzen wir auf die Menschen in unserem Bundesland: Klimaschutz in NRW ist immer auch Klimaschutz von unten! Er beginnt in jeder Stadt und in jedem einzelnem Dorf. Über 120 Städte und Gemeinden zwischen Rhein und Weser haben bereits eigene Klimaschutzkonzepte aufgelegt. Klimaschutz findet auf jedem Dach und in jedem Heizungskeller statt, in den Produktionshallen der Betriebe, auf den Straße, Schienen und Wasserwegen NRWs, an den Ladentheken und auf den Feldern.
Viele haben sich bereits aufgemacht – alle Menschen in NRW können Klimaretterin oder ein Klimaretter werden. Die nächste Generation ist auf dieses Engagement angewiesen.
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