Am 18. September 2024 fand das fünfte 1,5 Grad Soundingboard der Grünen NRW statt, um sich den dringenden Herausforderungen des Fachkräftemangels im öffentlichen Verkehr (ÖPNV) zu widmen. Vertreter*innen aus Politik, Verbänden und Praxis diskutierten dabei unter der Leitung der Landesvorsitzenden Yazgülü Zeybek über die zentrale Rolle qualifizierter Arbeitskräfte für die Umsetzung der Verkehrswende, welche ein Schlüssel zur Klimaneutralität ist.
Der bereits heute in Form zahlreicher Fahrtausfälle spürbare Personalmangel im ÖPNV wird sich in den nächsten Jahren stark verschärfen. Grund dafür ist, dass eine durch anstehende Renteneintritte erheblich verminderte Beschäftigtenzahl, die einer erhöhten Zahl benötigter Arbeitskräfte für die Mobilitätswende gegenübersteht. Für dieses Problem wurden folgenden Lösungsmöglichkeiten die höchste Bedeutung zugeordnet:
Arbeitskräfte aus dem Ausland
Zuwanderung könnte viele Stellen besetzen, jedoch fehlen oft Strukturen zur Unterstützung, wie allgemeine und berufsbezogene Sprachkurse.
Attraktive Arbeitsbedingungen
Das Image des ÖPNV als attraktiver Arbeitgeber ist ausbaufähig. Durch zielgerichtete Werbung und gezielte Ansprache von Interessierten soll der Berufseinstieg in die Branche erleichtert werden.
Die Branche muss sich den Anforderungen der Beschäftigten, wie z. B. familienfreundlicheren Dienstplänen, anpassen.
Wie in jedem Beruf braucht es gute Löhne. Ohne ein angemessenes Gehalt können Arbeitskräfte gerade in Großstädten keine Wohnung finanzieren. Auch die Wiedereinführung von Werkswohnungen könnte eine Option sein. Erreicht werden können gute Löhne durch faire Tarifverträge. Hier dürfen Zug, Bahn und Bus nicht gegeneinander ausgespielt werden.
Finanzierung
Eine verlässliche Finanzierung durch Bund, Länder und Kommunen ist essenziell. Die Politik muss sich zum ÖPNV als Rückgrat der Klimawende bekennen. Um Unternehmen Planungssicherheit zu bieten sind langfristige Finanzierungspläne nötig.
Verkehrsbetriebe sind gleich zweifach herausgefordert: durch die Antriebswende (Austausch von Fahrzeugen durch solche mit klimafreundlichem Antrieb) und die Mobilitätswende (mehr Verbindungen mit Bus und Bahn). Hinzu kommen u.a. gesteigerte Personalkosten, die Notwendigkeit neuer Betriebshöfe und mehr Ressourcen für Aus- und Weiterbildung.
Bürokratieabbau
Fach- und Arbeitskräfte, die für bürokratische Aufgaben eingesetzt werden müssen, fehlen im Fahrbetrieb. Ebenso wird die Digitalisierung der Branche wird durch komplizierte Förderprozesse verzögert. Die Bürokratie schafft auch Hürden beim Einsatz von ausländischen Arbeitskräften.
Reform des Ausbildungssystems
Die Anforderungen an die Ausbildung müssen überprüft und modernisiert werden, um mehr Menschen den Berufseinstieg zu ermöglichen. Beispielsweise wäre eine Senkung des Mindestalters für Busfahrer*innen von 24 auf 21 Jahre denkbar.
Doch nicht nur zum Berufseinstieg ist eine effiziente Ausbildung nötig. Technologische Entwicklungen erfordern Weiterbildungen, ein Berufsleben lang. Ist dies nicht garantiert, können an der Branche Interessierte von der Vorstellung abgeschreckt werden, ihr Arbeitsplatz werde früher oder später „wegdigitalisiert“.
Gesellschaftliches Umdenken bei der Verkehrswende
Die Finanzierung der Verkehrswende muss sozial gerecht gestaltet werden, um den Rückhalt der Menschen in Deutschland nicht zu verlieren. Kosten dürfen nicht allein auf Verbraucher*innen abgewälzt werden.
Des Weiteren muss die bisherige Priorisierung des Individualverkehrs bei Planung und Finanzierung zugunsten des ÖPNVs verschoben werden.
Neuste Artikel
LDK-Beschluss
Demokratie stärken durch Wissenschaftsfreiheit
Beschluss der Landesdelegiertenkonferenz am 25. Mai 2025. Die Freiheit der Wissenschaft gerät in verschiedenen Regionen der Welt zunehmend unter Druck. So blicken wir mit großer Sorge auf die aktuellen Entwicklungen in den USA: Die Trump-Administration greift die Wissenschaft zum Zwecke eines rechten Kulturkampfes in den USA, bisher eine der forschungsstärksten Staaten der Welt, gerade frontal…
LDK-Beschluss
Für Artenvielfalt, Klima und Umwelt: Ökolandbau in Nordrhein-Westfalen voranbringen!
Beschluss der Landesdelegiertenkonferenz am 25. Mai 2025. Auch wenn die Krise der Artenvielfalt und die Klimakrise aktuell aufgrund diverser geopolitischer Konflikte weniger im Fokus stehen, so sind sie doch weiter existent und noch lange nicht gelöst. Seit langem gilt die intensive Landwirtschaft als ein wesentlicher Treiber insbesondere des Artensterbens. Hier führt die intensive Nutzung dazu,…
LDK-Beschluss
Zukunftsfähigkeit beginnt mit dem Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen
Beschluss der Landesdelegiertenkonferenz am 25. Mai 2025. Deutschland nach der Bundestagswahl CDU/CSU und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag in vielen Politikbereichen einen Roll-back in die Vergangenheit vereinbart. Diese Politik hat keine Antwort auf die existenziellen Herausforderungen der Überschreitung der planetaren Grenzen, der Klimakrise und des Artensterbens – und ist zugleich nicht in der Lage, den…
Ähnliche Artikel
Soundingboard
Soundingboard am 13. Mai 2025 zur Änderung des Landesentwicklungsplan
Was hat Klimaschutz mit Flächenpolitik zu tun? Ganz schön viel. Denn wir brauchen Flächen – zum Beispiel für mehr Grün in überhitzten Städten, für Hochwasserschutz oder um der Natur Raum zurückzugeben. Gerade an Flüssen haben wir ihr über Jahrzehnte Stück für Stück die Fläche geraubt. Das rächt sich jetzt: Starkregen, überlaufende Bäche, nasse Keller….
Soundingboard
Soundingboard zum Thema Nachhaltige Stadtplanung am 31. März 2025
Beim siebten 1,5-Grad Soundingboard der Grünen NRW am 31. März 2025 stand das Thema „Nachhaltige Stadtplanung“ im Fokus. Expert*innen aus Verwaltung, Wissenschaft und Zivilgesellschaft traten unter der Moderation der Landesvorsitzenden Yazgülü Zeybek zusammen, um Herausforderungen zu analysieren und Lösungsansätze zu diskutieren. Die Teilnehmenden widmeten sich der zentralen Frage, wie eine nachhaltige Stadtplanung der Erreichung…
Soundingboard
Soundingboard zum Thema Wasser am 17. Juni 2024: Herausforderungen und Lösungen aus der Perspektive der Grünen NRW
Am 17. Juni 2024 haben wir, GRÜNE NRW, ein weiteres 1,5-Grad Soundingboard veranstaltet, um uns einem drängenden Thema zu widmen: Wasser, unsere wertvolle Ressource, die durch den Klimawandel immer stärker unter Druck gerät. Expert*innen aus Politik, Verbänden und Praxis kamen zusammen, um über nachhaltige und verantwortungsvolle Wege im Umgang mit Wasser zu diskutieren. Wasser…