Nach der massiven sexualisierten Gewalt in Köln müssen Rechtsstaat und Politik Vertrauen zurückgewinnen
Der 31. Dezember 2015 war ein schwarzer Tag für die Polizeiarbeit in Köln und für das Sicherheitsgefühl der Menschen in unserem Land. Wir sind weiterhin entsetzt und verurteilen die Taten auf das Schärfste. Nach den massiven Übergriffen in der Silvesternacht ist das Gefühl von Angst und Unsicherheit gewachsen.
Offene Gewalt gegenüber Ausländer*innen und engagierten Menschen nimmt zu. Allgemeine Respektlosigkeit greift um sich. Die Umfrageergebnisse für die rechtspopulistischen Hetzer*innen von der AfD schnellen in die Höhe. Auf den Straßen in Düsseldorf, Mönchengladbach und anderswo patroullieren Bürgerwehren. Mit „Schutz“ oder „öffentlicher Sicherheit“ hat das nichts zu tun: teilweise werden die Nachtwächter*innen-Patrouillen selbst übergriffig, erzeugen zusätzliche Arbeit für die Polizei und dienen vorrangig als Vorwand für rechte Gewalt. Bürgerwehren haben auf unseren Straßen nichts zu suchen.
In dieser Situation ist gemeinsames Handeln aller demokratischen Kräfte gefordert: Es gilt, die Vorfälle in Köln weder zu bagatellisieren, noch zu instrumentalisieren. Der im Landtag beantragte parlamentarische Untersuchungsausschuss muss rückhaltlos die Ereignisse in Köln aufklären, damit für die Zukunft Verbesserungen umgesetzt werden können. Dies ist seine Aufgabe und nicht offene Rechnungen mit dem Innenminister zu begleichen.
Als liberale Rechtsstaatspartei halten wir unsere Grundrechte hoch und verteidigen sie. Innere Sicherheit muss durch wirksame Maßnahmen durchgesetzt werden, nicht durch das Rütteln an Eckpfeilern unseres Rechtsstaats, wie dem Grundrecht auf Asyl, der Genfer Konvention, der Unschuldsvermutung und fairen Gerichtsverfahren. Wir stellen uns gegen eine populistische Vermischung von sicherheitspolitischen und asyl- bzw. integrationspolitischen Maßnahmen. Alle Menschen müssen vor jeder Art von Gewalt, gerade auch sexualisierter Gewalt, geschützt werden – überall in Deutschland und vor allen Täter*innen.
Nach den bisherigen Erkenntnissen sind bisher vorrangig Männer aus Marokko und Algerien tatverdächtig, die sexualisierte Gewalt in der Silvesternacht ausgeübt zu haben. Viele dieser jungen Männer aus diesen Ländern sind in Verhältnissen aufgewachsen, mit der Botschaft der Überlegenheit des Mannes und der Ungleichwertigkeit von Frauen. Dennoch müssen, statt mit Vorverurteilungen ganze Gruppen unter Generalverdacht zu stellen, sachlich und sorgfältig Probleme aufgearbeitet werden und Täter bestraft werden, um endlich die notwendigen integrationspolitischen Antworten und Maßnahmen zu ergreifen und patriarchalischen Strukturen stärker zu entgegnen. Erneute, rein symbolisch-aufgeladene Asylrechtsverschärfungen sind keine Antwort darauf. Solche Maßnahmen bleiben wirkungslos und schaden den vielen Menschen, die bei uns berechtigt Schutz suchen.
Verloren gegangenes Vertrauen lässt sich nicht mit der Brechstange erzwingen, sondern muss zurückerarbeitet werden. Um Vertrauen zurückzugewinnen, fordern wir:
- eine transparente und konsequente Aufklärung des Geschehens in Köln und der Ursachen für den unzureichenden Polizeieinsatz, der Untersuchungsausschuss ist dafür der erste Ort
- gezielte Maßnahmen, um eine Wiederholung zu verhindern und das Vertrauen in den Rechtsstaat wiederherzustellen, durch eine bessere Ausstattung der Polizei und Stärkung der Präventionsarbeit
- keinen Raum für selbst ernannte Ordnungshüter*innen jedweder Art, die meinen durch „Streifengänge“ für die Sicherheit der Bürger*innen sorgen zu müssen
Für uns ist klar: Der Rechtsstaat muss in der Lage sein, seine Bürger*innen zu schützen. Dazu gehört unbedingt der Schutz von Menschen vor sexualisierter Gewalt und jedweden anderen Übergriffen. Bestehende Gesetzeslücken müssen von der Bundesregierung durch eine Verschärfung des Sexualstrafrechts geschlossen werden. Genauso muss der Staat auch in der Lage sein, Flüchtlinge vor rechter Gewalt zu schützen. Kriminalitätsbekämpfung, Schutz und Aufklärung gehören nicht in private Hände. Gemeinsam mit Partner*innen aus der Zivilgesellschaft muss gerade jetzt Präventionsarbeit gestärkt werden.
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