Der Terroranschlag in Solingen und der schreckliche Angriff in Mannheim haben uns schmerzhaft die Gefahren vor Augen geführt, denen unsere Gesellschaft durch den Islamismus ausgesetzt ist. Der Anschlag in Solingen riss drei Menschen aus dem Leben, acht weitere wurden schwer verletzt. Sie alle kamen, um das 650-jährige Bestehen der Stadt Solingen zu feiern. Martialische Messerstiche und der Hass auf unser Zusammenleben raubten ihnen das Leben und uns als Gesellschaft die Sicherheit, in Frieden feiern zu können. Den Opfern, den Angehörigen und den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Solingen gilt unser tiefstes Mitgefühl.
Wer meint, nach dem Anschlag in Solingen mit einer schnellen Forderung sämtliche Probleme lösen zu können, hat weder die Komplexität verstanden noch die Interessen unserer Gesellschaft im Sinn. Populistische und unseriöse oder gar unrechtmäßige Forderungen führen nicht zu mehr Sicherheit, sondern zu Frust. Klar ist, wir wollen und werden innenpolitisch Lehren ziehen. Den Kampf gegen Islamismus werden wir nicht nur entlang von Asyl- und Migrationsfragen verhandeln. Das ist falsch, gefährlich und realitätsfern: Viele Menschen auf der Flucht suchen gerade vor der menschenfeindlichen Ideologie Schutz bei uns. Die, die Islamismus und seinen Terror unterstützen, bedrohen die religiöse und ethnische Vielfalt – sowohl global als auch hier bei uns. Alles, was sie, unsere Demokratie und unsere Einwanderungsgesellschaft vor ihren Feinden schützt, ist gut.
Der Anschlag in Solingen war islamistischer Terrorismus. Diese Ideologie zielt darauf ab, unsere freiheitliche, demokratische Grundordnung zu zerstören. Sie greift das Recht auf Leben, Glaubensfreiheit, Meinungsfreiheit, die Gleichberechtigung der Geschlechter und die Freiheit zu lieben an – zentrale Werte, die unsere Gesellschaft zusammenhalten. Der Islamismus bedroht unsere Demokratie und ist eine der größten globalen Gefahren für die Zivilisation. Leib und Leben von Anders- und Nichtgläubigen, von Menschen, die für Vielfalt, Freiheit und unsere Einwanderungsgesellschaft einstehen, die Errungenschaft des staatlichen Gewaltmonopols – all das möchten Islamisten mit einem Sicherheitsrisiko versehen. Islamisten agieren global und vernetzt. Islamismus ist keine Frage der Nationalität oder der Hautfarbe. Es ist eine faschistische und menschenverachtende Ideologie mit Ideologen überall auf der Welt mit allen möglichen Nationalitäten. Auf die islamistische Bedrohung braucht es eine aktive Terrorbekämpfung über Landesgrenzen hinweg.
Egal wo, wir stehen klar: Islamisten und ihre faschistische Gesinnung muss man bekämpfen. Weil wir den Islamismus bekämpfen, müssen wir vor bzw. während der Radikalisierung eingreifen. Früher geschah dies oft in islamistischen Hotspots, heute verlagert sie sich zunehmend ins Netz. Egal, wo die Radikalisierung stattfindet, der Staat und seine Sicherheitsbehörden müssen sie frühzeitig erkennen können. Dafür braucht es eine Zeitenwende in der Innenpolitik, wie die Grüne Bundestagsfraktion es zurecht formuliert hat. Das bedeutet eine ausreichende Ausstattung der Sicherheits- und Ermittlungsbehörden – angefangen beim Personal. Mit Präventionsprogrammen sowie ausgebildetem und sensibilisiertem Personal können wir individuell agierende Terroristen erkennen und dann aus dem Verkehr ziehen. Es braucht auch digitale Agenten in Foren, Telegram-Gruppen und bei den TikTok-Predigern sowie eine entschlossene Umsetzung des europäischen Digital Services Act. Das erfordert in vielen Fällen nicht neue Befugnisse, sondern vor allem mehr Personal und damit Geld. Neue Regeln und Befugnisse sind nutzlos, wenn niemand da ist, um sie umzusetzen. Auch die von der Bundesregierung vorgestellten Maßnahmen. Die öffentlichen Haushalte, insbesondere des Landes Nordrhein-Westfalen, sind jedoch angespannt. Ohne entsprechende Finanzverteilung und Haushaltsregeln werden staatliche Haushalte gezwungen sein, an ihren Kernaufgaben zu sparen.
Weil wir Islamisten bekämpfen, lassen wir sie nicht straffrei ziehen. Wer eine Straftat begangen hat, erhält eine Strafe – hier oder in anderen verbündeten Staaten. Nach der Verbüßung ihrer Haftstrafe müssen ausländische islamistische Straftäter abgeschoben werden – das ist bereits Rechtslage. Die Ausländer- und Sicherheitsbehörden sowie unsere Gerichte wollen wir so ausstatten, dass eine beschlossene Abschiebung zügig auch zu einer tatsächlichen Abschiebung führt. Wir werden im Abschiebesystem Lücken ausfindig machen und schließen. Unser Anspruch als Gesellschaft auf eine Strafe für Straftäter bleibt bestehen. Das heißt im Besonderen: Ein islamistischer Terrorist darf daher nach schweren Verbrechen gegen Leib und Leben nicht ungestraft in Länder mit Regimen zurückkehren, die den Islamismus und die Tat feiern, wie zum Beispiel in Afghanistan. Straffreie Abschiebungen von Terroristen dorthin, wo sie gefeiert werden, sind eine doppelte Ungerechtigkeit und eine unnötige Gefährdung unserer Sicherheit.
Weil wir Islamisten bekämpfen, haben diejenigen, die vor ihnen fliehen, unsere Solidarität. Menschen, die vor Krieg, Terror und Verfolgung fliehen, verdienen Schutz, und deshalb verteidigen wir das Asylrecht. Gerade deswegen brauchen wir ein funktionierendes Asylsystem: Es braucht in und zwischen Städten und Gemeinden, den Ländern, dem Bund und der Europäischen Union schlankere Strukturen, zügigere Vorgänge und aufeinander abgestimmte Prozesse. Der Terrorist von Solingen hat ein System mit zu vielen Schnittstellen und damit Fehleranfälligkeit offenbart. Wir werden mit allen politischen Ebenen daran arbeiten, dass diese Systemfehler schnellstens behoben werden. Es muss dazu führen, dass wir dieses System besser aufstellen. Das Dublin-III-Abkommen, Rückführungsabkommen und Überstellungsprozesse müssen in der Realität umsetzbar sein.
Weil wir Islamisten bekämpfen, stärken wir die vielen demokratischen Stimmen der muslimischen Community. Sie sind wichtige Partner im Kampf gegen Radikalisierung. Wir müssen deshalb gezielt den innermuslimischen kritischen Dialog fördern und Räume für Stimmen schaffen, die sich aktiv für demokratische Werte und gegen Radikalisierung einsetzen. Es ist bitter, dass das nicht bei allen Moscheeverbänden gleich der Fall ist. Wo das der Fall ist, müssen wir die Zusammenarbeit von Staat und diesen Verbänden infrage stellen. Wir brauchen aber starke Partner im zivilgesellschaftlichen Kampf gegen den Islamismus, gerade beim so wichtigen Kampf gegen das Märtyrertum. Diejenigen, die sich klar, laut und deutlich gegen jede Form des Extremismus und für Demokratie und Menschenrechte positionieren, müssen wir gemeinsam stärken.
Weil wir die Lage ernst nehmen, wollen wir einen parteiübergreifenden, gesamtgesellschaftlichen Konsens im Umgang mit islamistischem Terror und sind offen für konstruktiven Vorschläge. Es ist daher gut, dass die Bundesregierung mit ihrem Sicherheitspaket einen wichtigen Schritt zur Stärkung unserer freiheitlichen Demokratie unternimmt, indem sie konkrete Vorschläge zur gesetzlichen und administrativen Umsetzung im Bereich der Inneren Sicherheit für die parlamentarische Beratung vorgelegt hat. Wir gehen konstruktiv in die Bund-Länder- und parlamentarischen Beratungen. Wir unterstützen die Idee, ein „Ausweisungsinteresse“ zu schaffen, wenn jemand Terror verherrlicht oder für ihn wirbt. Das staatliche Gewaltmonopol muss unbedingt gewahrt werden, und jede Infragestellung dieses Prinzips muss Konsequenzen für die Bleibeperspektive der betreffenden Personen haben.
Gleichzeitig gilt: Im Kampf gegen Islamismus brauchen wir für ein entschlossenes Vorgehen einen kühlen Kopf. Die faschistische Ideologie des Islamismus bekämpft man nicht, indem man das negiert, wogegen er sich richtet: Die liberale Gesellschaft, die jedem Menschenleben den gleichen Wert zuschreibt, und aus diesem Geist sich Rechtsstaat und das Asylrecht ableiten. Manche Vorschläge, die mit heißem Puls geschrieben sind und ins Nichts führen, entspringen leider oftmals diesem Denken. Rechtsänderungen, die am Ende von Gerichten z.B wegen Unverhältnismäßigkeit kassiert werden, schaffen Unsicherheit, Chaos und Frust. Das gilt zum Beispiel für den Vorschlag, die Notlage zu erklären, das sogenannte Ruanda-Modell, als auch für den Vorschlag, dass schon das „Liken“ im Netz von bestimmten Inhalten zur Abschiebung führen kann. Unsere Ausländerbehörden sind bereits überlastet. Es ist unrealistisch, sie mit vielen weiteren Aufgaben zu betrauen, wie zum Beispiel soziale Medien auf Gefällt-Mir-Angaben zu durchforsten, wie kürzlich vorgeschlagen.
Unser Standpunkt ist klar: Wir stehen fest für die Verteidigung unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung, für den Schutz von Menschen, die vor Verfolgung fliehen, und deshalb unverrückbar gegen den Islamismus. Solingen bleibt unvergessen und mahnt uns, diesen Kampf entschlossen zu führen – für unsere Freiheit, unsere Sicherheit und die Werte, die unser Zusammenleben ausmachen.
Beschluss des Landesvorstandes vom 06.09.2024
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