LDK-Beschluss

Hürden für Agroforstsysteme abbauen, denn sie haben Vorteile für Klima, Natur, Landwirtschaft und Menschen!

Beschluss der Landesdelegiertenkonferenz am 30. Juni 2024.

Wir brauchen eine zukunftsfähige Landwirtschaft für unsere Ernährung und die Biodiversität. Die Klima- und Biodiversitätskrise trifft die Bäuer*innen zuerst. Im Kampf um gute Böden, planbares Wirtschaften und den Erhalt unserer Lebensgrundlagen stehen wir an der Seite der Landwirt*innen.

Die menschengemachte Klimakrise mit Extremwetterereignissen trifft die Landwirtschaft besonders hart. Gleichzeitig ist der Agrarsektor auch eine bedeutende Quelle von klimaschädlichen Emissionen. Vor diesem Hintergrund ist dringend ein Umbau landwirtschaftlicher Systeme nötig, damit sie sowohl mehr zum Klimaschutz beitragen als auch eine größere Robustheit gegenüber den Folgen der Klimakrise aufweisen kann. Agroforstsysteme (AFS) verbinden beide Komponenten miteinander. Zudem können sie auch einen Beitrag im Kampf gegen die zweite Krise – das Artensterben – leisten, denn mit vielfältigen Strukturen schaffen sie wieder mehr Lebensraum, Nahrung und Rückzugsräume für Insekten, Vögel und viele Kleintiere.

Bei der Agroforstwirtschaft handelt es sich um eine landwirtschaftliche Landnutzungsform, die mehrjährige Kulturen wie Bäume und Sträucher auf landwirtschaftlicher Fläche platziert, nutzt und damit ein resilienteres Ökosystem entwickelt. Durch Wechselwirkungen der verschiedenen Kulturen können wichtige ökologische Synergieeffekte erzielt werden, wie beispielsweise eine mittelfristige Ertragsstabilisierung durch Beschattung. Außerdem können unterschiedliche Ziele wie die Nahrungs- oder die Wertholzproduktion mit Erosionsschutz, Humusaufbau und Nitratbindung kombiniert werden. Als mehrjähriges Anbausystem leistet die Agroforstwirtschaft ebenfalls wichtige Beiträge zur Speicherung von CO2 und zum Erhalt der Biodiversität; insbesondere durch Schaffung von Lebensräumen für Vögel und Insekten. Außerdem können Agroforstsysteme mit ihren verschiedenen Kulturarten und Baumaltersstufen zur Diversifizierung von landwirtschaftlichen Betrieben beitragen. Somit lassen sich mittel- bis langfristig das betriebswirtschaftliche Risiko streuen sowie betriebliche Arbeitsspitzen durch Entzerrung von Erntezeiten mindern. Agroforstsysteme sind sowohl mit ökologischer als auch mit konventioneller Landwirtschaft realisierbar.

Die positiven Effekte im Einzelnen sind insbesondere:

  • Steigerung einer Bodengesundheit und -fruchtbarkeit
  • Erosionsschutz
  • Kohlenstoffspeicherung
  • Diversifizierung der Ernteerträge und Einkommensdiversifikation
  • Erhöhte Flächenproduktivität, aufgeteilt auf unterschiedliche Ertragskomponenten
  • Schaffen von Lebensräumen für mehr Biodiversität
  • Klimaanpassung und Schutz vor Dürren durch Schatten und Verbesserung des Mikroklimas
  • Wasserqualitätsverbesserung und verringerte Nitratauswaschung
  • Landschaftsgestaltung: vielfältige Strukturen statt monotoner Agrarlandschaft

Alle diese Aspekte haben eine hohe Relevanz für NRW, denn es werden etwa 47% der Flächen in NRW landwirtschaftlich genutzt. Insbesondere in hügeligen Gebieten Nordrhein-Westfalens können AFS dazu beitragen, die Erosionen zu reduzieren. Bei den immer häufiger auftretenden Extremwetterereignissen und der Zunahme von Trockenperioden können AFS in Nordrhein-Westfalen zur Klimaanpassung beitragen und die Auswirkungen von Hitze und Dürre abmildern. Zudem können verringerte Nitratauswaschungen ins Grundwasser eine zusätzliche Lösungsstrategie für „rote“ Gebiete ausmachen. Nordrhein-Westfalen hat eine reiche Artenvielfalt, und Agroforstsysteme können, wie oben erläutert, dazu beitragen, diese Vielfalt zu schützen. Hinzu kommt, dass Agroforstsysteme die landschaftliche Schönheit von Nordrhein-Westfalen verbessern und somit den Tourismus in der Region fördern können.

Agroforstsysteme müssen besser gefördert werden!

Wir begrüßen, dass die Bundesregierung die von der Europäischen Union schon seit 2007 geschaffene Möglichkeit, Agroforstsysteme zu fördern, nutzt. Allerdings müssen die Förderprogramme besser ausgestaltet und weiterentwickelt werden, damit die damit verbundenen Effekte erreicht werden können. Die Bundesregierung hat das Ziel formuliert, dass zwischen 2023 und 2026 jährlich durchschnittlich 50.000 ha landwirtschaftliche Flächen in Agroforstgehölzflächen umgewandelt werden. Davon sind wir noch weit entfernt, bis Mitte 2023 sind lediglich 50 ha neue Flächen dazu gekommen.

Damit das Ziel erreicht oder bestenfalls sogar übertroffen werden kann, hat die Bundesregierung schon erste Maßnahmen ergriffen und die Förderung von 60 EUR auf 200 EUR pro Hektar erhöht. Allerdings sind sowohl der Abbau rechtlicher Hürden sowie eine finanzielle Förderung von einer Flächenprämie über Anlage- bis hin zu Beratungskosten nötig. So kann sich diese Form der Landwirtschaft flächendeckend etablieren. Bestehende Hindernisse müssen abgebaut und der Zugang zur Förderung muss vereinfacht und umgebaut werden.
Um Nachteile der Anbauweise wie Konkurrenzeffekte zu minimieren, benötigt es eine intensive Beratung und Erforschung des Gebiets, um Synergieeffekte in der Praxis umfassend zu nutzen. Damit die positiven Effekte in der Praxis umgesetzt werden können, müssen Hemmnisse abgebaut und die Agroforstwirtschaft in Deutschland praxisnah gefördert werden. Dabei müssen die verhältnismäßig hohen Investitionskosten zu Beginn der Anlage und Pflege berücksichtigt werden.

Die Mitglieder des Kreisverbandes Steinfurt sind im regen Austausch mit Landwirt*innen, die Interesse an AFS haben, jedoch über Hemmnisse klagen und Umwandlungen bislang zurückstellen.
Wir fordern daher die Grüne Landtagsfraktion, die Grünen Mitglieder der Landesregierung, sowie Grüne Mitglieder des Bundestags aus NRW auf, sich für folgende Punkte in den jeweils zuständigen Gremien einzusetzen:

  1. Abbau der faktischen Genehmigungspflicht (verpflichtend vorzulegendes Nutzungskonzept).
  2. Schaffung von Möglichkeiten für kleine Betriebe, Agroforstsysteme auch ohne Inanspruchnahme der GAP-Förderung anzulegen, zu nutzen und bei Bedarf wieder beseitigen zu können.
  3. Praxisfreundliche Rahmenbedingungen für Öko-Regelung 3, insbesondere die ersatzlose Streichung der Abstandspflicht zwischen Gehölzstreifen und Flächenrand von 20 m, sowie die Senkung des Mindestabstands zwischen Gehölzstreifens auf 10 m, sowie die ersatzlose Streichung der Mindestbreite der Gehölzstreifen.
  4. Zulassung der Kombination der Ökoregelung 1 und 3 und Zulassen des Anbaus unterschiedlicher Ackerkulturen zwischen den Gehölzstreifen.
  5. Auskömmliche Förderung der Anlage von Agroforstsystemen (Investitionsförderung) über ein Landes- und/oder Bundesprogramm (z.B. die Aufnahme in das Programm „natürlicher Klimaschutz“). Hierbei sollte eine degressive Förderung gewählt werden, die den Einstieg erleichtert und die kleinen Betriebe nicht gegenüber großen Konzernen benachteiligt.
  6. Förderung von akkreditierter Betriebsberatung für die Anlage und Pflege von Agroforstsystemen zur Qualitätssicherung nach dem Vorbild der Förderung in Baden-Württemberg.
  7. Planungssicherheit für Landwirte bezüglich naturschutzfachlicher Belange und der Rechtssicherheit, dass landwirtschaftliche Flächen – auch wenn sie durch Agroforstmaßnahmen ökologisch aufgewertet wurden – weiter landwirtschaftlich genutzt werden können.
  8. Die Einführung eines staatlich geprüften Agroforst-Siegels.

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