Die Grünen in Nordrhein-Westfalen sind heute auf ihrem Parteitag in die heiße Wahlkampfphase gestartet. Der erste Präsenz-Parteitag seit über einem Jahr findet an diesem Wochenende unter strengen Hygieneregeln in Dortmund statt.
Die grüne Landesvorsitzende Mona Neubaur eröffnete mit ihrer Rede zur aktuellen politischen Lage die Debatten am Samstag. Sie machte deutlich, dass Vorsorge zum Leitmotiv einer Politik des 21. Jahrhunderts werden müsse. Die Krisen der letzten Monate hätten mehr als deutlich gezeigt, dass es einen Politikwechsel brauche. “Eine Politik, die planlos von einer Krise in die nächste schlittert, hat keine Zukunft.” In der Krise zeige sich, “wer wir sind. Und wer wir sein wollen.” Verantwortung müsse wieder Chefinnensache werden: “Ich will endlich wieder eine Regierung, die Verantwortung für ihr Handeln übernimmt! Die im besten Sinne führt.”
Im Zentrum der Debatte zur aktuellen politischen Lage standen die Folgen der Flutkatastrophe in NRW und Rheinland-Pfalz. Die rund 280 Delegierten beschlossen im Anschluss einstimmig einen Dringlichkeitsantrag, der schnelle und unbürokratische Hilfen für die Betroffenen unterstreicht, konkrete Vorschläge für eine bessere Klimafolgenanpassung vorlegt und eine stärkere Koordinierung beim Katastrophenschutz fordert.
Ebenfalls in der Aussprache zur aktuellen politischen Lage kam der Bundesvorsitzende Robert Habeck zu Wort. Er stimmte die Delegierten auf den Wahlkampfendspurt ein und warb in einem leidenschaftlichen Plädoyer für eine verantwortungsvollere Politik. Die Grünen stünden für eine Politik, die Verantwortung will, und nähmen es nicht länger hin, von Menschen für ihre Antworten kritisiert zu werden, die selbst keine geben wollen. “Wenn Olaf Scholz und Armin Laschet sagen, Klimaschutz wird Chefsache, und die Chefsache besteht darin, keine Antwort zu haben, sagen wir: Dann können sie nicht Chef dieses Landes werden.“
Zur Lage in Afghanistan trat der Journalist Jan Jessen als Gastredner auf. Jessen war am Mittwoch aus Afghanistan evakuiert worden. Er schilderte in eindringlichen Worten, wie er die Situation in Kabul in den letzten Tagen vor seiner Rettung erlebt hat und rief die Politik dazu auf, Verantwortung für die Menschen vor Ort zu übernehmen.
Auch Anja Weber, Vorsitzende des DGB NRW, folgte der Einladung der GRÜNEN. Sie warb in ihrer Rede um neue Mehrheiten für eine neue Politik. Laut Weber könnten die Herausforderungen der Zukunft nur in einem breiten gesellschaftlichen und parteiübergreifenden Konsens gelöst werden. „Die Flutkatastrophe, die verheerenden Waldbrände, die Corona-Pandemie und die tiefe soziale Spaltung unserer Gesellschaft machen deutlich: Wir müssen die soziale Frage und die ökologische Frage gleichermaßen berücksichtigen und Lösungen finden, die sozial, ökologisch und demokratisch sind“, so die nordrhein-westfälische Landesvorsitzende des DGB.
Am Samstagnachmittag stand das Thema Umwelt- und Naturschutz im Zentrum der Debatte. Die Delegierten diskutierten zum Antrag „Sichern wir unsere Lebensgrundlagen – Natur und Umwelt konsequent schützen“ darüber, wie wir unsere Lebensgrundlagen schützen und Nordrhein-Westfalen zu einer klimaneutralen Industrieregion entwickeln können. Mona Neubaur brachte den Leitantrag ein:
“Vier Jahre Schwarz-Gelb in NRW waren für Umwelt-, Natur- und Klimaschutz verlorene Jahre. Es gab nicht nur den erwartbaren Stillstand, in vielen Bereichen hat Armin Laschets Regierung beim Natur- und Umweltschutz den Rückwärtsgang eingelegt. Nur wenn wir die natürlichen Lebensgrundlagen erhalten, sichern wir mittel- und langfristig Wohlstand in unserem Industrieland und garantieren die Grundlagen für ein Leben in Freiheit und Würde. Die Politik muss dafür den Rahmen setzen.”
Der Parteitag wird am Sonntag um 9.30 Uhr fortgesetzt. Inhaltlich stehen ein Antrag zur Gesundheitspolitik und die Einführung eines innerparteilichen Vielfaltsstatuts im Fokus.
Hintergrund: Die Landesdelegiertenkonferenz (LDK) – der Parteitag – ist das oberste Organ des Landesverbandes. Hier werden Grundsatzentscheidungen getroffen, Wahlprogramme verabschiedet und der Vorstand gewählt. Die Kreisverbände entsenden entsprechend ihrer Mitgliederzahl Delegierte, die auf den LDKen abstimmen dürfen.
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