LPR-Beschluss

Für eine starke, gerechte und zukunftsfähige Hochschullandschaft in NRW

Beschluss des Landesparteirats in Krefeld am 16.11. 2025

Nordrhein-Westfalen steht vor einer hochschulpolitischen Richtungsentscheidung. Das zeigen auch die Proteste von Studierenden und Beschäftigten in den vergangenen Wochen. Während gesellschaftliche Herausforderungen wie Klimakrise und Fachkräftemangel zunehmen und sich die Gesellschaft wandelt, etwa durch Digitalisierung, braucht es eine Wissenschaftspolitik, die Hochschulen als Orte gesellschaftlicher Innovation bestmöglich unterstützt. Außerdem dürfen sich Hochschulen nicht darauf beschränken den Wandel in der Gesellschaft anzustoßen und zu begleiten, sie müssen sich auch selbst weiterentwickeln, um innovativ zu bleiben.

Verlässliche Finanzierung in schwierigen Zeiten
Trotz angespannter Haushaltslage steigt die Grundfinanzierung der Hochschulen 2026 um fast 380 Millionen Euro auf insgesamt 5,27 Milliarden Euro. Das ist ein klares Bekenntnis zu Bildung und Wissenschaft. Gleichzeitig leisten die Hochschulen einen Konsolidierungsbeitrag von 120 Millionen Euro, um den Landeshaushalt zu stabilisieren. Dieser Beitrag wird mit dem Aufwuchs verrechnet – es handelt sich also nicht um Kürzungen, sondern um eine moderate Reduktion des Zuwachses.
Wir wissen: Diese Maßnahme ist herausfordernd. Sie verlangt von den Hochschulen, umsichtig zu planen und Rücklagen gezielt einzusetzen. Landesweit standen Ende 2024 rund 1,2 Milliarden Euro an nicht abgerufenen Selbstbewirtschaftungsmitteln zur Verfügung. Viele Hochschulen verfügen über weitere eigene Rücklagen – Spielraum, der soziale Härten abfedern kann. Auch die kürzlich angekündigten weiteren 55 Millionen Euro aus dem “Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken“ müssen Studierenden gleich doppelt zugutekommen: durch mehr Lehrpersonal und durch die Schaffung studentischer Tutorien als Arbeitsplätze. Dennoch braucht es politische Wachsamkeit, damit Qualität, Chancengerechtigkeit und Innovationskraft nicht unter Druck geraten.

Hochschulen als Zukunftstreiber – mit öffentlicher Verantwortung
Hochschulen sind mehr als Ausbildungsstätten. Sie sind Orte der Reflexion, des Transfers und des gesellschaftlichen Wandels. Ob bei der Entwicklung klimafreundlicher Technologien, der Gestaltung digitaler Infrastrukturen oder der Qualifizierung von Fachkräften – sie leisten zentrale Beiträge zur Zukunftsfähigkeit unseres Landes.
Gerade deshalb braucht es verlässliche öffentliche Rahmenbedingungen. Wissenschaft darf nicht von Drittmitteln abhängig sein. Planungssicherheit, gute Arbeitsbedingungen und eine nachhaltige Grundfinanzierung sind die Basis für exzellente Lehre und Forschung – und für eine gerechte Hochschullandschaft, die allen offensteht.
Wir setzen uns dafür ein, dass zukünftig öffentliche Förderung mehr in die Grundfinanzierung geht und weniger in Projektmittel .

Kooperation statt Konkurrenz
Wir setzen auf Kooperation statt Konkurrenz: durch gemeinsame Infrastrukturen der Hochschulen, untereinander abgestimmte Studiengänge und eine gemeinsame effiziente Ressourcennutzung in der Wissenschaft. Wissenschaftspolitik muss die Vielfalt der Standorte ernst nehmen – und gleichzeitig auf Synergien und regionale Vernetzung setzen. Das stärkt nicht nur die Hochschulen selbst, sondern auch die Regionen, in denen sie wirken.

Vor dem Hintergrund sinkender Studierendenzahlen müssen Studienangebote an einzelnen Standorten kritisch überprüft werden. Doppelstrukturen vor allem großer Studiengänge innerhalb von Regionen, die zu Überangeboten führen, sollten abgebaut werden, ohne dabei die regionale Bildungsbeteiligung zu gefährden oder kleine Fächer zu schließen. Gerade für Studierende sind die Garantien, ihr Studium am jeweiligen Standort abschließen zu können und Studiengänge auslaufen zu lassen statt sie von heute auf morgen zu schließen, zentral. Hochschulpolitik braucht hier Augenmaß und Dialogbereitschaft.

Machtstrukturen hinterfragen – Mitbestimmung stärken
Die Machtstrukturen an den Hochschulen dürfen nicht so bleiben, wie sie sind. Dass Professor*innen bei Entscheidungsprozessen in hohem Maße andere Statusgruppen übergehen können, ist nicht mehr zeitgemäß. Alle Statusgruppen – wissenschaftliche Mitarbeitende, Technik und Verwaltung, Studierende – tragen zum Gelingen der Hochschulen bei und verdienen echte Mitbestimmung auf Augenhöhe. Dazu bedarf es auch Korrekturen im Verhältnis von Rektorat, Hochschulrat und Senat. Letzteren wollen wir spürbar stärken und auf diesem Wege Hochschulen transparenter und partizipativer machen.

Auch das Lehrstuhl-Modell ist ein Relikt, das überwunden werden muss. Moderne Departmentstrukturen lösen nicht nur Probleme um Macht und Machtmissbrauch, sie ermöglichen auch neue Karrierewege unterhalb der Professur. Deshalb unterstützen wir Hochschulen dabei, auf Departmentstrukturen umzustellen.

Gute Arbeit an Hochschulen – auch für studentische Beschäftigte
Die letzte Verhandlungsrunde zum Tarifvertrag der Länder (TV-L) hat Verbesserungen für studentische Beschäftigte gebracht. Wir begrüßen diese Schritte ausdrücklich – und setzen uns weiterhin dafür ein, dass studentische Beschäftigte in den Tarifvertrag aufgenommen werden. Denn studentische Beschäftigte verdienen längerfristige Verträge und eine faire Bezahlung. Gute Lehre und Forschung setzen faire Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigtengruppen voraus.
Daueraufgaben brauchen Dauerstellen. Befristungen im wissenschaftlichen Mittelbau sind auf den Stellen in Ordnung, auf denen es im Wesentlichen um die akademische Qualifikation geht. Wer jedoch Aufgaben erledigt, die dauerhaft in Forschung, Lehre, Verwaltung oder Infrastruktur anfallen, hat auch eine dauerhafte Stelle verdient. Wir unterstützen neue Karrierewege unterhalb der Professur und im Bereich des Wissenschaftsmanagement.

Soziale Verantwortung der Hochschulen
Ein erfolgreiches Studium soll für alle möglich sein. Wir setzen uns für gezielte Programme ein, die den Zugang zu Hochschulen für Menschen ohne akademischen Familienhintergrund, mit internationaler Zuwanderungsgeschichte oder mit Behinderung oder chronischer Erkrankung erleichtern – durch bessere Beratung für Studieninteressierte und finanzielle Unterstützung. Wir setzen uns dafür ein, dass Hochschulen barrierefrei sind und die Studierenden (wie auch die Beschäftigten) dort unterstützen, wo sie Bedarfe haben.

Langfristige Perspektiven sichern – resilientes Wissenschaftssystem
Unser Ziel bleibt eine nachhaltige und verlässliche Grundfinanzierung, die Hochschulen unabhängig von Drittmitteln macht und ihnen echte Planungssicherheit gibt. Dafür braucht es einen klaren politischen Kurs – jenseits kurzfristiger Sparlogiken.
Wir stehen für eine Wissenschaftspolitik, die Haltung zeigt, Dialog fördert und Perspektiven schafft – für Studierende, Lehrende, Forschende und die Gesellschaft als Ganzes. Wir wollen zu einem resilienten Wissenschaftssystem kommen, das ökonomische Krisen und gesellschaftliche Veränderungen besser bewältigen und für die Gesellschaft begleiten kann, das internationalen Spannungen und Konflikten mit Aufklärung und einer klaren Haltung begegnet und das einer vielfältigen und integrativen Gesellschaft entspricht, die sich selbstverständlich stets im Wandel befindet.

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