Beschluss der LDK vom 14./ 15. Juni 2019 in Neuss
Bericht
Im 40. Jahr unserer Parteigeschichte haben wir Grund zur Zuversicht. Wir erleben eine große Zustimmung zu unserer Politik und einen bisher ungekannten Zulauf an Menschen, die sich einbringen und bei uns mitarbeiten möchten. Dieser Zuspruch bedeutet Verantwortung und stellt uns auch vor Herausforderungen; inhaltlich, strukturell und auch personell.
Um diesen gerecht zu werden haben wir, auch als Reaktion auf das Ergebnis der Landtagswahl 2017, einen umfassenden Prozess der strukturellen und inhaltlichen Weiterentwicklung begonnen. So wurde schon zur LDK 2018 die Struktur des Landesvorstandes gestrafft und nun mit den Landesarbeitsgemeinschaften ein Reformpaket erarbeitet. Wir haben unsere Veranstaltungsformate neu ausgerichtet und den Weg zu mehr Beteiligung und der Nutzung digitaler Angebote konsequent fortgesetzt, u. a. durch die intensive und weiter zu intensivierende Nutzung von Videokonferenztoolssowie die Einbindung der Mitglieder in programmatische Arbeit durch „Beteiligungsgrün“. Auch die finanziellen Rahmenbedingungen stellten uns durch das Ergebnis der Landtagswahl vor Herausforderungen. Durch gezielte Einsparungen, einem neuen Kurs der Spendenakquise und die Mitgliederzuwächse ist es uns gelungen, den Landesverband so aufzustellen, dass wir für die politische Arbeit auf ausreichend Ressourcen für die Vorbereitung der nächsten politischen Kampagnen zurück greifen können. Auch haben wir es geschafft, unsere Landesgeschäftststelle mit Blick auf die neuen kommunikativen und strategischen Herausforderungen zu stärken und neu auszurichten.
Daneben haben wir unter anderem mit der Arbeit der Kommission „Zukunft der Bildung“ und des Sounding Boards „Digitale Transformation“ die Programmarbeit intensiviert und damit an zentralen Stellen den Weg zur programmatischen Neuaufstellung zur kommenden Landtagswahl beschritten.
Zusätzlich zu diesen Prozessen haben wir auf der Landesdelegiertenkonferenz 2017 beschlossen, dass wir auch unsere Prozesse zur politischen Personalauswahl reflektieren und an einem beschlossenen Leitbild ausrichten wollen. Um gemeinsam Vorschläge zur Optimierung unserer Verfahren entlang dieses Leitbildes zu entwickeln, hat der Landesvorstand Gespräche mit den strukturell beteiligten Akteur*innen begonnen. Dazu fanden seit November 2018 insgesamt drei gemeinsame Runden statt, zu denen die Bezirksvorsitzenden, die Vorsitzenden der Landtagsfraktion, die Sprecherinnen der NRW-Landesgruppe im Bundestag, die NRW-Abgeordneten im Europäischen Parlament, die Vorsitzenden der Landschaftsverbandsfraktionen und die Sprecher*innen der GRÜNEN JUGEND NRW eingeladen waren. Die Gruppenzusammensetzung war dabei auch angelehnt an die vom LPR 2018 gewünschte Gruppe zur verbindlichen Vernetzung und Beratung. Ergänzend haben wir die Erfahrungen anderer Landesverbände ausgewertet. Zudem wurde die Thematik der Personalauswahl auch in den LAG-Reformprozess einbezogen, beispielsweise bei der Einbeziehung der LAGen in die thematische Diskussion mit Kandidierenden oder der Erarbeitung einheitlicher Regelungen zur Votenvergabe.
Auf dieser Grundlage legen wir der Landesdelegiertenkonferenz die Zwischenergebnisse des bisherigen Prozesses vor.
Antrag: GRÜNE Köpfe: Vielfältig, engagiert und frisch
Um die großen Aufgaben, die vor uns liegen, zu meistern brauchen wir die besten Köpfe in den Parlamenten. Wir brauchen auf allen Ebenen weiterhin Mandatsträger*innen, die beharrlich und klug den Unterschied machen.
Seit jeher stellen wir GRÜNE höchste Anforderungen an uns selbst, insbesondere an unsere Amts- und Mandatsträger*innen und die Auswahlverfahren dieses politischen Personals. In unseren Ansprüchen nach Frauenförderung, Transparenz, Offenheit und Basisdemokratie unterscheiden wir uns von anderen. Um diesen Zielen gerecht zu werden wurden immer wieder Verfahren und Mechanismen entwickelt, verworfen und verbessert. Die Landesdelegiertenkonferenz (LDK) 2017 hat beschlossen, dass unser Leitbild dabei eine Personalgewinnung sein soll, „die nach Kompetenz, Themenvielfalt, Region, stetiger Erneuerung und Diversität sowie Verankerung in der Gesellschaft erfolgt und außerdem eine Öffnung gegenüber interessanten Vertreter*innen aus der Zivilgesellschaft ermöglicht.“
Die Personalfindung ist ein Zusammenspiel zwischen den verschiedenen Ebenen, Gliederungen und Akteur*innen unseres Landesverbandes. Es ist unsere gemeinsame Aufgabe und unser gemeinsames Ziel, diese im Sinne des angestrebten Leitbildes zu gestalten. Gemeinsam legen wir der LDK folgende Reformschritte als Zwischenergebnis vor:
• Um die Prozesse und Formate zur Vorbereitung der Listenaufstellungs-LDKen ideal miteinander zu kombinieren und um sich einen ersten Überblick über die sich abzeichnende Kandidat*innenlage zu verschaffen, findet frühzeitig ein Planungstreffen mit den Bezirksvorsitzenden, Parlamentsfraktionsspitzen, GRÜNE JUGEND NRW Sprecher*innen und dem Landesvorstand statt. Der dort entwickelte Zeitplan soll beim LAG-Sprecher*innenrat vorgestellt werden.
• Wir streben eine fortlaufende „Talentförderung“ als gemeinsame Leitungs- und Zukunftsaufgabe zwischen dem Landesvorstand, den Gliederungen, der GRÜNEN JUGEND NRW und den LAGen an.
• Wir erweitern die Diskussionsmöglichkeiten mit Kandidat*innen. Neben ergänzenden Formaten zur klassischen schriftlichen Bewerbung, wie beispielsweise standardisierten Kurzvorstellungsvideos, sollen auch vom Landesverband (mit)veranstaltete Foren zur Diskussion mit Kandidat*innen, sowohl digital als auch mit direkten Begegnungsmöglichkeiten, durchgeführt werden. Hierbei scheint vielversprechend, diese mit den geplanten Formaten der Dialogforen zu kombinieren, um auch die Landesarbeitsgemeinschaften (LAGen) aktiv an der fachlichen Debatte mit den Kandidat*innen zu beteiligen. Diese Formate sollen ausdrücklich auch Raum geben für die Diskussion mit Bewerber*innen für die Spitzenkandidaturen.
• Zu den Verfahren im Vorfeld von Listenaufstellungen gehören die Votenvergaben in den Bezirksräten als erprobtes, demokratisch legitimiertes und bewährtes Mittel, um Unterstützung für einzelne Kandidat*innen auszudrücken. Diese haben sich zu einem Instrument der Vorstrukturierung der Kandidat*innenlage und zur Gewährleistung der regionalen Ausgewogenheit entwickelt. Gleichzeitig ließ dieses Verfahren häufig relativ wenig Flexibilität und Dynamik zu. Für künftige Votenvergabeverfahren soll die GRÜNE JUGEND in den Bezirksverbänden und -vorständen strukturell eingebunden und beteiligt werden. Die weitere Debatte, ob und welche Weiterentwicklungsmöglichkeiten bestehen, um die Votenvergabe etwa auf einer verbreiterten Delegiertenbasis aufzubauen, hat im Landesvorstand und in den Bezirksverbänden begonnen. Die LDK spricht sich dafür aus, den Diskussionsprozess im Sinne der angestrebten Verfahrensoptimierung fortzusetzen. Ein schriftlicher Zwischenstand der Debatte wird im zweiten Halbjahr 2019 den Mitgliedern zugänglich gemacht. Diese Ergebnisse der Beratungen sollen beim GRÜNEN FORUM im Frühjahr 2020 vorgestellt werden.
• Eine besondere Verantwortung in den Wahlkämpfen kommt unseren Spitzenkandidat*innen zu. Die Verfahren zu ihrer Auswahl müssen im besonderen Maße unseren Ansprüchen der Transparenz und breiten Beteiligung genügen, funktional sein und einen möglichst guten Start in den Wahlkampf ermöglichen. Diese Ansprüche betreffen dabei den konkreten Wahlmechanismus, wie das gesamte Verfahren im Vorfeld. Um diese Ansprüche im Verfahren vor der konkreten Entscheidung zu gewährleisten, möchten wir im Vorfeld der Spitzenkandidat*innenwahl breite Beteiligungs- und Diskussionsangebote machen und so den Bewerber*innen ermöglichen, um das Vertrauen der Mitgliedschaft zu werben. Ob eine Urwahl geeignet ist, unsere Ansprüche an Beteiligung, aber auch an Funktionalität und konkrete Umsetzbarkeit zu erfüllen, befindet sich noch in der Prüfung und Diskussion und ist noch nicht entscheidungsreif. Der Landesvorstand wird hierzu im Herbst 2019 ein GRÜNES FORUMS anbieten und u.a. auf Basis dieser Erkenntnisse Vorschläge erarbeiten und diese spätestens bei einem GRÜNEN FORUM im Frühjahr 2020 zur Diskussion stellen.
Zu diesem Prozess, den Vorschlägen und Fragen soll im Herbst 2019 ein GRÜNES FORUM stattfinden um einen ausreichenden Raum zur Beteiligung und Debatte zu schaffen. Die Mitglieder sind eingeladen hier Vorschläge einzubringen. Diese Diskussion soll dann bei einem weiteren GRÜNEN FORUM im Frühjahr 2020 fortgesetzt und für die LDK 2020 konkretisiert werden.
Ergänzend zu diesen konkreten Vorhaben möchten wir auch unsere innerparteiliche politische Kultur weiterentwickeln. Inhaltliche Einmischung, Debattenfreude während Parteitagen, das leidenschaftliche, faire Streiten für die eigenen Überzeugungen machen uns aus. Es ist es unser Ziel, auch bei Konkurrenzen um verantwortungsvolle Positionen eine politische Kultur im Landesverband so weiterzuentwickeln, dass diese selbstverständlicher Teil des innerparteilichen Wettbewerbes sind. Die LDKen als höchstes beschlussfassendes Gremium sind ein wichtiger Ort, um diese inhaltlichen Konkurrenzen auszutragen und fair und offen zu entscheiden. Dies verstehen wir als gemeinsame Aufgabe aller Akteur*innen unseres Landesverbandes.
Die hier beschriebenen Maßnahmen und damit verbundenen Prozesse steuern für uns nicht auf ein fixes Ende zu. Sie dienen dem Landesvorstand und allen Beteiligten als Ausgangslage, uns auch zukünftig durch die Reflexion eigener Verfahren und Strukturen weiterzuentwickeln. In diesem Sinne möchten wir die begonnenen Gespräche und Prozesse fortsetzen und erweitern.
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