NRW hat viele Unternehmen, die im internationalen Handel stehen. Mit 181 Milliarden Euro betrug der Anteil Nordrhein-Westfalens am deutschen Export in 2012 alleine 16,5%. Dieser Erfolg schafft Arbeitsplätze und Wohlstand in NRW, und er stärkt unser Bundesland. Erfolg bedeutet aber auch Verantwortung. Die intensive Einbindung in den internationalen Handel ist nicht nur ein zentraler Baustein unseres Erfolges, sie verpflichtet uns auch dazu, uns für faire, nachhaltige Produktionsbedingungen in NRW und in unseren Partnerländern einzusetzen.
Wir Grünen in NRW setzen uns deshalb seit vielen Jahren für eine gerechte Handelspolitik ein, für eine Handelspolitik, die den Wohlstand aller Menschen befördert und die friedliche Kooperation der Staaten unterstützen. Wir kämpfen für eine Handelspolitik, die die ökologischen Grenzen unseres Planeten achtet und einen Beitrag dazu leistet, Ungleichheit und Armut weltweit zu mindern. Für uns ist es deshalb wichtig, dass Handelspolitik niemals singulär diskutiert wird, sondern dass sie eingebettet ist in Strategien zur Bekämpfung des Klimawandels und Artenschwundes, der weltweiten Armut und des Hungers und zur Beförderung guter Arbeits-, Sozial- und Gesundheitsstandards.
Ziel unserer Handelspolitik ist ein Austausch über gute Standards, gute Arbeitsbedingungen und eine gute Regulierungspraxis, sowie eine Vereinheitlichung von technischen Normen. Dies würde auch insbesondere kleineren und mittleren Unternehmen nutzen.
Um solch eine Handelspolitik zu gestalten braucht es starke und entschlossene staatliche Rahmensetzungen und ein transparente, multilaterale Politik.
Die Verhandlungen zum Handelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) gehen allerdings in eine andere Richtung. Gemeinsam mit dem EU-Kanada-Abkommen (CETA) und dem geplanten Dienstleistungsabkommen (TISA) stehen sie für eine Handelspolitik, die auf Exklusivität statt auf Multilateralismus setzt, auf Intransparenz statt auf faire Bürgerbeteiligung und auf Deregulierung statt auf gemeinsame gute Standardsetzung:
Intransparenz der Verhandlungen
Wir Grünen in NRW kämpfen seit vielen Jahren für eine Politik der Partizipation und Transparenz. Bürgerbeteiligung ist für uns eine notwendige Grundlage, damit unsere Demokratie funktioniert, damit politische Entscheidungen Akzeptanz und Unterstützung in der Gesellschaft erfahren. Doch leider sind Bürgerbeteiligung und Transparenz noch immer keine Selbstverständlichkeit in politischen Prozessen. Dies zeigen die Verhandlungen zu TTIP und Co. in trauriger Eindrücklichkeit.
Von Anfang an fanden die Verhandlungen zu allen drei Abkommen unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Nicht einmal das Verhandlungsmandat – also der Verhandlungsauftrag, den die europäischen Staats- und Regierungschefs der EU-Kommission erteilt hatten, war öffentlich.
Erst auf den massiven Druck vieler zivilgesellschaftlicher Akteure und Parteien wie der Grünen hin hat die EU-Kommission sich in den letzten Monaten bewegt und mehr Informationen und Unterlagen zu den Verhandlungen veröffentlicht. Wir Grüne in NRW bewerten dieses Plus an Transparenz als Erfolg und Verdienst der vielen Menschen, die seit Monaten mutig und kreativ für eine andere Handelspolitik streiten.
Trotzdem bleiben die Verhandlungen zu TTIP aus unserer Sicht viel zu intransparent: Die USA weigern sich weiterhin, ihre Verhandlungspositionen zu veröffentlichen oder auch nur gewählten Abgeordneten zur Verfügung zu stellen. Im Europäischen Parlament haben inzwischen 13 Abgeordnete Zugang zu einigen konsolidierten Texten in einem Leseraum. Solche Leseräume sind nun auch in den Hauptstädten der Mitgliedsstaaten eingerichtet, allerdings stehen diese nur Regierungsmitarbeitern zur Verfügung. Abgeordnete des deutschen Bundestags haben weiterhin keinen Zutritt. Diesen Zustand halten wir für inakzeptabel. Deutschland und die EU müssen sich noch deutlicher als bisher dafür einsetzen, dass die Öffentlichkeit und die Parlamente ausführlich über die konkreten Ziele und Pläne des geplanten Abkommens informiert werden. Für diese Forderung haben wir uns im Rahmen einer Bundesratsinitiative eingesetzt (siehe Beschluss des Bundesrates vom 11. Juli 2014, Drucksache 295/14).
Keine Klageprivilegien für Konzerne
CETA, TTIP und weitere geplante Abkommen sollen Klageprivilegien für Konzerne (sogenannte Investor-Staat-Schiedsgerichte, kurz ISDS) enthalten. Diese Regelungen ermächtigen ausländische Investoren, unter Umgehung der nationalen Rechtssysteme Staaten vor privaten Schiedsgerichten auf hohe Entschädigungssummen zu verklagen.
Die Verfahren sind oft sehr intransparent und neigen dazu, investorenfreundliche Entscheidungen zu treffen. Schon die Androhung eines Verfahrens kann Staaten dazu bringen, Gesetze gar nicht oder nur aufgeweicht zu erlassen. Eine Berufungsinstanz gibt es bei solchen Schiedsgerichten bislang nicht.
Im Schnitt kostet ein Verfahren vor einem Schiedsgericht laut OECD jede Partei vier Millionen Euro, weshalb fast ausschließlich große Konzerne davon Gebrauch machen. Mittelständische Unternehmen können sich diese Prozesskosten kaum leisten und werden durch ISDS eindeutig benachteiligt. So sieht es auch der Bundesverband der mittelständischen Wirtschaft, der ISDS in TTIP ablehnt.
Europa, die USA und Kanada haben starke Rechtssysteme. Es gibt bereits intensive Handels- und Investitionsbeziehungen zwischen diesen Ländern, auch ohne Investorenprivilegien. Eine funktionierende Infrastruktur oder gut ausgebildete Fachkräfte sind weitaus wichtiger für InvestorInnen als ISDS. Dies zeigt: ISDS ist schlicht unnötig.
Wir schließen uns dem Beschluss des Bundesrates an, wonach diese Klageprivilegien unnötig und mit hohen Risiken verbunden sind. Daran ändert auch nichts, dass die EU Kommission mit dem CETA-Abkommen versucht hat, ein Investitionsschutzkapitel vorzulegen, dass einige Kritikpunkte aufgreift und zu entschärft. Viele elementare Probleme würden damit weiter bestehen. Und auch der am 6. Mai von Cecilia Malmström vorgestellte neue Vorschlag für ISDS in TTIP ist unzureichend. Neben TTIP und CETA verhandelt die EU weitere Abkommen, die ISDS enthalten sollen. CETA würde die Richtung für weitere Abkommen vorgeben. Auch deshalb ist es so wichtig, keinen Präzedenzfall auf EU-Ebene entstehen zu lassen. Wir Grüne in NRW lehnen Klageprivilegien für Konzerne in TTIP und CETA deshalb ab. Die Praxis hat gezeigt, dass in vielen Fällen die Weiterentwicklung von Umwelt- und Verbraucherschutzstandards durch Klagen verhindert wurde oder teuer bezahlt werden musste.
Umwelt- und Verbraucherschutz stärken, das Vorsorgeprinzip bewahren
EU-Kommission und Bundesregierung behaupten stets, dass weder TTIP noch CETA Einschnitte in den Umwelt- oder Verbraucherschutz oder eine Gefahr für das europäische Vorsorgeprinzip mit sich bringen werden. Der vorliegende, noch nicht rechtsförmlich überprüfte Vertragstext des CETA-Abkommens liefert an einigen Stellen Grund für Zweifel an dieser Aussage. Die Vereinbarungen mit Kanada zur Zusammenarbeit im Bereich der Agrogentechnik, mit dem prioritären Ziel, Handelshemmnisse abzubauen, wird künftig so gut wie keinen Raum für die Anwendung des Vorsorgeprinzips bei der Zulassung von gentechnisch veränderten Organismen lassen. Auch die Aufhebung der Nulltoleranz bei der Verunreinigung von Lebensmitteln und Saatgut mit in Europa nicht zugelassenen gentechnisch veränderten Organismen (GVO) werden wir nicht hinnehmen.
Vor allem ist aber nach wie vor völlig unklar, wie im Rahmen der Verhandlungen zu TTIP das europäische Vorsorgeprinzip mit US-amerikanischen Zulassungsvorschriften und Regulierungsprozessen in Einklang gebracht werden soll, ohne dass das Vorsorgeprinzip dabei in Frage gestellt wird. Die USA haben mehrfach betont, dass sie das europäische Vorsorgeprinzip ablehnen. Das Vorsorgeprinzip ist aber ein unverrückbarer Grundpfeiler des VerbraucherInnenschutzes in der EU. Wir Grüne in NRW unterstützen die Aussage der Verbraucherschutzministerkonferenz, die ein deutliches Bekenntnis zur Wahrung der sehr guten Verbraucher-, Sozial- und Umweltstandards in der EU formuliert hat (siehe Beschluss der Verbraucherschutzministerkonferenz vom 24. September 2014). Es darf nicht als angebliches Handelshemmnis deklariert und ausgehöhlt werden, sondern muss im Gegenteil zum Schutz der VerbraucherInnen gestärkt werden.
Ein Großteil der erhofften Effekte des TTIP-Abkommens wird im Abbau sogenannter „nicht-tarifärer Handelshemmnisse“ vermutet. Dabei geht es um die gegenseitige Anerkennung und Harmonisierung von bestehenden Standards und Regeln. Wir Grüne sehen keine Probleme mit der Angleichung etwa der Farben von Autoblinkern oder einer Einigung auf einheitliche Ladegeräte. In sensiblen Bereichen wie der Lebensmittelsicherheit, den Zusatzstoffen bei Kosmetika oder dem Einsatz von Pestiziden dürfen bestehende Standards aber auf keinen Fall untergraben und schon gar nicht im Rahmen von politischen „Dealmaking“ preisgegeben werden. Dennoch liefern Berichte aus den TTIP-Verhandlungen immer wieder Anlass zu genau dieser Befürchtung. Wir Grüne halten fest: Verbraucherschutz ist kein Handelshemmnis, sondern ein elementarer Baustein unseres staatlichen Gemeinwesens. TTIP darf aus unserer Sicht weder dazu führen, dass bestehende Verbraucherschutzstandards gesenkt werden, noch, dass künftig die Setzung höherer Standards erschwert wird.
Im TTIP und CETA sollen außerdem Foren für eine regulatorische Kooperation eingerichtet werden. Anders, als es die Beteuerungen der EU-Kommission zum Beispiel zur Aufrechterhaltung von REACH nahelegen, sind in CETA erst einmal keine Vorbehalte geplant, sondern zunächst alle Bereiche für die regulatorische Kooperation offen – wenn ein Handelspartner diese in einem Bereich ablehnt, was möglich ist, ist dies wiederum begründungsbedürftig. In beiden Gremien zur regulatorischen Kooperation ist eine Konsultation mit Dritten geplant. Auch wenn die damit entstehenden Einflussmöglichkeiten bislang sehr schwer konkret nachweisbar sind, ist absehbar, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit den Einfluss von LobbyistInnen weiter steigern werden. Es wäre keinesfalls hinnehmbar, wenn LobbyistInnen damit die Möglichkeit geschaffen werden würde, schon vor Behandlung eines Gesetzes im Parlament darauf Einfluss zu nehmen, vor allem wenn dies nicht öffentlich nachvollziehbar ist. Gesetze können selbstverständlich mit betroffenen Akteuren besprochen werden, eine vorherige Einmischung lehnen wir allerdings ab. In jedem Fall muss dabei konsequent auf transparente Prozesse geachtet werden. Nur so kann verhindert werden, dass Einzelinteressen bevorzugt und die Souveränität gewählter Parlamente untergraben wird.
Gefahren für die kommunale Daseinsvorsorge – Widerstand aus den Kommunen in NRW
Wir Grünen in NRW wollen die Kommunen in ihrer Handlungsfähigkeit stärken. Für uns ist Subsidiarität ein wichtiges Prinzip: Das, was vor Ort geregelt werden kann, soll auch vor Ort geregelt werden.
Mit den geplanten Handelsabkommen droht die kommunale Handlungsfähigkeit eingeschränkt zu werden. TiSA, TTIP und CETA zielen auf eine umfassende Öffnung der Märkte für Dienstleistungen. CETA hat mit der Verwendung von Negativlisten für den Dienstleistungsbereich schon Fakten geschaffen, denn das Abkommen sieht Negativlisten für den Dienstleistungsbereich vor. Das heißt nichts anderes, als dass alle Dienstleistungen, die nicht privatisiert werden sollen, ausdrücklich gelistet werden müssen. Zwar erlaubt das CETA-Abkommen Ausnahmen für öffentliche Dienstleistungen der kommunalen Daseinsvorsorge. Nicht explizit genannte Dienstleistungen fallen allerdings automatisch in den Bereich der Liberalisierung. Das betrifft auch solche Dienstleistungen, die zum Zeitpunkt des Abschlusses von TTIP und Co. nicht existieren.
Wir Grünen in NRW kritisieren dies. Aus unserer Sicht darf es nicht passieren, dass Staaten sich für die Zukunft der Möglichkeit einer sinnvollen Regulierung berauben. Kommunale Aufgaben sind vielfältig und unterliegen einem ständigen Wandel. Wir Grünen halten es für falsch, dass im Rahmen von TTIP, TISA und CETA mit „Negativlisten“ gearbeitet wird und im besten Fall ein Status Quo in der Regulierung der Daseinsvorsorge fixiert wird, der die Handlungsfreiheit der Städte und Gemeinden einschränkt. Dies ist eine deutliche Verschlechterung gegenüber dem bislang bekannten Standard in der WTO, bei dem im Rahmen von „Positivlisten“ nur die Märkte aufgeführt werden, die explizit liberalisiert werden sollten. Das Prinzip der Positivlisten sollte nicht in Frage gestellt werden. Die Beteuerungen von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, die Daseinsvorsorge sei sicher, sind für uns nicht glaubhaft. Schon in CETA ist keine generelle Ausnahme für die kommunale Daseinsvorsorge formuliert. Die vereinbarte Public-Utility-Ausnahme ist in ihrer Reichweite rechtlich höchst umstritten und bietet bei Verwendung von Negativlisten keinen ausreichenden Schutz für die kommunale Daseinsvorsorge. TTIP und TiSA werden voraussichtlich mit den gleichen Instrumenten arbeiten. Damit wird ein hohes Maß an Rechtsunsicherheit, die die Regulierung von öffentlichen Dienstleistungen betreffen erzeugt. Die Perspektive, millionenschweren Entschädigungsklagen vor Schiedsgerichten ausgesetzt zu sein, würde die kommunale Handlungsfreiheit ganz erheblich lähmen. Dies erhöht den Druck öffentliche Dienstleistungen in private Hände zu geben. Auch sogenannte Ratchet- und Stillstandsklauseln, die eine Rekommunalisierung von Dienstleistungen erschweren oder gar unmöglich machen, könnten einen großen Einschnitt in die kommunale Selbstverwaltung bedeuten.
Viele Räte in NRW haben bereits Beschlüsse hinsichtlich der geplanten Abkommen gefasst. In diesen Beschlüssen haben viele Räte ihre berechtigte Sorge um die Auswirkungen der Abkommen zum Ausdruck gebracht. Damit haben sie wichtige Beiträge in der öffentlichen Debatte um die Abkommen eingebracht. Wir werden weiterhin genauestens auf das achten, was verhandelt wird. TTIP & Co dürfen auf keinen Fall zu einer Belastung für die Kommunen werden.
Kulturelle Vielfalt schützen, Handlungsfähigkeit ermöglichen
Durch die Unterzeichnung einer UN- Konvention haben sich Deutschland und die EU zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen bekannt. Den Grundsätzen dieser Konvention sind wir auch im Rahmen von Freihandelsabkommen verpflichtet. Wir Grüne sprechen uns daher ausdrücklich für eine Ausnahme der Bereiche audiovisuelle Medien und Kultur aus internationalen Abkommen aus. Nur so können wichtige Kulturförderinstrumente wie beispielsweise der ermäßigte Mehrwertsteuersatz für Kulturgüter oder die Buchpreisbindung dauerhaft geschützt werden.
CETA enthält für die EU keine generelle Ausnahme für kulturelle Dienstleistungen, sondern allein eine Ausnahme für den audio-visuellen Bereich. Damit hat sich die EU ausdrücklich darauf eingelassen, CETA in der EU auf mehr kulturelle Bereiche auszuweiten als in Kanada. Auch hier stellt der Ansatz, mit Negativlisten zu arbeiten, ein großes Problem dar. Denn auch wenn audiovisuelle Medien derzeit ausgenommen sind, ist völlig offen, wie technische Innovationen wie etwa Streaming-Dienste in Zukunft klassifiziert werden. Denn in dem Moment, in dem diese in den Bereich der Telekommunikation fallen, sind sie nicht mehr ausgenommen und können nahezu bedingungslos liberalisiert werden. Das ist unbefriedigend und auch deshalb ein Problem, weil es erneut als Blaupause für TTIP dienen und den europäischen Markt weiter für US-amerikanische Anbieter öffnen könnte.
Datenschutz stärken
TTIP darf nicht dazu führen, dass Datenschutzbestimmungen noch weiter geschwächt werden. Stattdessen muss in allen Handelsabkommen der EU ein klarer Verweis auf die Verbindlichkeit europäischer Datenschutzregeln enthalten sein und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dadurch gestärkt werden.
Widerstand ernst nehmen – bessere Handelspolitik möglich machen
Die Verhandlungen zum transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP laufen nun seit fast zwei Jahren. Seit Sommer 2013 ist der Protest dagegen immer lauter geworden, hat mehr Länder innerhalb der EU erreicht und vor allem verschiedenste Bereiche der Gesellschaft erfasst. Von Gewerkschaften über Umweltverbände, von Kunstschaffenden über kommunale VertreterInnen, von Mittelständlern und Landwirten bis hin zu DatenschützerInnen: Die Kritik an den Plänen ist thematisch breit und inhaltlich fundiert. Die in Umfragen gemessene Unterstützung für TTIP nimmt weiter ab. Ende 2014 unterstützten noch 48% der Deutschen die Pläne. Anfang des Jahres 2015 waren es nur noch 39 Prozent, im April 2015 sogar nur noch 26 Prozent (siehe Umfragen von TNS/Emnid bzw. YouGov aus dem Februar bzw. März 2015).
Die selbstorganisierte europäische Bürgerinitiative hat europaweit über 1,7 Millionen Unterschriften gegen TTIP gesammelt und das nötige Quorum in zwölf Mitgliedsstaaten der EU erreicht. Sie wird von über 380 Organisationen aus ganz Europa getragen und ist Sinnbild für die Vielfalt und Stärke des Protests.
Insgesamt steht TTIP beispielhaft für eine Politik, die hart erkämpfte Rechte und Standards untergräbt, statt sie zu stärken. Wir Grüne haben bereits in der Vergangenheit klar zum Ausdruck gebracht, dass wir eine solche Politik ablehnen und das Abkommen in dieser Form nicht unterstützen.
Dabei geht es nicht um eine Auseinandersetzung zwischen den USA und der EU. Es geht um die Frage, ob Demokratien marktkonform werden sollen, oder Märkte demokratiekonform. Auch die USA haben in vielen Bereichen hohe und erstrebenswerte Standards. Bisher ist aber nicht erkennbar, dass es im TTIP um bessere, höhere Standards gehen soll. Je mehr aber über die Inhalte bekannt wird, desto mehr zeigt sich, dass viel von der bereits formulierten Kritik berechtigt ist. Wir Grüne beobachten diese Entwicklung mit großer Sorge und lehnen es ab, die Verhandlungen wie bisher fortzusetzen.
Grundsätzlich gilt für uns: Handelsabkommen, die negative Folgen für die kommunale Daseinsvorsorge beinhalten, die Umwelt- oder Verbraucherschutzstandards direkt oder indirekt absenken oder die Einführung neuer Standards behindern, oder die zwischen Industrieländern gänzlich unnötigen Investor-Staatsklagen im Vertrag verankern, sind für uns Grüne in NRW nicht zustimmungsfähig.
Was wir benötigen ist ein Neustart in der europäischen Handelspolitik. So eine Handelspolitik muss unsere Grundüberzeugungen nach Fairness, Nachhaltigkeit und Transparenz spiegeln, Sozial-, Umwelt-, Verbraucher-, Datenschutz- und Gesundheitsstandards stärken, und transparent und demokratisch verhandelt werden.
Die GRÜNEN NRW werden auch in den kommenden Monaten zur europäischen Handelspolitik aktiv bleiben, denn sie betrifft direkt unsere Demokratie in Europa, in NRW und in den Kommunen. Zudem muss eine sachliche Auseinandersetzung zu diesem Thema weiter vorangetrieben werden. Denn die Bundesregierung nimmt die Sorgen in der Bevölkerung weiterhin nicht ernst – das zeigt das vehemente Eintreten von Sigmar Gabriel für das Abkommen. Daher unterstützen wir als Landesverband auch weiterhin die Europäische Bürgerinitiative gegen TTIP. Wir unterstützen außerdem ausdrücklich den Aufruf zum Aktionstag gegen TTIP am 10. Oktober 2015 in Berlin und werden uns dafür einsetzen, dass der Aktionstag ein erfolgreiches und starkes Signal gegen die Pläne zu TTIP & Co wird.
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