Bildung

Unser Brief an Armin Laschet

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, lieber Herr Laschet,

erneut und letztmalig richten wir uns heute mit dem Appell an Sie, die übereilten und schlecht vorbereiteten Schulöffnungen in NRW ab dem morgigen Donnerstag zu stoppen. Wir richten uns erneut an Sie, da wir in den vergangenen Tagen den Eindruck gewonnen haben, dass Ihre Landesregierung die Schulöffnungen in NRW ohne ausreichende Vorbereitungen hinsichtlich der überall und ausreichend zur Verfügung stehenden Schutzvorkehrungen, ohne eine transparente und konsistente Kommunikation gegenüber den Beteiligten und vor allem ohne die Einbindung, ja sogar gegen den ausdrücklich artikulierten Widerstand der Betroffenen vornimmt.

Die einschlägigen Äußerungen, etwa der Bildungsverbände und -gewerkschaften, der Eltern- und Schülervertretungen sowie der Kommunen, scheinen keinerlei Reflexion über das Vorgehen bewirkt zu haben. Uns haben in den vergangenen Tagen zahlreiche Hilferufe erreicht. Von Schüler*innen, ihren Eltern und Familien, Lehrer*innen und kommunalen Verantwortungsträger*innen. Einige exemplarische Beispiele:

  • Schülerinnen und Schüler berichten, dass sie Angst haben, sich selbst oder Angehörige zu infizieren, insbesondere wenn diese Vorerkrankungen haben.
  • Eltern berichten, dass sie es kaum verantworten können, ihre Kinder in die Schulen zu schicken und diesem Druck auszusetzen.
  • Lehrerinnen und Lehrer schreiben uns, dass sie sich keinesfalls ausreichend geschützt fühlen. ·
  • Kommunale Verantwortungsträger haben Sie angeschrieben, um zu betonen, dass die von Ihrer Landesregierung betriebenen übereilten Schulöffnungen nicht umgesetzt werden können. ·
  • Verbände und Gewerkschaften haben in zahlreichen Stellungnahmen gegen das Vorgehen Ihrer Regierung protestiert.

Wir haben einige der konkreten Beispiele gesammelt und auf eine Website gestellt, um den Betroffenen zu ermöglichen, dass ihre ganz persönlichen Sorgen und Erwartungen an Sie gehört werden.

Wir bitten Sie erneut, sich diese Berichte anzuschauen. Die Betroffenen haben das Recht, von Ihnen und Ihrer Regierung gehört zu werden – und Ihre Meinungen in die Entscheidungsprozesse einzubringen. Viele junge Menschen haben uns mitgeteilt, dass Sie sich von der Landesregierung und den regierungstragenden Fraktionen nicht ernstgenommen und gehört fühlen. Sie äußern auch Zweifel an der Funktion unseres demokratischen Gemeinwesens.

Uns eint die Sorge um die gravierenden sozialen Folgen der aktuellen Maßnahmen zur Einschränkung der Pandemieausbreitung, insbesondere für junge Menschen und ihre Familien. Auch wir befürworten, dass schrittweise auch die Schulen wieder öffnen. Öffnungen und Lockerungen darf es aber in dieser uns alle betreffenden Krise nur nach einer ausreichenden Planung und mit einem Konsens unter den Beteiligten geben. Umso wichtiger ist deshalb, die Schulen in die Lage zu versetzen, pädagogisch auf die Krisenerfahrungen der Schülerinnen und Schüler einzugehen und den Familien Halt und Unterstützung zu geben. Dadurch, dass derzeit jedoch alle Ressourcen auf eine übereilte Öffnung sowie auf die Prüfungsvorbereitung und -durchführung konzentriert werden müssen, ist dies derzeit nicht möglich. Damit verfehlt das Vorgehen Ihrer Landesregierung das pädagogisch und gesellschaftlich Notwendige.

Zudem ist eine andere Regelung für die Abschlussprüfungen ausweislich der Äußerungen des Staatssekretärs Richter möglich, der am 16. April 2020 im Schulausschuss des Landtags erklärte: „Abweichend von § 18 Abs. 5 Schulgesetz soll für den Notfall – wenn er denn kommen sollte – im Jahre 2020 auch ein Abitur ohne Prüfung möglich sein. Die Grundlage dafür wurde vor Kurzem ebenfalls mit einem Beschluss der Kultusministerkonferenz geschaffen. Er sieht für einen solchen Notfall die wechselseitige Anerkennung der Allgemeinen Hochschulreife auf Basis der bis dahin in der Qualifikationsphase erbrachten Leistungen unter besonderer Gewichtung der von den Schülerinnen und Schülern gewählten Abiturfächer vor.“ (APr 17/961 S.11) In diesem Sinne bitten wie Sie, Ihre Entscheidung zu überdenken.

Mit freundlichen Grüßen

Felix Banaszak       Monika Düker MdL        Sigrid Beer MdL

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