LDK-Beschluss

Für Artenvielfalt, Klima und Umwelt: Ökolandbau in Nordrhein-Westfalen voranbringen!

Beschluss der Landesdelegiertenkonferenz am 25. Mai 2025.

Auch wenn die Krise der Artenvielfalt und die Klimakrise aktuell aufgrund diverser geopolitischer Konflikte weniger im Fokus stehen, so sind sie doch weiter existent und noch lange nicht gelöst. Seit langem gilt die intensive Landwirtschaft als ein wesentlicher Treiber insbesondere des Artensterbens. Hier führt die intensive Nutzung dazu, dass der Artenrückgang in der Agrarlandschaft signifikant höher ist als in waldreichen Regionen oder in den Städten.[1] Genauso sind auch die negativen Auswirkungen der Landwirtschaft auf das Klima hoch: Die Nutzung von Mooren, ein überhöhter Viehbestand sowie die Emissionen synthetischer Düngemittel tragen erheblich zum Gesamtausstoß klimarelevanter Gase bei. Und mit der Ems fließt bezeichnenderweise einer der „dreckigsten Flüsse“ Deutschlands nicht durch ein Industriegebiet, sondern durch das Münsterland und das Emsland – zwei von intensiver Viehhaltung geprägte Regionen.

Neben diesen Problemen schwelt seit Jahren ein gesellschaftlicher Konflikt um die Intensivtierhaltung. Die Art und Weise, wie wir Tiere halten, hat laut Gutachten des Wissenschaftlichen Beirates für Agrarpolitik der Bundesregierung zunehmend an Akzeptanz verloren. Schlimmer noch: Der Beirat bewertete „die derzeitigen Haltungsbedingungen eines Großteils der Nutztiere für nicht zukunftsfähig.“[2] Zehntausende von Hähnchen oder Tausende von Mastschweinen, die auf engstem Raum gehalten werden, lehnen die meisten Menschen genauso ab, wie sie sich wünschen, die Tiere draußen auf der Weide zu sehen. Der Wunsch nach einer Landwirtschaft im Einklang mit Tier, Natur und Umwelt ist für die meisten Menschen ein Ziel, das nach ihrer Meinung vom Staat angestrebt und umgesetzt werden soll.

Wir GRÜNE stehen für eine nachhaltige Lebensmittelerzeugung, für eine klare Transparenz, für unbelastetes, nicht gentechnisch verändertes Essen und einem schonenden Umgang mit unseren natürlichen Ressourcen. Viele Menschen vertrauen uns GRÜNEN, dass wir uns für eine bessere Tierhaltung, mehr Wasser- und Bodenschutz, mehr Artenvielfalt auf Feldern und Weiden einsetzen. Sie wollen, dass wir ihnen ermöglichen, sich nachhaltiger und gesünder zu ernähren, indem wir etwa tierische Produkte eindeutig nach Haltung kennzeichnen, oder das Angebot in Kantinen vielfältiger und flexibler gestalten.

Nordrhein-Westfalen ist ein Land mit einer starken Landwirtschaft, aber auch dementsprechend mit einer hohen Belastung aus der landwirtschaftlichen Produktion. Gerade als großes Flächenland mit einer gleichzeitig intensiven und ebenfalls umweltbelastenden Flächennutzung durch Schwerindustrie und Energieproduktion ist die Verantwortung besonders groß, eine Wende hin zu mehr Artenvielfalt, mehr Klimaschutz und einer bessere Tierhaltung zu erreichen.

Dennoch hinkt Nordrhein-Westfalen hier seit Jahren hinterher: Während sich in Bayern die Fläche des Ökologischen Landbaus zwischen 2010 und 2020 auf aktuell 400.000 ha fast verdoppelt hat, bleibt der Ökolandbau in NRW mit gut 90.000 ha trotz aller Ausbauziele deutlich dahinter zurück. Dementsprechend werden in Bayern 15 Prozent der Fläche ökologisch bewirtschaftet, in Nordrhein-Westfalen sind es nur gut sieben Prozent.[3] Und gerade in den intensiv genutzten Agrarregionen ist dieser Wert noch einmal schlechter – so werden in den Kreisen Coesfeld, Heinsberg und Borken keine zwei Prozent der Bauernhöfe ökologisch bewirtschaftet.

Die Intensivtierhaltung und die intensive Landbewirtschaftung widerspricht aber nicht nur den gesellschaftlichen Anforderungen nach mehr Tierwohl und einer intakten Umwelt. Am Ende kommen uns die billigen Lebensmittel aus der Intensivlandwirtschaft teuer zu stehen: Neben den enormen Umwelt- und Klimakosten, die zu erheblichen Teilen noch von Generationen nach uns zu begleichen sind, wenden wir schon jetzt erhebliche Mittel auf, um die Auswirkungen abzumildern bzw. entstandene Schäden zu reparieren. Zeitgleich ist Biodiversität die Basis der landwirtschaftlichen Produktivität und eine Grundvoraussetzung für funktionierenden Pflanzenschutz, Kohlenstoffspeicherung und Klimawandelanpassung. So schadet ein Teil der Landwirtschaft am Ende auch allen Bäuerinnen und Bauern, die ökologisch und nachhaltig produzieren wollen.[4]

Damit ist klar, dass die Agrarproduktion der intensiven Landwirtschaft zwar billige Lebensmittel ermöglicht, am Ende aber nicht günstiger ist. Das soziale Argument ist insoweit irreführend – wir brauchen auch und gerade bei Lebensmitteln eine Vollkostenrechnung, die neben den sichtbaren Produktionskosten auch die unsichtbaren – zumeist externalisierten und sozialisierten – Nebenkosten einschließt.

Klar ist, dass die vielfältigen Krisen keinen Aufschub dulden. Die Klimakrise ist jetzt – genauso wie die Krise der Artenvielfalt!

Eine grundlegende Antwort auf die Probleme der intensiven Landwirtschaft bietet der Ökologische Landbau. So attestiert das Thünen-Institut: Ökologisch wirtschaftende Betriebe erbringen zahlreiche gesellschaftliche Leistungen für den Umwelt- und Ressourcenschutz.[5] Er verzichtet auf den Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln und Stickstoffdünger. Das schützt Böden, Gewässer und Luft vor schädlichen Belastungen und trägt so dazu bei, dass unser Wasser sauber und unsere Ökosysteme intakt bleiben. Darüber hinaus enthalten Produkte aus dem Ökolandbau dementsprechend auch weniger Rückstände.

Indem der Ökolandbau auf synthetischen Stickstoffdünger verzichtet, reduziert sich der Energiebedarf der Landwirtschaft erheblich. Statt auf „Kunstdünger“ setzen Ökobäuerinnen und -bauern auf Komposte, Mist und Gülle sowie auf weite und vielfältige Fruchtfolgen, um die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten. Und nur ein fruchtbarer Boden erzeugt genug Nahrungsmittel, bindet Wasser und kann ausreichend CO2 speichern. Die Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit sind wir den zukünftigen Generationen schuldig!

Und während die intensive Landwirtschaft und die nachgelagerte Lebensmittelindustrie für den Weltmarkt und den billigsten Preis produzieren, zielt der Ökolandbau auf den heimischen Markt und auf regionale Teilmärkte ab. Genau hierin besteht eine große Chance, auch in Nordrhein-Westfalen, eine vielfältige Landwirtschaft vor Ort zu erhalten, einen ortsnahen Bezug von Lebensmitteln herzustellen und gleichzeitig vielen Bäuerinnen und Bauern eine Zukunft zu ermöglichen!

Die LDK beschließt:

  1. Der Ökologische Landbau ist eine bewährte Antwort auf die Krise von Natur, Umwelt und Klima. Deshalb halten wir einen massiven Ausbau des Ökologischen Landbaus in Nordrhein-Westfalen weiterhin für dringend geboten. Dazu braucht es die ausreichende Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen sowie auch eine regional ausdifferenzierte Förderung. Wir fordern, dass Nordrhein-Westfalen genauso wie Bayern und Niedersachsen die höchstmöglichen Fördersätze für den Ökologischen Landbau auszahlt, um einen weiteren Ausbau zu erreichen.
  2. Verbraucherinnen und Verbraucher legen zunehmend Wert auf nachhaltige, umweltfreundliche Lebensmittel. Während das Angebot im Lebensmitteleinzelhandel permanent wächst und mittlerweile nahezu an jedem Ort vorhanden ist, gilt dies nicht für den immer wichtigeren Bereich der Außer-Haus-Verpflegung. In Mensen, Kantinen und Krankenhäusern gilt oftmals das Diktat des billigsten Preises – oftmals auf Kosten der Qualität. Das wollen wir ändern!
  3. Regionalität kann Klima sowie Umwelt schonen und gleichzeitig eine vielfältige Landwirtschaft vor Ort ermöglichen. Seit Jahren entwickelt sich die Landwirtschaft und das Lebensmittelhandwerk aber in eine entgegengesetzte Richtung: Immer weniger kleine Lebensmittelunternehmen und eine immer größere Spezialisierung der Landwirtschaft stehen der Regionalität zunehmend entgegen. Diesen Trend wollen wir aufheben und regionale Wertschöpfungszentren oder sogenannte Food-Hubs unterstützen, deren Schwerpunkt immer auch auf der Distribution von regionalen Biolebensmitteln liegen soll. Auch unterstützen wir die Einführung kommunaler Ernährungsräte.
  4. Die Preise müssen die Wahrheit sagen! Gerade bei Lebensmitteln werden entstehende Umweltkosten externalisiert. Wir fordern, dass diese Kosten transparent gemacht und verursachergerecht getragen werden. Nur so schützen wir zielführend unsere Umwelt, aber auch alle Verbraucherinnen und Verbraucher. Damit sich jeder Mensch gute Lebensmittel leisten kann, setzen wir uns für gerechte Löhne, günstige Energiepreise und die Einführung des Klimageldes ein.
  5. Nur wer um die Alternativen weiß, kann auch alternative Wege gehen. Der Ökologische Landbau ist daher gleichwertig in die Ausbildung oder das Studium junger Landwirtinnen und Landwirte zu implementieren. Die Fachschule für Ökologischen Landbau der Landwirtschaftskammer NRW am Standort Haus Riswick ist langfristig abzusichern und als Ausbildungsoption zu bewerben. Der Ökologische Landbau muss auch hierdurch zu einem integralen Bestandteil einer Agrarstrategie des Landes Nordrhein-Westfalen werden.
  6. Wir fordern die Umsetzung eines landeseigenen Kantinenprogramms, das der Ernährungsarmut in Nordrhein-Westfalen entgegenwirkt, indem es allen Kindern und Jugendlichen in Schulen und Kitas den Zugang zu gesunden, leckeren, regional und ökologisch erzeugten Lebensmitteln ermöglicht. In allen landeseigenen Kantinen sollen ökologische Lebensmittel aus NRW in der Höhe zum Einsatz kommen, die sich das Land selbst als Zielmarke für den Anteil des Ökologischen Landbaus gesetzt hat.

[1]https://www.umweltbundesamt.de/themen/landwirtschaft/umweltbelastungen-der-landwirtschaft/gefaehrdung-der-biodiversitaet

[2]https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Ministerium/Beiraete/agrarpoliti-k/GutachtenNutztierhaltung-Zusammenfassung.pdf?__blob=publicationFile&v=2

[3]https://www.oekolandbau.de/aktuelles/bio-marktinformationen/oeko-flaeche-und-oeko-betriebe-in-deutschland/

[4]https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Ministerium/Beiraete/biodiversit-aet/stellungnahme-pflanzenproduktion.pdf?__blob=publicationFile&v=4

[5]https://www.thuenen.de/de/themenfelder/oekologischer-landbau/die-leistungen-des-oekolandbaus-fuer-umwelt-und-gesellschaft

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