LDK-Beschluss

Im Sinne der Demokratie: Tragfähige Lösungen mit dem Mut zum eigenen Kompass!

Beschluss der Landesdelegiertenkonferenz am 25. Mai 2025.

Als GRÜNE NRW erkennen wir die Realitäten unserer Gesellschaft an und arbeiten an konkreten Lösungen. Dabei nehmen gegenwärtig insbesondere sicherheitspolitische Fragestellungen eine bedeutende Rolle ein.

Mit Blick auf die Bundestagswahl fällt neben allen parteipolitischen Fragestellungen eine grundsätzliche Entwicklung auf, die tiefe Sorge bereitet: Das schmerzhafte Erstarken der AfD. Wir sind überzeugt: es braucht einen Kampf auf allen Ebenen und gleichzeitig eine Politik, die aufrichtige Lösungen bietet. Dabei erkennen wir, dass der allgemeine gesellschaftliche Rechtsruck diese Entwicklung befördert und dringend einer glaubwürdigen Gegenerzählung bedarf.

Eine Politik, die aufrichtige Lösungen bietet, ist das wirksamste Mittel gegen faschistische Tendenzen. Daher vertreten wir einen konsequenten Kurs im Sinne grüner Politik, um linke Lösungen innerhalb der gegenwärtigen Regierungsbeteiligung möglich zu machen.

Vor dem Hintergrund sich weiter zuspitzender Engpässe der öffentlichen Haushalte müssen Prioritäten gesetzt werden. Dazu wollen wir die sicherheitspolitische Debatte weiten und gezielt Projekte in den Blick nehmen, die sich fachpolitisch wie finanzwirtschaftlich auszahlen, wie wir es in der Präventionssäule des Maßnahmenpakets nach Solingen angelegt haben.

Wo Kommunen in der Verschuldung versinken, ist die Demokratie auf dem Rückzug!

Die kommunale Verschuldung beläuft sich in NRW auf beinahe 50 Milliarden Euro, der Investitionsstau der öffentlichen Hand liegt auf identischem Niveau (2023). Strukturwandel und Rückgang von Arbeitsplätzen haben insbesondere in NRW in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur die Einnahmensituation der Städte und Gemeinden verschlechtert, sondern im gleichen Zuge für einen dramatischen Rückgang an Lebensqualität ganzer Stadtteile gesorgt. Geopolitische Veränderungen bringen heute weitere Risiken für das Zuliefererland NRW mit sich.

Die politische Antwort lautete hier zu lange: „Einsparen und auf Verschleiß fahren“ Doch wo sich der Staat zurückzieht und Schwimmbäder nicht mehr Instand setzt, Stadtteilbibliotheken schließen und den ÖPNV ausdünnen lässt, leiden diejenigen, die auf eine robuste öffentliche Infrastruktur angewiesen sind. Daher ist es richtig, dass wir gemeinsam mit der CDU in der Landesregierung einen konkreten Plan zur Altschuldenlösung vorgelegt haben. Es ist nun an der neuen Bundesregierung, die bestehende Finanzierungslücke für diesen Vorschlag zu schließen. Der Bund darf sich nicht hinter dem Land verstecken. Jetzt ist die Zeit, dass die neue Bundesregierung sich für starke Kommunen bekennt und den Weg für eine auskömmliche Bundesbeteiligung am Altschuldenfond frei macht.

Gleichzeitig befindet sich auch das Land Nordrhein-Westfalen in einer finanziell angespannten Situation. Für das Haushaltsjahr 2025 haben wir als Teil der Landesregierung eine Priorisierung der Haushaltsmittel auf besonders relevante Bereiche vorgenommen, um in schwierigen Zeiten Verantwortung für die Modernisierung und Sicherung der Zukunftsfähigkeit des Landes zu übernehmen.

Dabei müssen wir – gerade gegenüber der CDU – auf die Umsetzung fachpolitisch sinnvoller und im Koalitionsvertrag vereinbarter neuer Einnahmequellen drängen, indem auf mehr Investitionsmöglichkeiten und neue Einnahmequelle, wie die Vermögenssteuer und eine gerechte Erbschaftsteuer eingegangen werden.

Verantwortungsvolle, faktenorientierte und menschenrechtsbasierte Innen- und Migrationspolitik in aufgewühlten Zeiten

Die Landesregierung hat nach dem schrecklichen Attentat in Solingen schnell reagiert und mit einem Maßnahmenpaket für Sicherheit, Migration und Prävention Vorschläge erarbeitet, die unsere Politik auf Augenhöhe mit der neuen Realität bringen sollen. Zu dieser neuen Realität gehört insbesondere in den letzten Monaten allerdings auch ein sich zuspitzender Diskurs über Migration und Flucht. Immer häufiger sehen wir, wie sich politische Forderungen von wissenschaftlichen Grundlagen oder den gemeinsamen Zielen von Humanität, Sicherheit und Ordnung weit entfernen und es lediglich darum geht, Migration immer stärker zu begrenzen.

Als GRÜNE NRW widersprechen wir dem Narrativ, dass Migration ein Sicherheitsproblem darstelle und die Intensivierung von Abschiebungen zu einem Gewinn an Sicherheit führen.

Was Deutschland sicherer macht, ist eine Innenpolitik, die auf Fakten basiert, individuelle Rechte verteidigt und die Demokratie sowie unsere Art des Zusammenlebens schützt.

Populistische Schnellschüsse und Symbolpolitik helfen nicht weiter, sie schaden! Wir brauchen eine Innen- und Migrationspolitik, die sich den realen Herausforderungen stellt – mit klugen Konzepten, gezielter Prävention und dem festen Willen, Freiheit, Sicherheit und Gerechtigkeit im Sinne der Vielen gemeinsam zu denken. Dabei müssen wir vor dem Hintergrund einer angespannten Haushaltslage Prioritäten setzen, um eine offene Gesellschaft zu ermöglichen und zu verteidigen. Wir fordern daher:

  • Den Aufbau interdisziplinärer Einsatzteams, in denen Polizei, Sozialarbeit, Psychologie und weitere Fachrichtungen gemeinsam agieren. So können besonders komplexe Lagen – etwa bei häuslicher Gewalt, psychischen Ausnahmesituationen oder Bedrohung durch Radikalisierung – besser und differenzierter bewältigt werden.
  • Eine feministische Innenpolitik, die betroffene Frauen sowie trans- und nichtbinäre Menschen ernst nimmt, ihnen Schutzräume bietet und Gewalt gezielt verhindert. Dazu gehört auch die gesellschaftliche wie strafrechtliche Anerkennung von Femiziden.
  • Eine faktenbasierte und ursachenorientierte Sicherheitspolitik: 
Statt nur auf Repression zu setzen, wollen wir dort ansetzen, wo Unsicherheiten und Extremismus entstehen – mit starker Prävention, einer gut ausgestatteten Zivilgesellschaft und konsequenter Deradikalisierung.
  • Die Orientierung unserer Integrations- und Migrationspolitik an der Vielfalt als Stärke, Menschenrechten und gelebter Humanität. Unser Interesse liegt darin, alle aufenthaltssichernden Bleiberechtsregelungen so auszuschöpfen, dass alle Geflüchteten eine Bleibeperspektive erhalten können.
  • Zur Schaffung gelingender Integration sind alle gefordert. Daher ist die Schaffung von Teilhabe in Form von Sprache, Wohnort und der Möglichkeit einer Arbeit nachzugehen oberste Priorität unserer Integrationspolitik. Dabei spielt auch eine angemessene Gesundheitsversorgung wie niedrigschwellige therapeutische und weitere geschlechterdifferenzierte Angebote eine wichtige Rolle, um Retraumatisierungen zu vermeiden. Psychologische Screenings bei den gesetzlich vorgeschrieben Eingangsuntersuchungen sind hingegen unpraktikabel und stigmatisieren. Die nötigen finanziellen Ressourcen ermöglichen einen wichtigen Schritt zu einer sicheren Gesellschaft für alle Menschen, die im Land nach Glück, Freiheit und eben dieser Sicherheit streben.
  • Wir brauchen ein erklärendes und offenes Gesundheitssystem, das diskriminierungsfrei die notwendige Versorgung bietet. In NRW existiert eine Rahmenvereinbarung zwischen Ministerium und Krankenkassen, der die Kommunen beitreten können. Hierdurch erhalten Geflüchtete eine diskriminierungsfreie Gesundheitskarte. Dem sollten sich möglichst viele Kommunen anschließen. Sprachmittler*innen und digitale Übersetzungsangebote sind dabei zwingend notwendig.

Besonders die Rhetorik und Forderungen, die im Rahmen von Abschiebungen verwendet werden, sind symptomatisch für den politischen und gesellschaftlichen Rechtsruck.

Es ist falsch, Asyldebatten nur nach schrecklichen Einzelfällen auszurichten, statt auch nach den vielen gelungenen Integrationsgeschichten. Wir werden alle Instrumente, die wir haben, um für einen differenzierten und humanitäre Politik in der Asyldebatte zu arbeiten auf allen Ebenen von Bundestag, über Bundesrat bis zum Landtag und den kommunalen Gremien.

Als GRÜNE NRW ist für uns klar, dass Abschiebungen eine große Härte für die Betroffenen sind. Abschiebungshaft stellt in diesem Fall das äußerste Mittel und einen schwerwiegenden Eingriff in den grundrechtlich geschützten Freiheitsbereich des Menschen dar. Die Entscheidung über Abschiebehaft treffen keine Ministerien: Sie wird von kommunalen Ausländerbehörden beantragt, wenn diese darlegen, dass aus ihrer Sicht von einer Person eine Fremdgefährdung ausgeht oder diese sich einer Abschiebung entziehen würde. Dieses Mittel ist rechtlich normiert, da es ein schwerwiegender Eingriff in die individuelle Freiheit der Person darstellt. Ob eine Abschiebehaft geboten oder verhältnismäßig ist, entscheidet ein Gericht in einer Einzelfallentscheidung.

Seit einiger Zeit sehen wir jedoch, dass Abschiebungshaft immer häufiger schon vor dem Ausschöpfen aller milderen Mittel von Ausländerbehörden im Einzelfall beantragt wird, Gerichte nach Prüfung im Einzelfall diese auch anordnen und die Unterbringungseinrichtungen für ausreisepflichtige Geflüchtete zunehmend ausgelastet sind. Das hat zur Folge, dass gegenwärtig der Eindruck entsteht, als müsste das Land zur Erfüllung seiner Aufgaben zusätzliche Kapazitäten zur Verfügung stellen.

Diese Entwicklung ist jedoch keinesfalls ein Zeichen eines gut funktionierenden Migrationssystems, sondern Ausdruck des Scheiterns vorheriger Prozesse und Perspektiven – etwa durch fehlende Möglichkeiten des Spurwechsels oder unzureichender Bleibeperspektiven über Ausbildung, Arbeit oder Studium. Wir müssen es als Gesellschaft schaffen, mehr Geflüchteten dazu Zugang zu ermöglichen und durch Prävention und Integration tragfähige Perspektiven zu ermöglichen.

Abschiebehaft ist für uns GRÜNE nie politisches Ziel sondern Verpflichtung innerhalb des gesetzlichen Rahmens.

Um die Situation im Rahmen des Möglichen zu verbessern, fordern wir als GRÜNE NRW:

  • Wir priorisieren vor dem Hintergrund der angespannten Haushaltssituation in der kommenden und den zukünftigen Haushaltsberatungen die Sicherstellung und Ausweitung der Ausgaben des Landes NRW für Bildung, Sicherheit und eine gelingende Integration im Sinne dieses Antrags über Abschiebemaßnahmen.
  • Unser Ziel ist es entsprechend, den Bedarf an Abschiebehaftplätzen insgesamt zu verringern, so dass in ständiger Evaluation deutlich wird, dass eine zweite UfA nicht nur o.g. Zielen entgegensteht, sondern darüber hinaus auch nicht mehr nötig ist.
  • Die konsequente Umsetzung aller Angebote, die im Ausführungsgesetz für die Abschiebungshaft vorgesehen sind: Möglicher Entfall von Angeboten aufgrund von fehlenden finanziellen Ressourcen darf es bei Freizeit und Beratungsangeboten in Einrichtungen nicht geben
  • Eine Evaluierung des Aufenthaltsgesetzes, in dem der Personenkreis sowie die Rahmenbedingungen für die Abschiebungshaft geregelt sind. Wir setzen uns für die stärkere Nutzung von alternativen statt freiheitsentziehenden Maßnahmen ein und
  • für die Rücknahme der beschlossenen Höchstdauer der Inhaftnahme zurück von 28 auf 10 Tage.Wir stehen zu unseren Absprachen mit dem Koalitionspartner: Sowohl zu dem, was im Koalitionsvertrag vereinbart wurde, als auch zu den getroffenen Beschlüssen im Kabinett.

Freiheitsentziehende Maßnahmen müssen immer dem Gebot der Verhältnismäßigkeit folgen. Daher müssen andere Mittel Vorrang haben. Wir priorisieren vor dem Hintergrund der angespannten Haushaltssituation in der kommenden und den zukünftigen Haushaltsberatungen die Sicherstellung und Ausweitung der Ausgaben des Landes NRW für Bildung, Sicherheit und eine gelingende Integration. Es bleibt unser Ziel, Maßnahmen zu stärken, die eine Haft oder Ingewahrsamnahme vermeiden.

Durch die Stärkung alternativer Maßnahmen soll der Bedarf an freiheitsentziehenden Maßnahmen so gesenkt werden, dass die Auslastung sinkt und der Bedarf für die Inbetriebnahme weiterer Infrastruktur nicht gegeben ist.

 

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