LDK-Beschluss

Katastrophenschutz in NRW stärken: Verpflichtende Ausbildung und Übung für Einsatzkräfte und Entscheidungsträger*innen retten Leben

Beschluss der Landesdelegiertenkonferenz am 25. Mai 2025.

Die Krisen der vergangenen Jahre haben deutlich gemacht, wie verwundbar wir als Gesellschaft sind. Ob Klimakrise, Corona-Pandemie, der russische Angriffskrieg oder hybride Bedrohungen in Form von zunehmenden Cyberangriffen: Wir müssen als Gesellschaft resilienter werden und uns in NRW noch besser gegenüber Krisen und Katastrophen aufstellen.

Die Überschwemmungen, Stürme oder Dürren der letzten Jahre machen deutlich: Ein funktionierender Katastrophenschutz wird vor dem Hintergrund zunehmender Extremwetterereignisse immer wichtiger. Das Hochwasser an Ahr und Erft im Jahr 2021, bei dem 135 Menschen ihr Leben verloren haben, bleibt uns stets im Gedächtnis und ist eine Mahnung, dass wir uns schon jetzt besser vorbereiten müssen.

Wir GRÜNE setzen uns für einen konsequenten Klimaschutz ein. Nicht als Selbstzweck, sondern damit die vom Menschen verursachte Klimakrise nicht zur Katastrophe für uns alle wird.

Viele Auswirkungen werden sich nicht mehr verhindern lassen, weshalb Klimaanpassungsmaßnahmen Hand in Hand mit Klimaschutzmaßnahmen gehen müssen.

Zur Bewältigung dieser Ereignisse – von Hochwasser und Dürre bis hin zu den Auswirkungen hybrider Kriegsführung – braucht es einen stark aufgestellten Katastrophenschutz.

Der Katastrophenschutz in Deutschland liegt in der Verantwortung der Länder, die diesen gesetzlich regeln, koordinieren und finanziell unterstützen. Es ist die Aufgabe des Landes, die richtigen Weichen zu stellen. Klar ist: Hundertprozentige Sicherheit wird es nicht geben, aber wir können dafür sorgen, dass wir bestmöglich vorbereitet sind. NRW ist hierbei auf einem sehr guten Weg.

Das Land NRW hat auf der Grundlage der Empfehlungen des nach der Hochwasserkatastrophe 2021 einberufenen „Kompetenzteam Katastrophenschutz“ schon einige Maßnahmen auf den Weg gebracht. Mit dem Aufbau der Landesstelle für Katastrophenschutz wird das Land eine stärkere koordinierende Funktion einnehmen und rund um die Uhr mögliche Gefahrenlagen analysieren. Mit dem Förderprogramm für Sirenen investiert das Land in die Warninfrastruktur und mit dem Aufbau eines landesweiten Katastrophenschutzlagers erhöht das Land die Kapazitäten für die Bewältigung von Katastrophen. Darüber hinaus wird das Gesetz über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz (BHKG) noch in diesem Jahr novelliert. Damit besteht die Möglichkeit, viele kleine Stellschrauben so zu justieren, dass der Katastrophenschutz in seiner Breite gestärkt wird. Nach den Empfehlungen des Kompetenzteams steht bereits fest, dass mit der Reform des BHKG die Landeszuständigkeit gestärkt, eine verbindliche Katastrophenschutzbedarfsplanung und verpflichtende Krisenstäbe im kreisangehörigen Raum eingeführt und ein Gesamtkonzept Warnung erstellt werden soll. Das alles sind wichtige Ansätze, die den Katastrophenschutz in NRW voranbringen werden.

Mit dem 10-Punkte-Plan “Sicherheit statt Populismus” fordern Grüne Innenpolitiker*innen u.a. auch aus NRW heraus, länderübergreifend jährliche Übungen an einem bundesweiten Bevölkerungsschutztag und eine Stärkung des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), um die Ausbildung und Fortbildung von Helfer*innen zu fördern.

In dieser Reihe steht auch dieser Antrag, der die Themen Ausbildung, Fortbildung und Übungen und damit die Menschen im Katastrophenschutz in den Vordergrund stellt. Bei all den Debatten um Finanzierung, Strukturen und Infrastrukturen, muss der Fokus weiter auf den Menschen im Katastrophenschutz liegen. Sie sind es, die im Ernstfall den Unterschied machen. Die Vereinten Nationen haben in ihrer Untersuchung im Jahr 2023 zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention – insbesondere im Hinblick auf Artikel 11 – wiederholt das Fehlen einer übergreifenden, inklusiven und menschenrechtsbasierten Strategie für den Umgang mit Gefahrensituationen und humanitären Notlagen in Deutschland kritisiert. Diskussionen über inklusives Notfall- und Krisenmanagement sollten längst nicht mehr die Frage des „Ob?“, sondern die des „Wie?“ stellen. Im Sommer 2021 verstarben bei der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal 12 Menschen mit Behinderungen in einer Einrichtung der Lebenshilfe, weil sie nicht gerettet werden konnten. Der Umgang mit Menschen mit Behinderungen muss verpflichtender Bestandteil von Katastrophenschutzübungen, Aus- und Fortbildungen sein, um die Handlungssicherheit der Einsatzkräfte zu erhöhen und so dafür zu sorgen, dass bei zukünftigen Katastrophen alle Menschen, unabhängig von Behinderungen, gerettet werden können.

Das Land muss auch hier den Mut haben, Verbindlichkeiten einzuführen und Geld in die Hand zu nehmen, um die Menschen im Katastrophenschutz bestmöglich auf ihre Aufgaben vorzubereiten: Ausbildung und Übungen sind dabei ein echter Gamechanger, sie retten im Ernstfall Leben. Das gilt sowohl für hauptamtliche Einsatzkräfte bei Feuerwehr und Rettungsdienst als auch für die ehrenamtlichen Einsatzkräfte und die Entscheidungsträger*innen in Politik und Verwaltung.

Im Katastrophenfall stehen nicht nur die Berufsfeuerwehren und hauptamtlichen Rettungsdienste, sondern auch eine erheblich größere Zahl an Ehrenamtlichen bereit. In NRW sind das mehr als 100.000 Ehrenamtliche Einsatzkräfte in der Freiwilligen Feuerwehr, den anerkannten Hilfsorganisationen oder dem Technischen Hilfswerk. Ohne diese ehrenamtlichen Einsatzkräfte wäre unser Katastrophenschutz nicht aufrechtzuerhalten. Das Land muss die Rahmenbedingungen schaffen, damit diese Menschen ihre Aufgabe bestmöglich erledigen können. Weil im Ernstfall jede helfende Hand zählt.

Wir fordern deshalb, diesen Einsatzkräften eine fundierte Ausbildung und die bestmögliche Unterstützung zu bieten, damit sie im Krisenfall professionell und effizient handeln können. Wenn jede Minute zählt, braucht es eingespielte Strukturen, klare Abläufe und vor allem hervorragend ausgebildete Einsatzkräfte.

Für ehrenamtliche Einsatzkräfte des Katastrophenschutzes ist es oft eine große Herausforderung, langwierige Aus- und Weiterbildungen mit Beruf, Familie und anderen Verpflichtungen zu vereinbaren. Die hohen zeitlichen Anforderungen schrecken viele potenzielle Helfer*innen ab. Hier muss das Land für bessere Rahmenbedingungen sorgen – etwa durch vereinfachte Freistellungsregelungen und Anreize für ehrenamtliches Engagement. Das Land muss regeln, dass ehrenamtliche Einsatzkräfte leichter für Einsätze, Ausbildungen und Übungen freigestellt werden – ohne Angst vor finanziellen oder beruflichen Nachteilen. Das heißt gleichzeitig auch, dass es keinen Unterschied machen darf, wo ich mich engagiere. Ob bei der Freiwilligen Feuerwehr oder bei einer Hilfsorganisation: Alle Ehrenamtlichen Helfer*innen sollen rechtlich gleichgestellt werden und diese Gleichstellung muss auch in der Kommune vor Ort geübt und gelebt werden.

Fachliche Eignung ist nicht nur für die ehrenamtlichen Einsatzkräfte, sondern auch für die Verantwortungsträger*innen in der Verwaltung essenziell, die im Krisenfall schnell Entscheidungen treffen müssen. Deshalb müssen Ausbildung und Übungen verbindlich festgeschrieben werden. Eine fachlich solide Ausbildung und regelmäßige Übungen sind notwendig, damit die Entscheider*innen im Katastrophenfall das nötige Wissen und die praktischen Fähigkeiten haben, schnell und effektiv auf komplexe Situationen reagieren zu können. Durch kontinuierliches Training können sie ihre Entscheidungsfähigkeit, Kommunikation und Koordination verbessern, was entscheidend ist, um die Krisenbewältigung effizient zu gestalten und die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten. Das gilt auch für alle Entscheider*innen, die in der Vergangenheit keine Erfahrungen mit dem Thema Krisenmanagement sammeln mussten. Verbindliche Aus- und Fortbildungen an der Bundesakademie für Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung (BABZ) oder dem Institut der Feuerwehr (IdF) können sicherstellen, dass Entscheidungsträger*innen in der Krise handlungsfähig sind und das überall in NRW.

Egal ob ehrenamtliche Einsatzkräfte, hauptamtliche Einsatzkräfte oder Entscheider*innen in Krisenstäben – nur mit guter Ausbildung und regelmäßigen Übungen kann im Ernstfall schnell, sicher und koordiniert gehandelt werden, um Menschenleben zu retten.

 

Neuste Artikel

LDK-Beschluss

Reanimations-Apps miteinander vernetzen – Rettet Menschenleben!

LDK-Beschluss

Im Sinne der Demokratie: Tragfähige Lösungen mit dem Mut zum eigenen Kompass!

LDK-Beschluss

Menschenrechte sind unverhandelbar – Auch an der europäischen Außengrenze!

Ähnliche Artikel