Beschluss der Landesdelegiertenkonferenz am 25. Mai 2025.
Deutschland nach der Bundestagswahl
CDU/CSU und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag in vielen Politikbereichen einen Roll-back in die Vergangenheit vereinbart. Diese Politik hat keine Antwort auf die existenziellen Herausforderungen der Überschreitung der planetaren Grenzen, der Klimakrise und des Artensterbens – und ist zugleich nicht in der Lage, den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland zu stärken.
Ganz besonders trifft dies auf alle Politikfelder zu, die eigentlich dem Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen dienen sollen:
- Abbau von Umweltstandards unter dem Deckmantel „Bürokratieabbau”
- Ausbau der industriellen Landwirtschaft und vereinfachte Pestizidzulassung auch auf Kosten der bäuerlichen Betriebe
- Streichung des naturschutzrechtlichen Ausgleichs bei bestimmten Eingriffen in die Natur
- Abbau von Bürgerrechten wie Umweltinformation, Beteiligungs- und Klagerechten und damit Aushöhlung des demokratischen Rechtsstaates
Gegen diese anti-ökologischen Pläne zu Lasten unserer und zukünftiger Generationen braucht es jetzt dringend eine starke Gegenwehr – aus der Politik in Berlin und NRW sowie aus der Zivilgesellschaft.
Wichtige Handlungsfelder zum Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen – in Deutschland und NRW
1. Natürlicher Klimaschutz
Der natürliche Klimaschutz bietet nicht nur Vorteile für das Klima wie CO₂-Speicherung in Mooren und Wäldern, sondern auch für die Anpassung an Extremwetterereignisse wie Dürren oder Überschwemmungen. Intakte Ökosysteme sind widerstandsfähiger gegenüber den Folgen des Klimawandels. Durch eine konsequente Umsetzung dieser Maßnahmen kann natürlicher Klimaschutz einen entscheidenden Beitrag zur Bekämpfung der ökologischen Doppelkrise aus Klimawandel und Artensterben leisten.
Wir erwarten von der neuen Bundesregierung, dass sie das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz ausbaut, die rechtlichen Instrumente für eine verbesserte Umsetzung schafft und ein Naturflächenbedarfsgesetz schnell beschließt.
NRW geht voran: Konkret in NRW stärken wir derzeit den ökologischen Hochwasserschutz, setzen das Landesprogramm Biologische Vielfalt um und realisieren den Moorschutz gemeinsam mit den Landnutzenden.
2. Schutz von Biodiversität und Artenvielfalt
Deutschland muss dringend seine Biodiversitätsstrategie konsequent umsetzen und dabei sowohl nationale als auch globale Verpflichtungen erfüllen. Die Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme, die Reduktion von schädlichen Praktiken in der Landwirtschaft und ein naturverträglicher Ausbau erneuerbarer Energien sind zentrale Ansätze. Gleichzeitig erfordert der Artenschutz klare Regelungen zur Konfliktbewältigung zwischen Naturschutzinteressen und wirtschaftlichen Aktivitäten. Das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK) und die Nationale Wasserstrategie, die im Ministerium von Steffie Lemke entwickelt wurden, haben erfreulicherweise Eingang in die Koalitionsvereinbarung gefunden. Sie sind wichtige Instrumente zur Bewältigung von Zielkonflikten im Gewässerbereich.
Wir erwarten von der neuen Bundesregierung, dass sie Land- und Forstwirtschaft ökologischer ausrichtet, den Einsatz von Pestiziden reduziert und den Flächenverbrauch wirksam zurückführt.
Biodiversität ist ein fragiles Gut, das Zusammenspiel der Arten noch nicht völlig geklärt. Daher ist es unabdingbar, unseren Fußabdruck an chemischen und mechanischen Einflüssen auch zum Erhalt der Artenvielfalt so gering wie möglich zu halten.
NRW wird daher die europäische Wiederherstellungsverordnung konsequent umsetzen und seine Biodiversitätsstrategie zeitnah fortschreiben.
3. Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft
Ohne die Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft können weder Klima- noch Nachhaltigkeitsziele erreicht werden. Dies gilt ganz besonders für die Bauwirtschaft. In NRW ist die Umweltwirtschaft bereits heute einer der wichtigsten Wirtschaftsbereiche, mit mehr Arbeitsplätzen als in der Automobilindustrie.
NRW handelt: Mit der 3. Änderung des Landesentwicklungsplans (LEP) werden die Weichen zur Reduktion des Flächenverbrauchs, zum Schutz landwirtschaftlicher Flächen und für einen Degressionspfad zum Abbau von Kies und Sand zugunsten einer Kreislaufwirtschaft im Bausektor gestellt.
Die Finanzierung des Verbandes für Flächenrecycling und Altlastensanierung (AAV) werden wir deutlich ausweiten.
4. Weiterer Ausbau der erneuerbaren Energien
Günstiger Strom aus erneuerbaren Energien, aus Wind, Sonne, Wasserkraft, Geothermie und naturverträglicher Bioenergie sichert unseren Wohlstand. Er ist auch die Grundlage für ein bezahlbares Leben, denn Wärme und Mobilität werden zunehmend elektrisch. Besondere Aufmerksamkeit verdient der flächensparende Ausbau durch Nutzung des baulichen Innenbereichs für die Photovoltaik und der Agri-PV im Außenbereich.
Wir in NRW halten Kurs beim erreichten Rekord-Ausbautempo, legen Wert auf die Naturverträglichkeit und bauen die Infrastruktur so aus, dass der günstige Strom bei Menschen und Unternehmen ankommt. Für uns GRÜNE ist es wichtig, auch immer über Energieeinsparungen nachzudenken – und sie, wo möglich, umzusetzen. In diesem Kontext sehen wir auch den verstärkten Einsatz von KI nicht nur positiv, geht er doch mit massivem Stromverbrauch einher.
Wir setzen uns dafür ein, die bestehenden Biogasanlagen zeitnah zu überbauen und ihnen eine Perspektive zu schaffen, unter Berücksichtigung eines Ökobonus für ökologisch produzierte Betriebsstoffe, eines effektiven Maisdeckels und einer sinnvollen Einbindung in kommunale Wärmenetze, wo möglich. Damit nutzen wir die Graue Energie in den bestehenden Anlagen weiter und können einzelne Gaskraftwerke überflüssig machen.
Der Bund ist gefordert, den Import von Flüssiggas (LNG) schrittweise zu reduzieren.
5. Naturverträgliche Landnutzung, Tierschutz und Ernährung
Der Wald dient als Lebensgrundlage, Wasserreservoir und Naherholungsgebiet. Wir müssen also einen guten Umgang mit ihm pflegen. Die Ampel hat es trotz hervorragender Vorarbeit des Bundeslandwirtschaftsministeriums nicht mehr geschafft, das Bundeswaldgesetz zu reformieren. Die Berliner Rückschrittskoalition hat dieses Vorhaben fallen gelassen.
In NRW bedeckt Wald ca. 28 % der Landesfläche und ist daher zentraler Bestandteil eines klimaschonenden, CO2-speichernden und biodiversitätserhaltenden Umweltschutzes. Wir werden daher das Landesforstgesetz zu einem Landeswaldgesetz überarbeiten und weitere Waldflächen unter Wildnisschutz stellen. Über den Bundesrat werden wir uns einsetzen für eine pestizidfreie, gentechnikfreie und naturnahe Waldbewirtschaftung, die der Gesellschaft ökologischen Vorteil bringt und den Waldbesitzenden darüber hinaus ein Einkommen.
Neben heimischen Arten müssen wir uns immer mehr mit Neozoen und Neophyten auseinandersetzen. Hier kommt es zu einer weiteren, teilweise einschneidenden Veränderung unserer Ökosysteme. Wir müssen kluge, wissenschaftsbasierte Maßnahmen im Umgang mit neuen Arten entwickeln.
Wir denken Ernährung, Landwirtschaft, Klima-, Natur- und Tierschutz gemeinsam! Die ökologische Landwirtschaft wollen wir weiterhin ausbauen und den Pestizideinsatz insgesamt reduzieren. Wir streben eine Stärkung der regionalen Lebensmittelverarbeitung und damit eine verbesserte Wertschöpfung vor Ort an.
Für eine zukunftsfähige Landwirtschaft und eine gesunde Ernährung brauchen wir einen systemischen Wandel. Analog zu der Planetary Health Diet setzen wir auch auf mehr pflanzliche Proteine und weniger tierische Produkte. Für die ökologische Nachhaltigkeit müssen regionale und saisonale Lebensmittel einen hohen Anteil auf unseren Tellern haben. Durch eine Verringerung der Tierhaltung können Ressourcen wie Flächen genutzt werden, um den Tieren in unserer Landwirtschaft mehr Raum zu geben. Darüber hinaus ist es wichtig für die Gesundheit in den Beständen wieder mehr genetische Vielfalt zuzulassen. Der Grundsatz des Tierschutzes, Leiden und Schmerz zu vermeiden bzw. zu lindern, gilt überall in Landwirtschaft und Gesellschaft.
6. Umweltschutz als Gesundheitsvorsorge
Saubere Luft, reines Wasser und unbelastete Böden sind essentiell für unsere Gesundheit und Wohlergehen. Umweltschutz darf beim Klimaschutz nicht aufhören, sondern muss alle Bereiche des täglichen Lebens mitdenken.
Luftverschmutzung ist eine der Hauptursachen für Erkrankungen der Atemwege und des Herz-Kreislauf-Systems, sauberes Trinkwasser ist die Grundlage unserer Ernährung. Der Schutz von Flüssen, Seen und Grundwasserquellen sorgt für eine sichere Wasserversorgung. Weniger Lärm- und Lichtverschmutzung verbessert die Schlafqualität, senkt das Risiko für Stress und Depressionen und sorgt für psychisches Wohlbefinden. Mehr Grünflächen in Städten fördern zudem Bewegung, Erholung und soziale Begegnungen.
Senioren und Kinder und Menschen mit niedrigem Sozialstatus sind besonders vulnerabel gegenüber Umweltbelastungen. Schon geringe Schadstoffmengen können irreversible Schäden hervorrufen. Umweltgerechte Stadtplanung, schadstoffarme Lebensweisen und gezielte Schutzmaßnahmen für Kinder und Senioren sind daher ein zentraler Baustein einer vorsorgenden und sozial gerechten Umwelt- und Gesundheitspolitik. Wir greifen den Masterplan Umwelt und Gesundheit auf und entwickeln ihn weiter – zum Schutz von Kindern, Älteren und allen Bürgerinnen und Bürgern NRWs.
Mithilfe digitaler Technologien lassen sich Umweltdaten in Echtzeit erfassen, Belastungsschwerpunkte erkennen und gezielt handeln. Die Digitalisierung kann damit zum Frühwarnsystem für Gesundheitsbelastungen werden – wenn Daten öffentlich zugänglich, lokal nutzbar und datenschutzkonform erhoben werden.
7. Stärkung der Demokratie durch Bürger*innen- und Beteiligungsrechte im Sinne der Aarhus-Konvention
Zu einer funktionierenden Demokratie gehören Bürger*innen- und Beteiligungsrechte. Jahrzehntelang erkämpfte Möglichkeiten zum Zugang zu Informationen nach dem Informationsfreiheitsgesetz und dem Umweltinformationsgesetz gehören genauso dazu, wie Beteiligungsmöglichkeiten bei Planverfahren und die Möglichkeit zu Verbandsklagen für den Fall, dass Umweltgesetze nicht eingehalten werden. Denn Natur und Umwelt können ihre Rechte nicht selbst durchsetzen, sondern benötigen Umweltverbände als starke Anwälte.
Die neue Bundesregierung legt die Axt an diese Rechte und Gesetze und beschränkt unter dem Deckmantel der Verfahrensbeschleunigung grundlegende Rechte in einer Demokratie.
Wir in NRW stehen für den Schutz der Bürger*innenrechte und die Beibehaltung hoher Umweltstandards.
Die LDK beschließt:
Wir setzen uns konsequent für mehr Natur-, Umwelt- und Gesundheitsschutz als Daseinsvorsorge ein und werden Nordrhein-Westfalen als Gegenmodell zur Rückschrittskoalition in Berlin entwickeln:
1. Stärkung des natürlichen Klimaschutzes
2. Umsetzung von konkreten Maßnahmen zum Schutz von Biodiversität und Artenvielfalt
3. Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft
4. Weiterer Ausbau der erneuerbaren Energien
5. Naturverträgliche Landnutzung, Tierschutz und Ernährung
6. Umweltschutz als Gesundheitsvorsorge und Kinder gezielt vor Umweltbelastungen schützen
7. Stärkung der Demokratie und der Zivilgesellschaft durch Bürger*innen- und Beteiligungsrechte im Sinne der Aarhus-Konvention
Wir GRÜNEN NRW werden alle demokratischen Möglichkeiten, vor allem auch im Bundesrat nutzen, um die im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD vereinbarten, rückwärtsgewandten Vorhaben im Bereich des Umwelt-, des Klima- und Naturschutzes sowie des Artenschutzes und der Landwirtschaft zu verhindern.
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