Der Kohleverstromung im Rheinischen Revier war über Jahrzehnte Grundlage der wirtschaftlichen Prosperität der gesamten Bundesrepublik. Dank der nordrhein-westfälischen Tagebaue, der Gruben und Schächte hier im Land konnte die Schwer- und Grundstoffindustrie Mitte des letzten Jahrhunderts eine zentrale Säule des deutschen Wirtschaftswunders der 1950er werden. Dieser Erfolg wurde und wird immer noch teuer erkauft – zu Lasten der Menschen, der Landschaften, des Klimas. Der von der Bundesregierung angekündigte Kohleausstieg bis 2030 setzt dem endlich ein Ende.
Mit der Stilllegung der Tagebaue im Rheinischen Revier beginnt für die Region eine neue Ära – mit der Hilfe von Land und Bund wird sie sich in Teilen neu erfinden müssen. Wir Grüne versprechen, sie auf diesem Weg nach Kräften zu unterstützen. Es bleiben aber Narben, die noch über Generationen zu heilen sein werden. Über diese Jahrhundertaufgaben und Ewigkeitslasten im Rheinischen Revier muss endlich eine konkrete und belastbare Übereinkunft hergestellt werden. Dass es sie gibt, lässt sich nicht ernsthaft bestreiten. Im Bereich der Erftaue existieren beispielsweise großflächige irreversible Absenkungen durch die Braunkohlegewinnung im Tagebau Hambach. Diese Gebiete müssen nach Einstellung des Bergbaus und dem damit verbundenen Wiederanstieg des Grundwassers dauerhaft gesümpft werden. Der Prozess ist vergleichbar mit der ewigen Polderwasserhaltung in weiten Teilen des Ruhrgebietes. Aber auch die langfristige Überwachung der Standsicherheit der Böschungen der großen Rest-Seen oder die Sicherstellung einer ausreichenden Menge an Wasser zum Erhalt der Feuchtgebiete im Bereich Schwalm-Nette zählen zu den Aufgaben, nach Einstellung des Bergbaus. Eine Versorgung mit qualitativ einwandfreiem Trinkwasser gilt selbstverständlich auch fürs Rheinische Revier. Deshalb bleibt es auch dauerhaft Aufgabe, die Trinkwasserversorgung vor Austragungen aus den alten „Kippen“ oder Deponien zu schützen.
Diese Tatsachen müssen endlich von allen Beteiligten akzeptiert werden. Und wir müssen uns klar werden, über welche Dimensionen wir reden. Um belastbare Daten zu bekommen, muss jetzt sehr zeitnah ein unabhängiges Gutachten beauftragt werden, das die langfristig notwendigen Maßnahmen beschreibt und die damit verbundenen Kosten beziffert. Zugleich muss definiert werden, wer die finanzielle Verantwortung trägt. Aus unserer Sicht muss RWE an dieser Stelle stärker als bisher in die Pflicht genommen werden. Sowohl das Unternehmen, als auch die Landesregierung müssen konstruktiv an einem Stiftungs- oder Gesellschaftsmodell mitwirken, wie es auch im Koalitionsvertrag der Ampel auf Bundesebene angelegt ist, und dessen Vorbild die RAG-Stiftung und ihre Rolle bei der Beendigung der Steinkohle sein könnte. Auch für die Folgen des Tagebaus im Rheinischen Revier muss Vorsorge getroffen werden, indem u.a. durch finanzielle Rückstellungen von RWE Einlagen in einer Stiftung konzentriert und gemeinwohlorientiert verwaltet werden.
Mit dem auf Bundesebene verabredeten beschleunigten Ausstieg aus der Kohleverstromung, muss auch dieser Prozess an Geschwindigkeit gewinnen. Dazu braucht es die Unterstützung der Gewerkschaften, in erster Linie der IGBCE. Sie war beim Ausstieg aus der Steinkohle eine entscheidende Akteurin beim Gelingen des Projekts. Es wäre ein großer Schritt, wenn sie sich als Treiber im Interesse der Menschen in der Region in diese Debatte einbringen würde.
Der Landesvorstand von Bündnis 90 / Die Grünen NRW fordert daher die Landesregierung sowie alle Genannten auf, für eine sichere Zukunft eines lebenswerten Rheinischen Reviers Vorsorge zu treffen, bereits jetzt Pläne für die Übernahme der Ewigkeitskosten zu treffen und diese in Umsetzung zu bringen.
Beschluss des Landesvorstandes, 11. Februar 2022
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