Tausende Flüchtlinge kommen jedes Jahr aus Krisenländern nach Deutschland. Unter ihnen: Hunderte Minderjährige, die ihre Eltern verloren haben und sich nun alleine in einem völlig fremden Land zurechtfinden müssen. AsA, Ausbildung statt Abschiebung, ist ein Verein, der sich dieser Flüchtlinge annimmt und ihnen dabei hilft, sich selbst zu helfen.
Drei Monate – so lange dauerte Wazeems Flucht 2012 vor den Taliban aus Afghanistan nach Deutschland. Ganz allein legte er mehr als 5.000 Kilometer nach Deutschland zurück, per Lkw, Zug und sogar zu Fuß. Sein Weg endete im Dezember in einem Obdachlosenheim in Bonn, wo er die ersten drei Monate in Deutschland lebte. Der Grund: „Seine Familie hatte mit den USA kooperiert, der ältere Bruder weigerte sich zu den Taliban zu gehen. Nun war er zur Zielscheibe der Extremisten geworden“, erklärt Karin Ahrens, Vorsitzende von AsA.
Allein in einem fremden Land
So wie Wazeem geht es jährlich Hunderten sogenannter unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge, die von Hunger, Krieg oder Elend verfolgt nach Deutschland flüchten. Viele von ihnen haben ihre Eltern zuvor im Krieg verloren oder verlieren sie während der Flucht.
In Deutschland ist für sie das Jugendamt zuständig. Doch dessen Mitarbeiter*innen sind „häufig überlastet“, eine vernünftige Betreuung nur selten möglich, weiß Ahrens. Zudem haben die meisten der häufig traumatisierten Kinder selbst nach dem sogenannten Clearingverfahren keinen festen Aufenthaltsstatus. Stattdessen leben sie lediglich mit einer Duldung in Deutschland, die Abschiebung droht täglich. „Für die Jugendlichen ist es ein ewiges Hin und Her“.
Ein geregelter Alltag mit Schulbesuch oder gar eine Ausbildung lässt sich so nur schwer realisieren, die berufliche und soziale Integration ist gefährdet. Die Jugendlichen sind doppelt gestraft: Sie haben nicht nur ihre Familie verloren und leben in einem fremden Land – hinzu kommt eine ungewisse Zukunft.
Schulbesuch und Perspektive
Wazeem hatte Glück: Nach einigen Monaten in Deutschland hörte er von AsA und lernte dort Karin Ahrens kennen. Der Verein hat sich zum Ziel gesetzt, minderjährigen Flüchtlingen das zu ermöglichen, was für deutsche Jugendliche so selbstverständlich ist: ein ungestörter Schulbesuch, eine Ausbildung und dadurch vor allem eins: Eine echte Perspektive.
Die von AsA betreuten Jugendlichen sind zur Hälfte unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die übrigen junge Volljährige ohne Familie. Seit 2001 kümmern sich rund 35 Ehrenamtliche um derzeit rund 150 von ihnen. Die meisten kommen aus dem Irak, Syrien oder wie Wazeem aus Afghanistan. Aber auch Guinea, Kongo, Iran und Eritrea sind häufige Herkunftsländer.
Bildung, Freizeit, Öffentlichkeitsarbeit
Das Angebot von AsA besteht aus drei Teilen: Bildung, Freizeit sowie Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit: Der Verein bietet den Flüchtlingen Nachhilfe, unterstützt bei Ausbildungssuche und Behördengängen – und realisiert Tanz- oder Theaterprojekte.
Vor allem aber zeigen die Vereinsmitglieder den Jugendlichen, dass sie nicht allein sind. „Wir wollen die Jungen und Mädchen so unterstützen, dass sie ihre eigenen Fähigkeiten nutzen und ausbauen können“, beschreibt Karin Ahrens den Gedanken hinter AsA. „Nur durch diese Hilfe zur Selbsthilfe ist es für die Jugendlichen erst möglich, sich als anerkanntes Mitglied der Gesellschaft zu fühlen“. Dabei setzt der Verein auf eine individuelle Förderung der Jugendlichen.
Wir wollen die Jungen und Mädchen so unterstützen, dass sie ihre eigenen Fähigkeiten nutzen und ausbauen können.“ – Karin Ahrens
In Wazeems Fall übernahm Karin Ahrens die Paten- und gesetzliche Vormundschaft. „Letztes Jahr hat Wazeem seinen Hauptschulabschluss gemacht, jetzt absolviert er eine Ausbildung als Einzelhandelskaufmann und im Dezember hat er einen Mietvertrag für seine erste Wohnung unterschrieben“, erzählt Karin Ahrens stolz.
Wazeem muss keine Angst mehr haben morgen abgeschoben zu werden, denn sein Status als Flüchtling ist mittlerweile anerkannt. Doch auch seine Freunde bei AsA können aufatmen: Zusammen mit den Bonner GRÜNEN hat der Verein für einen Antrag gestritten, dass unbegleitete minderjährige Flüchtlinge während ihrer Ausbildung nicht mehr abgeschoben werden. Der Stadtrat hat ihn 2010 verabschiedet. Das gilt in Fachkreisen mittlerweile als bundesweites Vorbild und zeugt für die Lobbyarbeit des Vereins. Seit der Gründung setzt sich AsA für die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention ein, seit 2010 hat der Verein einen Sitz im Bonner Jugendhilfeausschuss.
Zahl der Flüchtlinge steigt
Finanziert wird AsA ausschließlich aus Spenden, Stiftungsgeldern und Mitgliedsbeiträgen sowie Zuschüssen der Stadt Bonn. Seit ihrer Gründung hat das Projekt verschiedene Preise für seine Arbeit erhalten. Die öffentliche Aufmerksamkeit ist nötig, denn „die Zahl der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge steigt“, so Ahrens.
Ein Glück, dass es die Menschen bei AsA gibt, die ihnen durch ihren unermüdlichen Einsatz dabei helfen, einen Weg in die Zukunft zu finden.
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