Menschlichkeit statt unverantwortlicher Abschiebepolitik in Kriegsgebiete: Mit einem Beschluss des Landesvorstands vom Freitag fordern die Grünen NRW einen Abschiebestopp für Flüchtlinge aus Afghanistan. Sie wollen verhindern, dass erstmals seit Dezember 2016 wieder Flüchtlinge aus NRW in das Kriegsland abgeschoben werden.
Trotz zahlreicher Appelle von Menschenrechtsorganisationen und Kirchen weigert sich die Bundesregierung, ihre Einschätzung der Sicherheitslage in Afghanistan der Realität und den Beobachtungen internationaler Organisationen anzupassen und Abschiebungen dorthin zu stoppen.
Bei einem Fachgespräch der GRÜNEN NRW haben Experten bestätigt, dass die Sicherheitslage in Afghanistan sich dramatisch verschlechtert hat und abgeschobene Flüchtlinge dort erheblichen Gefahren ausgesetzt sind.
Hier erklärte Winfried Nachtwei, ehemaliger Sicherheitspolitischer Sprecher der Grünen Bundestagsfraktion und Afghanistan-Experte:
„Die Sicherheitslage in Afghanistan wird immer schlechter. In 33 von 34 Provinzen gibt es Anschläge und Kämpfe. IS und Taliban praktizierten eine Konkurrenz des Terrors.“
Erik Marquardt, Fotojournalist und Mitglied des Parteirats der GRÜNEN, zeigte auf beeindruckenden Bildern aus Afghanistan das Elend von Binnenvertriebenen in Afghanistan. Er erklärte:
„Hunger und gesundheitliches Elend drohen auch Afghanen, die aus Deutschland abgeschoben werden. Hilfsorganisationen haben nicht genügend Ressourcen, um die zahlreichen Binnenflüchtlinge und Rückkehrer aus anderen Ländern menschenwürdig zu versorgen. Die Menschen stehen nach der Abschiebung oft vor dem Nichts.“
In dieser dramatischen Situation fordern die Grünen NRW jetzt Innenminister Ralf Jäger und Ministerpräsidentin Hannelore Kraft auf, die Möglichkeiten eines Bundeslandes auszuschöpfen und einen dreimonatigen Abschiebestopp zu erlassen.
Im Beschluss des Landesvorstands heißt es dazu:
Nach Paragraph 60a Absatz 1 Aufenthaltsgesetz kann das Land „aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird.“
Vor dem Hintergrund der sich verschlechternden Sicherheitslage in Afghanistan und bei voraussichtlich steigenden Anmeldungen für Rückführungen durch die Ausländerbehörden, fordert der Landesvorstand von Bündnis 90/DIE GRÜNEN NRW Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und Landesinnenminister Ralf Jäger auf, einen Abschiebestopp für Afghanistan auf Grundlage von § 60a Absatz 1 Aufenthaltsgesetz zu erlassen, um das Leben der Betroffenen zu schützen und ein deutliches Signal an die Bundesregierung für eine bundesweite Aussetzung der Abschiebungen zu senden. Darüber hinaus fordern wir die Ministerpräsidentin und den Innenminister des Landes NRW auf, sich auf Bundesebene für eine neue Bewertung der Sicherheitslage einzusetzen.
Dazu erklärt Sylvia Löhrmann, Spitzenkandidatin der GRÜNEN NRW:
„Die steigenden Zahlen ziviler Opfer in Afghanistan machen deutlich: Afghanistan ist nicht sicher. Trotzdem lehnt es die Bundesregierung ab, die Lageberichte als Grundlage für die Asylverfahren anzupassen. Damit sinkt die Schutzquote und die Zahl der Ausreisepflichtigen steigt. Wir fordern die Bundesregierung weiter auf, die Abschiebungen auszusetzen und die Sicherheitsberichte unabhängiger Organisationen nicht weiter zu ignorieren. Wir wollen den Druck auf Bundesaußenminister Gabriel und Bundesinnenminister de Maizière deutlich erhöhen.
Am Freitag sind die Obleute des Innenausschusses darüber informiert worden, dass aus NRW neun Personen für den nächsten Abschiebeflug nach Kabul angemeldet wurden. Da die mit dem Innenministerium vereinbarten Einzelfallprüfungen offenbar keinen ausreichenden Schutz für die afghanischen Flüchtlinge garantieren, begrüße ich den Beschluss des Landesvorstandes der GRÜNEN NRW. Darin fordern wir Ministerpräsidentin Hannelore Kraft auf, von der landesrechtlichen Möglichkeiten eines 3-monatigen Abschiebestopps nach § 60a Aufenthaltsgesetz Gebrauch zu machen. Auch wenn ein Bundesland keine rechtliche Handhabe für einen dauerhaften Schutz der afghanischen Flüchtlinge hat, so muss damit jetzt ein deutliches Signal nach Berlin gesendet werden. Es ist nicht verantwortbar, diese Abschiebungen derzeit weiterzuführen. Die Ausführungen der unabhängigen Sachverständigen, die wir heute gehört haben, haben uns Grünen noch einmal deutlich vor Augen geführt, dass die abgeschobenen Flüchtlinge nicht ausreichend versorgt und geschützt werden können.
Da es derzeit keine Bereitschaft der Sozialdemokraten gibt, einen landesweiten Abschiebestopp des Innenministers als deutlichen Signal aus NRW nach Berlin zu erlassen, werden wir Grüne das Thema bei möglichen Koalitionsverhandlungen in NRW im Mai und auf Bundesebene oben auf die Agenda setzen.“
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